© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    41/02 04. Oktober 2002

 
Leserbriefe

Zu: "Das Debakel der Union" von Dieter Stein, JF 40/02

Fehlende Analyse

Nicht nur, daß die Union viel zu früh ihren "Wahlsieg" feierte, gibt zu denken. Nein, sie fuhr fort damit, als bereits klar war, daß sie wiederum nur Zweite geworden ist. Das erinnert mich an den Sommer, als fast ganz Deutschland den zweiten Platz in der Fußballweltmeisterschaft feierte, als sei es der erste gewesen. Woran liegt es, daß die Menschen offensichtlich nicht mehr in Ehren verlieren können, sondern unbedingt Sieger sein wollen? Erst das Eingeständnis einer Niederlage gibt Einsicht und Kraft für die notwendige Analyse, warum man verloren hat. Unterbleibt diese, kann man nichts aus den Fehlern lernen, um sie in Zukunft zu vermeiden. Ich meine, diese Union ist nicht fähig zur aufrichtigen Analyse. Das Wahlergebnis wird schöngeredet. Deshalb wird sie wohl auch weiterhin "Zweite" sein. Hauptsache, dem Spaß tut's keinen Abbruch.

Olaf Haselhorst, per E-Post

 

Hinterlassenschaften

Die Wahlergebnisse der CDU im "Hohen Norden" und in Brandenburg im Vergleich zum Wahlausgang der CSU und Bayern schmecken wie Weißwürste aus Fischfleisch oder wie eine vegetarische. Über den Weißwurstäquator hinaus bewegt man sich heute in einem politischen "Mezzogiorno" und "Rotkäppchen"-Milieu, das Tradition und Konservativsein strikt ablehnt, ja sogar verhöhnt.

In Ihrer "politisch correctness"-Hysterie sind sich fast alle Medien einig, daß die konservativen Wertvorstellungen der früheren Generationen Moralmüll darstellen und nicht fortgeführt werden sollten. Allein das Wort "christlich" bedeutet für die Turnschuhrevoluzzer, für die roten Parteien und Gewerkschafts-Bosse sowie für die Norddeutschen eine Blasphemie der heutigen Zeit. Das Drama des Kandidaten Dr. Stoiber ist, daß er dies schon im voraus wußte und dennoch, um jeden Preis, Kanzler aller Deutschen werden wollte. Franz-Josef Strauß hat einen Stoiber aufkommen lassen, Helmut Kohl eine öde Parteilandschaft ohne Nachkommen. 

Robert Pugler, Eckental

 

 

Zum Pro & Contra "Rechtsparteien fusionieren", JF 40/02

Eine Persönlichkeit fehlt

Grundsätzlich hat Herr Dr. Kappel recht mit seiner Forderung: Es ist höchste Zeit, daß die Deutschen aller bürgerlich-rechten Parteien unter einer "noch nicht diffamierten Fahne" zusammenkommen müssen. Aber auch Herr Dr. Schlierer hat recht mit seiner Realitätsbeschreibung, die rechten Parteien beständen im wesentlichen aus "lauter Häuptlingen, ohne (lästige) Indianer".

Was fehlt, ist eine Persönlichkeit, die das Selbstbewußtsein der Deutschen als Volk stärken und dem Volk Vertrauen einflößen kann, ohne populistisch zu sein, die die Lage der Nation sachlich und nüchtern darstellen kann, ohne nationalistisch zu sein, die Redetalent besitzt, ohne demagogisch zu sein und die das Glück hat, immer im richtigen Augenblick das Richtige zu sagen und das Richtige zu tun. Kurz: Eine Persönlichkeit mit Charisma, aber um Gottes Willen keinen neuen Hitler. Aber wo ist die Persönlichkeit?

Fritz Hübner, Köln

 

 

Zu: "Der Verteidiger" von Doris Neujahr, JF 39/02

Eulenspiegel

Till Eulenspiegel begeisterte seinerzeit die Zuschauer durch seine Schauspielkunst. In Wirklichkeit verklappste er seine Anhänger - und doch fielen die Bürger immer wieder auf ihn herein. So geschieht es auch bei Schröder. Immer wieder narrt er die Menschen mit seinen großen Ankündigungen, die sich hinterher in Luft auflösen. Wachen die Wähler wirklich erst nach der Wahl auf?

Hans-Joachim Leopold, Hohenrode

 

 

Zu: "Der Herausforderer" von Doris Neujahr, JF 39/02

Genügend Recherche?

Was hier über Stoiber geschrieben wird, mag ja stimmen, nur daß es gar nichts Positives zu berichten geben soll, läßt an fairer Berichterstattung und gewissenhafter Recherche zweifeln - um nicht gerade von Voreingenommenheit zu sprechen. Immerhin wurde er von genauso vielen Wählern als fähig befunden, die Staatsgeschicke zu leiten wie Schröder. Zu diesem Zeitpunkt vermag niemand zu sagen, ob er es nicht gut oder sogar besser gemacht hätte als jener. Daß er mit 3,0 sein Examen gemacht hat, besagt nichts - Fischer hat es ohne jede Ausbildung zum Außenminister gebracht.

Rodemarie Klotz-Burr, Ölbronn-Dürrn

 

 

Zu: "Pankraz, A. de Benoist und der Nutzen von Netzwerken", JF 39/02

Suspekter Rechter

Diese Kolumne war überfällig! Die Einlassungen des Herrn Benoist sind mir schon länger suspekt: Wo steht dieser "Neue Rechte" und was will er eigentlich?

Schon bei der Lektüre des von der JF propagierten Benoist-Buches "Aufstand der Kulturen" fand ich so viele Ungereimtheiten (etwa Seite 113 unten: ... " Die Eröffnung einer Fast-Food-Filiale oder eines Supermarktes stellt für unsere Identität sicher eine größere Bedrohung dar als der Bau einer Moschee!"), daß ich gerne bereit bin, auf weitere Absonderungen aus der Feder dieses "Rechten" zu verzichten. 

Andreas Reisler, Berlin

 

Gut aufgeräumt

Schon immer hatte ich meine Schwierigkeiten mit den "Ideen" von Alain de Benoist und meine mangelnde Vorbildung vorgeschoben, wenn mir einiges unverständlich bzw. schleierhaft blieb.

Um so mehr möchte ich die klaren Worte von Pankraz zum Thema "Nationalstaat" begrüßen, der mit dem ganzen "Gefasel" über Netzwerke aufräumt.

Damit sehe ich mich auch in meiner Annahme bestätigt, daß die Anationalen und Antinationalen nicht nur in der "linken" Ecke zu suchen sind. Nochmals
danke! 

Hartmut Jakob, per E-Post

 

 

Zum Fragebogen von Adelgunde Mertensacker, JF 39/02

Weiter so!

Kürzlich wurde Ihnen in einem Leserbrief vorgeschlagen, den "Prominenten-Fragebogen", der als nichtssagend bewertet wurde, wegzulassen. Für mich sind gerade die Antworten der Frau Adelgunde Mertensacker hochaktuell, wichtig und sehr aufschlußreich! So möchte ich Sie darum bitten, diese Rubrik unbedingt beizubehalten, denn alle Aussagen Ihrer "Befragten" sind für den aufmerksamen Leser interessant.

Roswitha Jakob, per E-Post

 

 

Zu: "Übung auf dem Schlachtfeld der Zukunft" von Michael Wiesberg, JF 37/02

Mehr Verantwortungsbewußtsein

Der Brandherd und Kriegsschauplatz Nahost besteht bereits seit mehr als 50 Jahren mit bisher fünf israelisch-arabischen Kriegen und andauerndem Aufstand des palästinensischen Volkes gegen israelische Unterdrückung. Hinzu kommt der irakische Überfall auf Kuwait und dessen Niederschlagung durch US-Streitkräfte.

Bei dem jetzigen entschlossenen kriegerischen Engagement der US-Regierung geht es sicher nicht allein um die Öl-Interessen der USA; eine wesentliche Rolle dürfte auch die mehr oder weniger begründete Furcht vor dem Einsatz irakischer Massenvernichtungswaffen gegen Israel spielen. Man vermißt eine verantwortungsvolle und effektive Befriedungspolitik der beteiligten Mächte.

Dr. Wolfgang Jaschning, Bergisch Gladbach

 

 

Zu: "Absturz der Ikarusse" von Doris Neujahr, JF 37/02

Grün welkt

Das war eine treffende Analyse von Doris Neujahr über die Grünen, der ich voll zustimmen kann. Um es auf den Punkt zu bringen: "Grün wirkt" nicht mehr, "Grün welkt". 

Peter Holfeld, Wertingen

 

 

Zu: "Niemand will ihre Signale mehr hören" von Werner Olles, JF 36/02

Nichts ist Niemand

Nun weiß ich jedenfalls, daß ich ein Niemand bin, denn ich finde die Signale der BüSo hörenswert. Diese kleine Partei hat Mut zur unbequemen Wahrheit und einen Weitblick über mehrere Tellerränder hinaus. Keine Konkurrenz für PDS und Grüne? Das glaube ich Herrn Olles aufs Wort. Hinterfragende, tiefgründige Denkvorgänge sind von der Spaßgesellschaft nicht zu erwarten.

Die etablierten Parteien werden das Ruder nicht herumreißen, dazu fehlen ihnen Kompetenz, Rückgrat und Format einer La-Rouche. Für den Drahtzieher der großen Politik, die anderswo stattfindet, ist eine bequeme, manipulierte Masse gerade das Richtige.

Monika Glaser, Landshut

 

 

Zur Meldung "Erstmals elektronische Stimmabgabe möglich", JF 36/02

Manipulation möglich

Ob dies nicht eine Manipulation beim Stimmenzählen ermöglichen kann? Wenn bei uns solche Dinge geschehen wie Gesinnungsverfolgung am Arbeitsplatz, Kontenkündigungen von ungeliebten Verlagen, Verfolgung der Andersdenkenden seitens des Verfassungsschutzes et cetera. So kann man vermuten, daß wir auf dem direkten Weg zu einer Bananen-Republik sind.

Freilich, die Etablierten werden sich schon gegenseitig kontrollieren, doch die "Neuen" könnten im Nachteil sein. Nun beteuert Laurenz Meyer wiederholt, "rechts von der Union darf es keine demokratisch legitimierte Partei geben." Kann das "darf nicht" auf die Art verwirklicht werden, wie Stalin nach seiner Niederlage in einer Briefabstimmung bei der Parteiendiskussion entschied: "Wichtig sind nicht die Ergebnisse, wichtig ist, was man darüber berichtet"?

Franz Harder, Leopoldshöhe

 

 

Zu: "Urbilder lösen Ängste aus" von Achim T. Volz, JF 36/02

Verdrängte Sehnsucht

So tief in die Abgründe der Tiefenpsychologie hätte der Autor gar nicht hinabsteigen müssen, um sich mit seinen Theorien lächerlich zu machen. Der Versuch, Aversionen gegen "vorderasiatische Kopftuchträgerinnen" mit unbewußten Erinnerungen und verdrängten Assoziationen zu Trümmerfrauen oder "pausbäckigen blonden Mägden an Kartoffelfeuern" zu erklären, ist absurd. Nicht einmal die Generation der heutigen Mütter, deren "halbwüchsige Töchter das Land im aufreizenden Look durchstreifen", hatten noch eigene Erinnerungen an die Trümmerfrauen im Deutschland der vierziger Jahre, geschweige denn an Mägde an Kartoffelfeuern. Diese trugen Kopftücher ganz anderer Art, kleiner und nach hinten gebunden. Vor allem aber geschah das Tragen aus praktischen Gründen und war weder religiös noch weltanschaulich motiviert.

Die Koptücher der Musliminnen dagegen werden als Verkleidung und Symbol des fundamentalistischen Islam wahrgenommen, der seinen Frauen die Verhüllung nicht nur des Kopfes, sondern oft des ganzen Körpers vorschreibt. Die Begründung für diese Verschleierung, die Frauen sollten für keinen anderen als den eigenen Mann ihre Reize zur Schau stellen, wirkt im heutigen Europa naturgemäß befremdend und rückständig.

Die Tatsache, daß immer mehr Menschen mit unserer Kultur wesensfremden Anschauungen und Vorschriften unter uns leben, löst angesichts der heutigen Gleichberechtigung der Frau und dem selbstverständlich gewordenen Recht auf Selbstverwirklichung - sicher oft unbewußt - tatsächlich Ängste aus. Die Deutung, in den Kopftuchfrauen sähen die Deutschen "gleichsam das ganze Elend der neueren deutschen Geschichte symbolisiert", ist deshalb in höchstem Maße abwegig. Herr Volz gibt mit seinen abenteuerlichen Deutungen seinerseits eine innerstaatliche Feindeserklärung ab. Ich unterstelle durch gleichsam neototalitär depravierten Spätliberalismus verdrängte Sehnsucht nach pausbäckigen Mägden an herbstlichen Kartoffelfeuern - kopftuchtragend, selbstverständlich.

Ursula Redinger, Lauben

 

 

Zu: "Deichgrafen der Nation" von Carl Gustaf Ströhm, JF 35/02

Kein Zusammenrücken

Im Jahre 1943 mit acht Jahren in Berlin und 1945 aus der Evakuierung in den Warthegau heim ins Altreich geflüchtet, habe ich es ganz und gar nicht als positiv empfunden, wie "die Deutschen so nahe zusammengerückt waren" in jenen Jahren. Die, die bei unserer Odyssee für meine Mutter und uns vier Geschwister zusammenrücken mußten, taten das nach meiner Erinnerung während der Nazizeit widerwillig bis feindselig, später nur noch feindselig. Zusammen hielten die, die zusammenrücken mußten, gegen die, die an ihrem "Zusammenrücken" schuld waren. Und was geteilt wurde, war in unserer ersten Einweisungswohnung nach der Flucht der gemeinsame Korridor - er wurde mit einer übermannshohen Sichtblende versehen, in der eine blickdichte Aussparung uns aber immerhin den Zugang zu Wasserhahn und Ausguß gestattete.

Als weiteres Beispiel, wie "geteilt wurde, was man hatte", ist eines unvergeßlich: das kontinuierliche Schrumpfen der mitgeschleppten Resthabe während der Nächte in den Massenunterkünften und, bei körperlicher Überlegenheit der "Teilungsheischenden", sogar am Tage. Mit anderen Worten: Diebstahl war üblich, Raub nicht ungewöhnlich.

Es freut mich aber, daß die Erlebnisse von Herrn Ströhm in jenen Jahren so viel wohltuender gewesen sein müssen als meine, sonst hätte er diese Zeit nicht idealisieren können.

Dr. Erhard Glier, Löbejun

 

 

Zur JF allgemein:

Zuviel Antiamerikanismus

Ich lese schon seit einiger Zeit regelmäßig ihre niveauvolle Zeitung. Gott sei Dank gibt es in unserer meist linken Medienwelt ein paar Zeitungen, besonders die JUNGE FREIHEIT, die keine rot-grünen "Fanzeitschriften" sind.

Was mich aber beunruhigt, ist der enorme Antiamerikanismus, der teilweise von Ihnen und der Leserschaft der JF gehegt und gepflegt wird. Man sollte sich bewußt machen, daß ein großer Teil der US-Bürger deutscher Abstammung ist und daß wir Deutsche im großen und ganzen dieselbe Kultur haben. Ich kann nicht verstehen, daß viele einen fremden, diktatorischen und islamischen Kulturkreis bevorzugen.

Sicherlich bekommt nicht alles, was aus dem "Oval Office" stammt, meine Zustimmung. Doch ein westliches, demokratisches und christliches Amerika ist mir allemal lieber als dubiose und fremde Staaten.

Die USA sind ein großes Land und daher ist es vollkommen richtig, eine Politik zu gestalten, die zuerst an sich, seine Bevölkerung und an seine Sicherheit denkt. Es kommt mir mitunter so vor, als sei der in Deutschland und unter Konservativen real existierende Antiamerikanismus nichts anderes als eine unbewußte Bewunderung. Es wäre schön, wenn wir soweit in Deutschland wären, daß wir wieder - wie in den USA - Platz hätten für Patriotismus, zu dem man sich öffentlich bekennen kann, Platz für einen gesunden Stolz, Heimatverbundenheit, Souveränität, Optimismus und für eine christlichere Kultur als in den USA.

Wir alle wissen, daß eine konservative und rechtsdemokratische Haltung gerne (un)bewußt als nationalsozialistisch abgestempelt wird. Wer sich öffentlich zu Deutschland, ohne radikal zu sein, bekennt, der kann seine politische Karriere sofort vergessen. In diesen und anderen Fällen sind die USA und Großbritannien uns weit voraus.

Ich wünsche mir ein Deutschland, daß sich von den USA in vielen Sachen ein dickes Stück abschneidet. Und ich wünsche mir mehr Deutsche mit weniger Antiamerikanismus.

Christian Georg Müller, per E-Post


 
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