© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    42/02 11. Oktober 2002

 
Meldungen

Büchsenspanner für den nächsten US-Ölkrieg

BERLIN. Saddam Hussein spaltet die Geister. Gerade in Deutschland in einem Ausmaß, wie es Kanzler Gerhard Schröders Rede von "uneingeschränkter Solidarität" nicht erwarten ließ. Die, auf die es in der praktischen Politik am wenigsten ankommt, die Intellektuellen, haben hierzulande jedenfalls ihre Plätze im Vor-Kriegstheater eingenommen. Hier sitzen die Bellizisten von FAZ und Merkur, dort die "Anti-Bushisten" altlinker Organe wie Argument und Prokla. Ein Fossil aus Kreuzbergs 68er Szene, Ästhetik und Kommunikation (Heft 118/02), kann da nicht abseits stehen. Das Themenheft zum "11. September" dokumentiert freilich, wie tief das Pro und Contra USA die Linke spaltet. Kein Wackeln kennt der Herausgeber, der Stadtplaner Dieter Hoffmann-Axthelm: Wie Golfkrieg und Afghanistan-Intervention sei auch der drohende Irak-Schlag ein "Krieg der Öl-Ökonomie". US-Intellektuelle, die ihn zu legitimieren versuchen, stünden auf einer Stufe mit wilhelminischen Hurrapatrioten. Dagegen ist Jens Hacke bestrebt, deutsche US-Büchsenspanner von der fatalen Nähe zum "Kriegsdenker" Carl Schmitt freizusprechen. Anders als der antiliberale Schmitt könnten sich Bohrer, Stürmer &Co. auf eine höhere Moral westlicher Werte berufen.

 

Neue Unverbindlichkeit: Gemeinwohlformalismus

STUTTGART. Je stärker moderne Gesellschaften durch Prozesse sozialer Differenzierung und kultureller Pluralisierung geprägt seien, desto mehr verlören Begriffe wie Gemeinwohl und Dienst an Plausibiliät und ethischer Orientierungskraft. Auf diese nicht ganz neue Einsicht in eine akute Problemlage, wie sie der Münchner Theologe Friedrich Wilhelm Graf formuliert, gilt es jetzt endlich einmal originelle Antworten zu finden. Daß das neue, dem Schwerpunktthema "Gemeinwohl und Gemeinsinn" gewidmete Universitas Heft (Nr. 675) hier einen Schritt weiter kommt, kann man nicht behaupten. Beiträger wie der Berliner Politikwissenschaftler Herfried Münkler, der Staatsrechtler Gunnar Folke Schuppert und eben auch Graf, der eigentlich nicht am Tropf des Zeitgeistes hängt, schwenken unisono auf Habermas-Linie ein. Das gemeinschaftlich Gute, so Graf, sei nur noch "strikt formal" zu definieren. Wo Gemeinwohl nicht mehr inhaltlich festzulegen ist, gelten allein die "formal-rechtlichen Regeln, unter denen die Freiheit des einen mit der des andern zusammen" bestehe.

 

Mit dem Kirchenvater gegen Bildungsverfall

PADERBORN. Unbeeindruckt von kargen Bibliotheksetats zeigt sich der Paderborner Schöningh-Verlag. Das Traditionshaus, das zu den führenden deutschen Schulbuchverlagen zählt, ist als dezidiert katholischer Verlag bekannt. Darum ist es nur konsequent, wenn dort jetzt ein Mammutunternehmen startet: die Edition der Werke des Kirchenvaters Aurelius Augustinus. Auf 130 Bände ist die deutsch-lateinische "Kritische Gesamtausgabe" angelegt. Wer sie subskripiert, hat, erlebt er das Erscheinen des letzten Bandes, rund 3.500 Euro in "Bildung" investiert und einen persönlichen Beitrag geleistet, um den Untergang des Abendlandes aufzuhalten. Herausgeber des Großwerkes ist der Bochumer Kirchenhistoriker Wilhelm Geerlings.

 

Erste Sätze

Die östlichste Provinz des deutschen Landes ist seit je die ergiebigste Quelle eigenartiger Menschen und Begebenheiten gewesen.

Alfred Brust: Die verlorene Erde, Berlin 1926


 
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