© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    42/02 11. Oktober 2002

 
Frisch gepresst

Tierrechte. Das Mitleid mit gequälten Tieren und der Einsatz für ihre Rettung leuchten unmittelbar ein. Aber sollen unsere armen Verwandten ewig auf die Willkür des Mitleides angewiesen bleiben, oder haben sie auch eigene Rechte? Paola Cavalieri, Herausgeberin der Philosophiezeitschrift "Etica & Animali", setzt sich seit langem dafür ein, und zwar nicht agitatorisch, sondern ganz philosophisch-argumentativ. So kann sie nachweisen, daß die Menschenrechtsethik eine "speziesistische" Ethik ist, da sich die eigene Verpflichtung gegenüber anderen Menschen daraus ableitet, daß man zur gleichen Spezies gehört. Damit hat sie die Menschenrechtsideologie auf ihre biologischen Wurzeln zurückgeführt. Nur nützt es ihr nichts. Sie hat die Rücksichtslosigkeit erklärt, die der Mensch bei aller Sentimentalität für das Schoßtier im allgemeinen immer noch gegen die Kreatur übt. Eine Veränderung wäre immer noch Zukunftsphilosophie (Die Frage nach den Tieren. Harald Fischer Verlag, Erlangen 2002, 400 Seiten, 27 Euro).

Liberalismus. Der österreichische Schriftsteller Rudolf Czernin macht in seinem neuesten Werk den Liberalismus als das Grundübel des Nihilismus und der Anarchie aus, da die totale Zentrierung des Individuums bei gleichzeitiger Infragestellung aller Wertekonfigurationen, insbesondere der Religion, keine andere Form eines gesellschaftlichen Zusammenlebens zulasse. In seinem Rundumschlag kommen deshalb naturgemäß die Vollender dieses Weges zur "totalen Befreiung", allen voran Czernins existentialistischer Lieblingsfeind Jean Paul Sartre, nicht besonders gut davon, da ihr Trachten auf die Zerstörung von Kultur und Familie gerichtet sei. Irritierend ist in Czernins Werk allerdings, daß er in völliger Ratlosigkeit das Phantom eines "großen Bruders" hinter diesen Absichten wittert und damit den erwähnten provinziell-österreichischen "Fäkalerotikern" Nitsch, Jellinek etc. sogar ein philosophisches Fundament unterstellt (Vom Liberalismus zur Anarchie. Dem Sturz ins Chaos begegnen! Leopold Stocker Verlag, Graz 2002, 182 Seiten, 19,90 Euro).

Stalingrad. Der sechzigste Jahrestag der militärischen Katastrophe von Stalingrad wirft seine Schatten voraus. Der emeritierte Historiker an der Berliner Humboldt-Universität und prominenteste Vertreter der DDR-Geschichtswissenschaft, Kurt Pätzold, präsentiert dazu seine Interpretation des blutigen Ringens zwischen Oktober 1942 bis Ende Januar 1943 um die Stadt an der Wolga. Neben den vielen bisher erschienenen Büchern, die sich besonders der Tragödie der deutschen Soldaten im eingekesselten Stalingrad widmen, erfährt man bei Pätzold erwartungsgemäß eine andere Diktion, die sich allenfalls als Ergänzung des bisherigen Wissensstandes durch marxistisch-leninistische Faschismusforschung eignen dürfte (Stalingrad und kein Zurück. Wahn und Wirklichkeit. Militzki Verlag, Leipzig 2002, 208 Seiten, 17,90 Euro).


 
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