© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    43/02 18. Oktober 2002

 
UMWELT
Ein Kampf um Ressourcen
Volker Kempf

Im Norden von Israel liegt die rund 230.000 Einwohner zählende Hafenstadt Haifa - das Zentrum der Schwerindustrie des Landes. Hier haben Greenpeace-Aktivisten Ende September eine Zufahrt zu einem Industriegebiet blockiert. Um genau zu sein, haben die Umweltaktivisten dort ein Rohr von sechs Meter Länge und zwei Meter Durchmesser plaziert, in das 10.000 Protestunterschriften geklebt wurden. Der Protest gilt dem geplanten Bau einer Pipeline, mit der jährlich zig Tonnen von Schwermetallen, Lösungsmitteln und Ammoniak in die Bucht der Hafenstadt gepumpt werden sollen. Genau dort aber wird nach Angaben von Greenpeace die Hälfte aller israelischen Küstenfische gefangen. So werden dann auf Kosten der heimischen Fischvorkommen tote Güter produziert. Pikant an der Angelegenheit ist, daß das Land ohnehin nicht gerade üppig Lebensmittel hervorbringt bzw. zu deren Erzeugung auf geringe Wasservorkommen angewiesen ist.

Zwar können die Industrieprodukte auf dem Weltmarkt gegen Nahrungsmittel getauscht werden, so daß sich die Israelis noch immer gut ernähren werden können. Doch davon haben die Palästinenser in ihren Autonomiegebieten nichts. Wissenschaftler vertreten gar die Auffassung, daß der Palästinenserkonflikt mit Israel im Grunde ein Ressourcenkonflikt ist. Das palästinensische Autonomiegebiet gehört nämlich zu den internationalen Schlußlichtern beim Indikator Agrarfläche pro Kopf der Bevölkerung bei einer gleichzeitig herniederliegenden Wirtschaft. Wenn Israel es sich angesichts dieser Problematik leistet, leichtfertig die heimischen Gewässer wie die Bucht von Haifa toxisch zu belasten, so muß man sich wirklich fragen, ob man dort nicht ein Rohr vor dem Kopf hat.


 
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