© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    43/02 18. Oktober 2002

 
Wenn die Predigt zur "Message" wird
Kirche: Der Widerstand gegen eine Mischsprache aus Deutsch und Englisch wächst
Eckhard Nickig (idea)

Wenn der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken, der Anglistik-Professor Hans-Joachim Meyer, zu einer evangelikalen Veranstaltung eingeladen würde, würde er möglicherweise absagen. Nicht weil er etwas gegen Evangelikale hätte, sondern weil er das Motto der Veranstaltung für eine Zumutung hielte - sofern es, wie bei immer mehr evangelikalen Veranstaltungen üblich, auf Englisch formuliert wäre.

So sagte Meyer seine Teilnahme an einem Kongreß des Rings Christlich-Demokratischer Studenten (RCDS) zum Thema "Education now" (Bildung sofort) mit der Begründung ab, kein anderes Land würde sich eine solche "schamlose Albernheit" leisten.

In kaum einem anderen Bereich außer der Werbung ist das deutsch-englische Kauderwelsch, auch Denglisch genannt, so verbreitet wie bei Evangelikalen. Beim größten christlichen Jugendkongreß Christival vom 2. bis 6. Oktober in Kassel gab es kaum eine Veranstaltung, die nicht auf Englisch bezeichnet wurde, vom "JesusDanceXperience" bis zu"Jesus inside".

Doch auch sonst greift diese deutsche Krankheit stark um sich: da wird die Predigt zur "Message", der Gästegottesdienst zum "GoSpecial", da lädt der Pastor den Gemeindenachwuchs mit den Worten "Hallo Kids, kommt zum Sing und Pray" ein, vom allgegenwärtigen "Worship" ganz zu schweigen. Wer zum "Worship" eingeladen wird, dürfte auch als des Englischen mächtiger Christ nicht so genau wissen, was auf ihn zukommt. Denn Worship kann laut Wörterbuch mehrere Bedeutungen haben: Anbetung, Gottesdienst oder tiefe Hingabe. So verliert Sprache ihren Sinn, die Verständigung zwischen Menschen zu ermöglichen.

Begriffe, die auf Deutsch jedem sofort klar wären, müssen umständlich erklärt werden. Kaum ein Jugendkreis, der nicht als "Crossroads" oder "Up-stairs" firmiert. Eine Jugendgruppe im norddeutschen Elmshorn nannte sich gar "Message Tribe" und erklärte: "Der Name stammt eigentlich von einer der populärsten englischen HipHop-Formationen: 'World Wide Message Tribe': So verstehen wir uns auch: Teens von heute mit einem starken Sinn in ihrem Leben: Jesus. Er verdient es, daß man ihn worldwide zur message macht."

Ob diese Sprache gerade in der christlichen Jugendarbeit hilfreich ist, darf bezweifelt werden. Denn alles, was man nicht in seiner Muttersprache ausspricht, bleibt auf Distanz. Eine Distanz zum Glauben an Jesus Christus? Verbreitet sind die englischen Begriffe auch in der Schweiz. Das bekannteste Nachrichtenmagazin hat dort bereits Maßstäbe gesetzt: Es nennt sich Facts. Ein Missionswerk suchte kürzlich den Leiter der "Swiss Sendingbase". Missionare werden dort also nicht mehr ausgesandt, sondern von einer "base" gesendet.

Viele, die kein Englisch können oder den Sprach-Mischmasch schlicht für peinlich halten - Jüngere und Ältere -, machen gute Miene zum bösen Spiel aus lauter Angst, sie könnten als unmodern oder gar deutschtümelnd abgestempelt werden. Doch immer mehr wehren sich auch. Tatsächlich ist eine Mehrheit der Deutschen gegen den Englisch-Trend. 58 Prozent sind laut Umfrage des Münchner Nachrchtenmagazins Focus gegen die Anglizismenflut, in den neuen Bundesländern sogar 70 Prozent.

Der Widerstand wächst: Der "Verein Deutsche Sprache" um den Dortmunder Statistik-Professor Walter Krämer, der sich ausdrücklich gegen die Denglisch-Flut wendet, kann sich vor Mitgliedsanträgen kaum retten.

Erst 1997 gegründet, zählt der Verein bereits 14.000 Mitglieder. Eine eigene Arbeitsgruppe kümmert sich um "Klares Deutsch im kirchlichen Bereich". Eckhard Nickig (idea)


 
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