© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    43/02 18. Oktober 2002

 
Blick in die Medien
Primärquelle
Ronald Gläser

Spektakuläre Meldungen verbreiten sich in Windeseile und rufen die unterschiedlichsten Reaktionen hervor. Wenn es Falschmeldungen sind, wird hinterher besonders gründlich nach der Quelle gesucht. So war es zum Beispiel 1998, als die Pariser Börse spürbar absackte. Zuvor hatte die Agenturmeldung vom unerwarteten Ableben Helmut Kohls die Runde gemacht, obwohl sich dieser bester Gesundheit erfreute. Wer dieses makabre Gerücht in Umlauf gesetzt hat, wurde nicht abschließend geklärt. Eine andere Meldung machte letzte Woche die Runde: Blonde Haare sterben laut einer WHO-Studie in den nächsten 200 Jahren aus! Wie jeder aus dem Biologie-Unterricht weiß, ist das blonde Haar, das uns Edmund Stoiber, Kelly Trump und Heino beschert hat, ein rezessives Gen. Nur wenn zwei Träger dieses schwächeren Erbmerkmals zusammenkommen, kann ihr Kind ebenfalls blond sein. Deswegen habe die Weltgesundheitsorganisation prognostiziert, daß die Blonden aussterben würden. Die Ursache ist die stärkere Vermischung der Menschen. Die wichtigste Frage in diesem Zusammenhang lautet: Warum befaßt sich die WHO mit solchen Problemen? Die beruhigende Antwort lautet, daß sie es gar nicht tut. Die Studie war frei erfunden. Und nun schieben sich deutsche, englische und amerikanische Agenturen und Zeitungen den Schwarzen Peter zu. Die Beteiligten sollten sich lieber fragen, warum es heute noch Nachkommen der Westgoten in Nordspanien gibt, die trotz allem blond sind. Dann hätten sie diese Falschmeldung gar nicht erst verbreitet.


 
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