© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    44/02 25. Oktober 2002

 
Neue Milde
von Michael Wiesberg

Nach Angaben der US-Regierung soll Nord-Korea eingeräumt haben, mehrere Jahre lang ein geheimes Atomwaffenprogramm betrieben zu haben. US-Zeitungen wie die New York Times berichteten, Pakistan, immerhin ein enger Verbündeter der USA im Anti-Terror-Kampf, habe Nordkorea Anlagen für sein geheimes Atomwaffenprogramm geliefert, darunter möglicherweise auch Gas-Zentrifugen zur Anreicherung von Uran. Diese Technik wird für Atomwaffen benötigt. US-Außenminister Colin Powell nahm diese Berichte erstaunlich gelassen hin. Nordkorea müsse die Wahl treffen, ob es vorwärts kommen wolle, seinem Volk ein besseres Leben zu bieten, oder ob es seine beschränkten Ressourcen verschwende, um Massenvernichtungswaffen zu entwickeln, erklärte Powell. Ein Sprecher der Regierung ging sogar noch einen Schritt weiter, als er mit Blick auf den Irak verkündete: "Das sind verschiedene Regionen, verschiedene Umstände."

Ein Programm zur Anreicherung von Uran für Waffenzwecke ist eine gravierende und sehr ernste Verletzung des Nichtverbreitungsvertrages wie auch anderer von Nordkorea eingegangener internationaler Verpflichtungen. Nicht so für die USA, die im Falle Nord-Koreas eine erstaunliche Milde an den Tag legt. Eine Milde, die zum einen der schlichten Tatsache geschuldet ist, daß eine nachhaltige Verstimmung der US-Beziehungen zu Pakistan gerade nicht angezeigt ist. Zum anderen dürfte aber auch die Tatsache, daß in Nord-Korea keine nennenswerten Energieressourcen wie Erdöl zu finden sind, eine nicht geringe Rolle spielen.


 
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