© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    44/02 25. Oktober 2002

 
Vormundschaftlicher Staat
Rot-Gün will Kulturförderung durch Unternehmen erschweren
Doris Neujahr

Seit einem Jahr können Unternehmen ihre Spenden für kulturelle, soziale oder wissenschaftliche Zwecke steuermindernd geltend machen. Jetzt will der Bundesfinanzminister ihnen diese Möglichkeit wieder entziehen. Das ist ein Anschlag auf die vielbeschworene Bürgergesellschaft.

Zum Glück gibt es viele Unternehmer, die Deutschland bzw. die Kommunen, wo sie ihren Umsatz erzielen, nicht bloß als Wirtschaftsstandort betrachten, sondern auch als Stätte gesellschaftlicher Verantwortung. Die bisherige Regelung hat sie dazu ermuntert, ihre moralische Bürgerpflicht durch Spenden wahrzunehmen, die für den Ankauf von Museumsexponaten, für die Restaurierung von Archivgut oder für Kulturfonds gedacht sind, aus denen Gemeinden die Werke ortsansässiger Künstler erwerben.

Welchen Grund kann es geben, diese hoffnungsvolle Entwicklung zu beenden? Das Vorhaben erscheint absurd, zumal kommerzielles Sponsoring weiterhin in unbegrenzter Höhe abgerechnet werden kann. Das bedeutet, daß Firmen auch künftig eingeladen sind, alberne Events zu finanzieren oder Symbole wie das Brandenburger Tor als Werbeträger zu verwenden.

Finanzpolitisch sind Hans Eichels Pläne nicht begründbar. Die rot-grünen Politiker treibt das Mißtrauen gegen ein Bürgerengagement, das ihrer Kontrolle entzogen ist. Das Geld soll in den Apparat des Parteienstaates fließen, der sich erst einmal selber bedient und den Rest nach ideologischen Kriterien umverteilt. Rot-Grün will keine freie Bürgergesellschaft, sondern den vormundschaftlichen Staat.


 
Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen