© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    44/02 25. Oktober 2002

 
Äußerliche Betrachtungen
Kritik am Opus Dei
Alexander Barti

Etwa die Hälfte aller katholischen Heiligen verdankt ihren Status dem Eifer Papst Johannes Paul II. - rechnet man die inzwischen unüberschaubare Flut der neuen Seligsprechungen hinzu, kann man sich des Eindrucks inflationärer Tendenzen nicht erwehren. Die meisten Heiligsprechungen werden allerdings von der Öffentlichkeit kaum wahrgenommen oder schnell wieder vergessen.

Von überragender Bedeutung für den Katholizismus war hingegen die Heiligsprechung von Josemaria Escrivá de Balaguer y Albás (1902-75), dem Gründer des "Opus Dei" (JF 41/02), den Peter Hertel jetzt auch literarisch aufbereitet hat. Das 1928 in Spanien gegründete "Werk Gottes" ist eine Organisation, die mit ihrer stetigen Ausbreitung in über 60 Staaten und der diskreten Einflußnahme ihrer über 80.000 Mitglieder für Mythen und schillernde Verschwörungstheorien sorgt. Sie sei die "Maffia des Papstes", eine "Geheimorganisation" und ihre Mitglieder seien "Fundamentalisten", lauten die gängigen Klischees.

Sehr viel weiter ist der selbsternannte Opus-Dei-Experte Hertel in seiner neuesten Untersuchung allerdings auch nicht gekommen. Vor allem seine Grundthese, das Opus Dei (OD) sei damit beschäftigt, die "Errungenschaften" des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962-65) rückgängig zu machen, offenbart eine eklatante Unkenntnis "vorkonziliarer" Zustände oder theologischer Prämissen. Mit keiner Silbe erwähnt Hertel den Gegensatz zwischen traditionalistischen Gruppen, die die tridentinische Liturgie bevorzugen und dem OD, das selbstverständlich die 1969 eingeführte Messordnung befolgt. Um diese metaphysische Dimension erfassen zu können, hätte Hertel sich auch auf theologische Diskurse einlassen müssen, zum Beispiel auf die Ansätze eines Kardinals de Lubac oder eines Erzbischofs Lefebvre. Diese Mängel kann "OD-Jäger" Hertel allerdings mit einer gründlichen Analyse des "Werks" ausgleichen: Fleißig sind die tatsächlichen oder möglichen Sympathisanten im deutschen Klerus recherchiert, es werden Organisationen von OD-Mitgliedern aufgezählt und sogar beste Verbindungen zum Hochadel "enttarnt". Daß sich Hertel bei seiner Untersuchung vor allem auf die Aussagen des 1981 aus dem "Werk" ausgetretenen Priesters Vladimir Felzmann beruft, dürfte allerdings ein Schwachpunkt seiner Untersuchung sein. Gegen die "Lautlosen Panzer" - Luigi Giussani über das OD - bleibt die Hertelsche "Enthüllung" jedenfalls ein zahmes Störfeuer.

Peter Hertel: Schleichende Übernahme. Josemaria Escriva, sein Opus Dei und die Macht im Vatikan, Publik-Forum Verlag, Oberursel 2002, 158 Seiten, 11,90 Euro


 
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