© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    47/02 15. November 2002


Jung gegen Alt
von Jörg Fischer

Die Grünen sind eingeknickt: Ab Januar steigt der Rentenbeitrag von 19,1 auf 19,5 Prozent. Vier Millionen Erwerbsfähige sind arbeits-los, sie zahlen nichts in die Gesetzliche Rentenversicherung ein. Und da die Deutschen kürzer arbeiten und länger leben, sinken die Einnahmen und steigen die Ausgaben. Um den Ruheständlern ab Juli 2003 dennoch einen minimalen Rentenanstieg zu ermöglichen, drehte die SPD an der Beitragsschraube - im Februar sind ja Landtagswahlen. Die Alten dominieren zunehmend die Politik, sie gehen eher wählen als die Jungen - und die Rentner werden immer mehr. Angesichts der demographischen Entwicklung ist das Rentenniveau langfristig nicht mehr finanzierbar. Ein offener Verteilungskampf zwischen Jung und Alt steht schon mittelfristig bevor - die durchschnittlich 120 Euro Mehrbelastung fürs Jahr 2003 sind erst der Anfang.

Wirtschaftsvertreter fordern nun, das tatsächliche Renteneintrittsalter auf 67 Jahre zu erhöhen, FDP-Vize Brüderle kann sich sogar eine Altersgrenze von 70 Jahren vorstellen. Doch welche Firma stellt -selbst ohne Kündigungsschutz - Leute über 60 ein? Freie Stellen werden mit "jungen, dynamischen und flexiblen" Mitarbeitern besetzt, der technische Fortschritt macht erworbene Qualifikationen in immer kürzeren Intervallen obsolet. Ältere sind häufiger krank, ihre Leistungs- und Konzentrationsfähigkeit nimmt ab. Ein Bibliothekar könnte bis 75 arbeiten, ein Fliesenleger ist häufig schon mit 55 berufsunfähig - aber wovon soll der bis zum 70. Geburtstag leben?


 
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