© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    48/02 22. November 2002

 
Gewinner und Verlierer
Artenschutz II: Hintertür für Elfenbeinhandel geöffnet
Volker Kempf

Vor 29 Jahren wurde das Washingtoner Artenschutzabkommen "Cites" ins Leben gerufen, dem folgten zwölf Artenschutzkonferenzen. Die letzte ging in Santiago de Chile am 15. November 2002 zu Ende. In den Debatten nahm der Schutz von Elefanten und Walen einen besonders breiten Raum in Anspruch. Die Anträge Sambias und Simbabwes für eine Teilfreigabe des Elfenbeinhandels wurden abgelehnt. Entschieden wurde dafür auf Antrag Südafrikas die Zulässigkeit eines begrenzten Elfenbeinhandels.

Konkret dürfen ab Mai 2004 insgesamt 60 Tonnen Elfenbein verkauft werden. Es handelt sich hierbei um Lagerbestände in Namibia, Botswana und Südafrika. Artenschützer hatten hingegen vor einer Freigabe des Handels gewarnt, weil es dann erfahrungsgemäß auch wieder Absatzmöglichkeiten für illegales Elfenbein geben werde.

Das würde eine Wiederbelebung der Wilderei bedeuten. Jason Bell vom Internationalen Tierschutz-Fond (IFAW) in Südafrika sieht sich mit dieser Befürchtung bestätigt: "Als über Südafrikas Vorschlag abgestimmt wurde, traf die Nachricht ein, daß im südafrikanischen Krüger-Nationalpark acht Elefanten gewildert worden sind." Viele Elefantenbestände Asiens und Afrikas sind stark geschrumpft und die Tiere teilweise vom Aussterben bedroht (näheres im Internet: www.aga-international.de ).

Vorgesehen ist nach der aktuellen Beschlußlage, daß Elfenbein aus legalen Quellen nur dann ab Mai 2004 verkauft werden darf, wenn das Cites-Sekretariat zuvor festgestellt hat, daß die Kontrollmechanismen gegen Wilderei und gegen Elfenbeinschmuggel effektiv funktionieren. Beschlossen ist auch, daß jedes Land sein Elfenbein nur in einer Partie an ein Land verkaufen darf.

Eine Niederlage gab es hingegen für Japan, das entgegen eines seit 1986 bestehenden Walfangverbotes für kommerzielle Zwecke unter dem Vorwand eines wissenschaftlichen Nutzens jährlich 700 Wale abschlachtet. Das Land hatte zwei Anträge auf einen begrenzten internationalen Handel mit Fleisch von Zwerg- und Bryde-Walen gestellt - letztere Art ist bis zu 15 Meter lang. Beide Anträge wurden klar abgelehnt. Ungeachtet dessen läuft die japanische Walfangflotte aber bereits wieder aus, wie der Internationale Tierschutzfond berichtet. Norwegen gab bekannt, daß es seine Fangquote für 2003 von 634 auf 711 Zwergwale erhöhen will. Wie sich die ebengenannte Artenschutzorganisation empört, habe Norwegen paradoxerweise "unlängst 30 Tonnen Walfleisch aus der letzten Jagdsaison ins Meer gekippt." Das entspreche einer Menge von 15 Zwergwalen, die eine Länge von jeweils zehn Metern haben. Damit verstoßen Norwegen und Japan gegen internationales Handelsrecht.

Gegen den Widerstand von Handel und Industrie wurden der Großblättrige Mahagonibaum, die Seepferdchen, verschiedene Schildkrötenarten und überraschend auch die Wal- und Riesenhaie sowie der Schwarzmeertümmler neu unter den verschärften Schutz des Washingtoner Artenschutzabkommens gestellt. Der Schwarzmeertümmler unterliegt künftig einem absoluten Handelsverbot. Damit sind die Weichen für eine Bestandserholung gestellt. Beim dem in Chile ausgetragenen Streit zwischen Artenschützern und Artennutzern hatte vor allem der akut gefährdete Schwarze Seehecht das Nachsehen. So gesehen gab es in Santiago de Chile Gewinner und Verlierer.


 
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