© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    49/02 29. November 2002

 
Meldungen

Immer stärkere Flucht aus dem Reich der Mitte

HAMBURG. Knapp 70.000 Chinesen mit deutscher Staatsbürgerschaft leben nach amtlichen Statistiken zufolge gegenwärtig in Deutschland. Unbekannt hingegen ist die Zahl der sich illegal in Deutschland befindlichen Chinesen, die aufgrund der hohen Mobilität dieser Personengruppe innerhalb Europas stark schwanken dürfte (China aktuell, Heft 9/2002). Wachsende Arbeitslosigkeit und der Abbau von sozialen Sicherungssystemen im Zuge der Reform der industriellen Staatsbetriebe sind als Hauptursache der chinesischen Emigration nach Westeuropa zu betrachten. Im Jahr 2000 zählte China erstmals zu den zehn wichtigsten Herkunftsländern von Asylbewerbern in Deutschland. Im ersten Halbjahr 2001 rangierten sie europaweit gar an fünfter Stelle. Dabei werden hierzulande nur etwa fünf Prozent der Antragsteller als Asylberechtigte anerkannt oder erhalten aus humanitären Gründen ein dauerhaft gesichertes Bleiberecht. Ein Großteil der chinesischen Migranten, die aufgrund unbegründeter Anträge auf politisches Asyl zur Ausreise aus Deutschland aufgefordert werden, verbleibt weiterhin illegal im Lande oder nutzt die offenen Grenzen im Schengen-Raum, um sich in einen anderen EU-Staat abzusetzen.

 

Islamismus ist frustierter Kampf um Anerkennung

FRANKFURT / MAIN. Mit Geschichte und Gegenwart antiwestlicher Ideologien im islamischen Raum befaßt sich Jochen Müller in der links-alternativen Zeitschrift Kommune (Heft 10/2002). Die Haltung der arabisch-islamischen Welt gegenüber dem Westen schwanke bereits seit Jahrhunderten zwischen Nachahmung und Abgrenzung. Wesentlicher Bestimmungsfaktor der Araber sei die in der Kolonialzeit wurzelnde Erfahrung der Ohnmacht. Die amerikanische Machtpolitik im Orient werde vor diesem Hintergrund um so intensiver als erneute Demütigung erlebt. Insbesondere der Palästinakonflikt und die Sanktionen gegen den Irak hätten weltweit das Gefühl einer allgemeinen Bedrohung "des Islams" durch "den Westen" hervorgerufen. Den islamischen Fundamentalismus ebenso wie den islamistisch inspirierten Terror versteht Müller nicht zuletzt als Reaktion auf die im Westen weitverbreitete Abqualifizierung des Islam zu einer Quelle der Rückständigkeit, die einen Kampf um Anerkennung nach sich ziehe. Die Mißachtung der "als Kern des Eigenen begriffenen Religion" münde in Verbindung mit den aufgestauten Frustrationen angesichts der fast überall desolaten innenpolitischen Verhältnisse in antiwestliche Verschwörungstheorien. Osama bin Laden oder Saddam Hussein würden deshalb von den arabischen Massen geachtet und bewundert, weil sie es als einzige wagten, der feindlichen Übermacht entgegenzutreten.

 

Erste Sätze

Man kennt das fünfzehnte Säkulum als das Jahrhundert der Vorbereitung.

Rudolf Stadelmann:Vom Geist des ausgehenden Mittelalters. Halle 1929


 
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