© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    50/02 06. Dezember 2002


Leserbriefe

Zu: "Thierse sorgt am Volkstrauertag für einen Eklat" von Dieter Stein und Moritz Schwarz, JF 48/02

Falsche Behauptungen

Die Behauptung von Jens Ebert, er habe "im Herbst letzten Jahres auch gegenüber Lemeland selbst" darauf hingewiesen, die Briefe nicht zu verwenden, ist schlichtweg falsch. Basiert seine Behauptung, die Briefe seien Fälschungen, noch auf stark tendenziöser Mutmaßung, so ist oben erwähnte Bemerkung wirklich eine Fälschung. Laut Aussage von Herrn Lemeland hat ihn bezüglich der 10. Sinfonie allein ein Clemens Gresser angerufen, der 1999 seine Magister-Arbeit schrieb über das Thema: "Soldaten - musikalische Reflexion durch Benjamin Britten, Bernd Alois Zimmermann und Aubert Lemeland". Herr Gresser arbeitet wohl unter anderen für "Musikwissenschaft Frankfurter Zeitung" und hat mit Herrn Ebert nichts zu tun. Herr Ebert rief uns Ende September dieses Jahres an, sein Telefonat gipfelte in der Drohung, "er werde alles Erdenkliche tun, damit die Aufführung im Bundestag nicht zustande kommt". Er hat ja wirklich alles Erdenkliche versucht, wie wir immer wieder erfuhren und wie auch der Spiegel-Artikel zeigt.

Anna Karolina Fischer-Stracke, Bell

 

 

Zur Meldung "PDS: Vertreibung war Umsiedlung", JF 48/02

SED-Jargon

Mit seiner diesbezüglichen Bemerkung knüpft Herr Heinz Vietze, parlamentarischer Geschäftsführer der Brandenburger PDS-Landtagsfraktion, nahtlos an den SED-Propaganda-Jargon der Nachkriegszeit an, als in der SBZ/DDR gleichfalls nicht von Vertriebenen, sondern immer nur von "Umsiedlern" gesprochen werden durfte. 

Jürgen Gruhle, Nauendorf

 

 

Zu: "Verwundete werden nicht zurückgelassen" von Michael Waldherr, JF 48/02

Mehr Geld als angegeben

Die Angabe, daß KSK-Soldaten für ihren Einsatz in Afghanistan lediglich mit einer Erschwerniszulage in Höhe von 150 Euro monatlich abgegolten werden (von der angeblich nach Steuer weniger als die Hälfte verbleiben), ist unvollständig, denn sie erhalten außerdem steuerfrei zwei weitere Zulagen, rund 103 Euro täglich. Das macht Netto monatlich über 3.000 Euro neben dem Gehalt. Außerdem werden (nicht immer auf gesetzlicher Grundlage) großzügig Freizeit und Urlaub als Ausgleich gewährt. Die Regelungen gelten für alle Soldaten der verschiedenen Waffengattungen und erfreuen sich größter Beliebtheit, so daß die geäußerten Begehrlichkeiten des Bundeswehrverbandes zu relativieren sind.

Volkert Petersen, Jever

 

Im Stil der Boulevardpresse

Herzlichen Glückwunsch! Sie haben es geschafft, mit dem Beitrag Ihren Lesern den seit Jahren wohl größten, erstaunlichsten, unglaublichsten und lächerlichsten Blödsinn zu bieten! Ganz im Stil von Bunte oder Quick wird da über den "geheimnisumwittertsten Verband der Bundeswehr" fabuliert, welcher, ausgerüstet mit dem Waffenarsenal aus einem "James-Bond-Film", sich bei "wütendem Sturm und "peitschendem Regen" mit "atemberaubender Geschwindigkeit" an "zwölf Meter langen Tauen" abseilt, während der Hubschrauber "whoop, whoop, whoop" macht. Abenteuerlich ist das und aufregend - und irgendwie klingt's wie abgeschrieben aus einer Werbe-Hochglanzbroschüre der Bundeswehr. Passend dann dazu auch die wohl schon mindestens ein dutzendmal in Zeitschriften- und Fernsehbeiträgen über das KSK gemachte Aussage, man suche aber keinesfalls "Rambos", sondern intelligente, charakterstarke und teamfähige Soldaten. Und solche wird man beim KSK wohl auch spätenstens dann brauchen, wenn der Sanitäts-Experte sich daran macht, "im Feld" den Blinddarm eines seiner "besonnenen" Kameraden zu entfernen (so etwas scheint in deutschen Armeen irgendwie Tradition zu sein, hatte doch auch einst der "Arzt von Stalingrad" nur mit einem stumpfen Taschenmesser Blinddärme entfernt). Als ein der JF geneigter Leser fragt man sich da wirklich: Was soll so was?

Gern hätte man statt dessen zum Beispiel mehr erfahren zum Einsatz des KSK in Afghanistan, jedoch nicht in Form einer ziemlich unkritischen Wiedergabe von Bundeswehrverlautbarungen. Aber offensichtlich ist das KSK dafür wirklich zu geheim und die abgelehnte Änderungsverordnung zur Erschwerniszulagenverordnung war ein etwas magerer Aufhänger. 

Ingo Landsmann, Münster

 

 

Zu: "Massengrab an Don und Wolga" von Ekkehard Schulz, JF 48/02

Kleine Fische und falsche Daten

Es ist schon bedrückend, in welcher geistiger Verfassung sich diese "Steinzeitkommunisten" wie Kurt Pätzold noch heute befinden. Immerhin hat die Welt den Kommunismus von Lenin und vor allem Stalin vor mehr als zehn Jahren begraben, trotzdem trommeln diese Altstalinisten fröhlich ihre alten Propagandalieder. Sie sollten sich mal die Mühe geben, zu erfahren, was den Schulkindern in den "neuen Ländern" heute teilweise von ihren Lehrern an Geschichtsunterricht serviert wird. Da sind die "leninistisch-kommunistischen Auslegungen" von Herrn Pätzold teilweise "kleine Fische" dagegen!

Auf einen kleinen Fehler ihrerseits möchte ich jedoch hinweisen: Finnland schloß nicht am 3. Februar 1943 einen Waffenstillstand mit der UdSSR, sondern anderthalb Jahre später, nämlich am 19. September 1944.

Christoph Nehring, Essen

 

 

Zu: "Im Staub der Geschichte" von Baal Müller, JF 47/02

Ehrloses Gedenken

Wenn man die Zeitungsberichte über durchgeführte Veranstaltungen zum Volkstrauertag liest, dann erkennt man, wie traditions- und geschichtslos und wie schäbig in der Einstellung gegenüber den eigenen Toten der größte Teil unseres Volkes geworden ist. "Jugend bleibt fern von Gedenkfeiern" heißt es in der Schlagzeile einer Tageszeitung. Aber was soll die Jugend dort auch? Sich die ständig wiederholenden Ergüsse der Redner anhören, der Bürgermeister und Oberbürgermeister, der VdK-Vertreter und der evangelischen Pastoren, die da stets von neuem von der immerwährenden Schuld der Deutschen und, man sagt dies zumeist nicht direkt, meint es aber so, ihrer Gefallenen salbadern? Man muß sich sodann anhören, daß man die deutschen Gefallenen ja nicht Helden nennen dürfe, denn dieses Prädikat stehe alleine den Toten der anderen Seite zu, weil diese ja zum Wohle der freien Menschheit die bösen Nazis bekämpft und niedergerungen hätten. Man ehrt dann schlußendlich auch nicht die eigenen deutschen Gefallenen, sondern allein die, die in deutschem Namen umgekommen sind. Wem, so muß man fragen, wem kann noch zugemutet werden, diese Art Gedenkfeiern jedes Jahr von neuem über sich ergehen zu lassen? Wer sich unseren Gefallenen gegenüber noch verpflichtet fühlt, wer noch Gefühle für nationale Würde und aufrechten Gang hat, der sollte künftig die Gedenkfeiern am Volkstrauertag meiden, weil diese schon längst nicht mehr dem Gedenken unserer Gefallenen dienen. Er sollte lieber das Jahr über öfters mal allein vor einem Gefallenengrab oder einer Gedenkstätte verweilen, ein paar Blumen hinlegen und dort, ohne das substanzlose Geschwätz verordneter Festredner anhören zu müssen, unserer toten Soldaten gedenken. Und er sollte dann und wann auch dem "Volksbund Deutscher Kriegsgräberfürsorge" für dessen verdienstvolle Tätigkeit eine Spende zukommen lassen und diejenigen deutschen Verlage, die sich für die historische Wahrheit und die Ehre unserer Gefallenen einsetzen, durch den Erwerb eines Buches Anerkennung zollen.

Friedrich Schaude, Karlsruhe

 

Einseitiges Gedenken

Am vergangen Sonntag erlebte Deutschland wiederum einen Volkstrauertag, der die Verbrechen des Kommunismus verschwieg und die Toten der kommunistischen Gewaltherrschaft nicht ehrte und würdigte.

Lange schon haben die Opfer kommunistischer Gewaltherrschaft in Deutschland in Briefen an den Bundespräsidenten von Weizsäcker darauf hingewiesen, daß nicht nur einer notwendigen historischen Würdigung der Opfer des Kommunismus wegen, als größter Opfergruppe einer Ideologie in der Menschheitsgeschichte überhaupt, zu gedenken ist, sondern auch, weil die permanente Verletzung des Andenkens dieser Opfergruppe durch Nichtwürdigung an diesem Gedenktag eine ungeheuerliche Relativierung darstellt. Es ist für die Opfer kommunistischer Gewaltherrschaft in Deutschland kaum noch erträglich, wenn permanent nur der Opfer des NS-Regimes gedacht wird.

Jürgen Schmidt-Pohl, Schwerin

 

 

Zu: "Diplomatische Farce" von Michael Wiesberg, JF 47/02

Protektorat der USA

Sie wollen um jeden Preis Israel schützen und glauben, daß man das durch einen Schlag gegen den Irak machen kann. Das Gegenteil wird der Fall sein.

Die Supermacht USA griff, ohne bedroht zu sein, in den Ersten Weltkrieg ein, entschied durch ihr Eingreifen den Zweiten Weltkrieg und teilte das besiegte Deutschland, lieferte ganz Osteuropa für Jahrzehnte der sowjetischen Herrschaft aus. Nun erobern die USA immer neue Stützpunkte für weitere Überfälle, unter dem Vorwand Gerechtigkeit, Frieden und Freiheit schaffen zu wollen. Nicht nur militärisch, auch wirtschaftlich und finanziell ist ihre Übermacht erdrückend.

Unsere Aufgabe ist es, uns endlich von würdeloser Unterwürfigkeit zu befreien und die Deutschen in einem Europa der Vaterländer zu werden. Die EU aber verkümmert zu einem Protektorat der USA, das uneingeschränkte Solidarität mit dem Weltsheriff übt.

Jutta Wendland, Hamburg

 

 

Zu: "Wir bräuchten einen Milliardenetat" von Manuel Ochsenreiter, JF 47/02

Fehlendes Verständnis

Wenn die von der Bundesregierung ins Leben gerufene und mit Millionenbeträgen ausgestattete CIVITAS demokratisches Verhalten sowie Toleranz und Weltoffenheit der Jugendlichen fördern soll, dann dürfen sich deren Aktivitäten nicht allein gegen den Rechtsextremismus richten. Es kann doch unseren Volksvertretern und deren Helfern nicht entgangen sein, daß gerade die radikalen linken Gruppen hier die größten Defizite haben. In diesen Tagen konnten wir es wieder erleben, daß 16.700 Polizeibeamte aufgeboten werden mußten, um die von einer demokratisch gewählten Regierung genehmigten Castor-Transporte in das Zwischenlager nach Gorleben befördern zu können.

Bei den sogenannten Aktivisten fehlt das Demokratieverständnis und die Toleranz doch vollständig. Laufend erfinden sie neue Gründe, um randalierend und brandschatzend durch unsere Republik zu ziehen und unsere Ordnungskräfte zu provozieren und vorzuführen. Noch nie haben sogenannte Rechtsradikale einen Anlaß gegeben, daß der Staat so massiv auftreten mußte, um unsere Staatsordnung zu verteidigen. Es ist schade darum, daß das an anderer Stelle so dringend benötigte Geld aus ideologischen Gründen mit einer völlig falschen Zielsetzung verschwendet wird. 

Erwin Bültmann, Preußisch Oldendorf

 

 

Zu: "Die Zeche wird fällig" von Paul Rosen, JF 48/02

Schwindende Sinne

Nach Artikel 65 des Grundgesetzes bestimmt der Bundeskanzler die Richtlinien der Politik und trägt dafür die Verantwortung. Kompetenz und Verantwortung erscheinen unter Gerhard Schröder in einem ganz neuen Licht. Deutschland erlebt einen Kanzler der Konzeptionslosigkeit, der Visionsleere, der nachhaltigen Beliebigkeit und vor allem, einen Kanzler des Zynismus.

Dies offenbart sich nicht nur in wirtschaftspolitischer Hinsicht: "Ich habe drei Scheidungen hinter mir und der (Edmund Stoiber) eben nicht. Die Alltagserfahrungen der Leute ähneln diesen Brüchen. Ganz tief unten in sich sagen sich die Leute: 'Der paßt zu einer normalen Gesellschaft besser.'" Schröders "Realitätssinn" zeigt, wo der Kanzler längst gelandet ist und diese Gesellschaft hinführen will. Der überwiegende Teil des Wahlvolkes hat sich diese Perspektive durch Launigkeit und Gedächtnisschwäche sowie mangels Weisheit gewiß verdient - Deutschland aber nicht.

Andreas Springer, Bonn

 

Kaputtgewirtschaftet

Wer bisher nicht begriffen hat, daß diese Regierung unfähig ist, wirtschaftliche Zusammenhänge zu erkennen, hat spätestens bei den jüngsten Beschlüssen besten Anschauungsunterricht erhalten. In einer Zeit, wo sich die Werte der Aktien halbiert haben und die Anleger ohnehin nur ein Verlustgeschäft machen, will die Regierung nun auch noch 15 Prozent Steuern erheben.

Beispiel: Firma Singulus, ein junges aufstrebendes Unternehmen. Seine Aktien waren im April 2000 noch 55,25 Euro wert. Im Juni 2002 waren es noch 29 Euro und derzeit liegt ihr Wert bei 15 Euro, auf die dann 15 Prozent Steuern erhoben werden. Mit diesen Maßnahmen wird es einem solchen Unternehmen sehr schwer fallen, weitere Anleger - und damit Kapitalgeber - zu finden. Folge: weiterer Verlust von Arbeitsplätzen, noch mehr Arbeitslose. Man gewinnt mehr und mehr den Eindruck, diese Regierung ist eigentlich nur angetreten, um den "Standort Deutschland" kaputtzuwirtschaften! Was sonst könnten derlei Maßnahmen bezwecken? Den Gedanken dafür hat Kanzler Schröder übrigens von Gregor Gysi übernommen, der eine solche Aktiensteuer schon seit Jahren fordert!

Monika Ewert, Aschaffenburg

 

 

Zu: "Achtung! Satire!" von Steffen Königer, JF 47/02:

Verunsicherte Gesellschaft

Dieser eigentlich belustigende Irrtum eines Lesers, der die "Lockerungsübungen" mißverstand, gibt leider auch ein bezeichnendes Bild von der Unsicherheit unserer Gesellschaft. Was Herr Heinzen in seinen, zugegeben oft schwer verständlichen, verschachtelten und mit Fremdworten und Konjunktiven gespickten Bandwurmsätzen satirisch darstellen will, wird für bare Münze genommen. Das zeigt, daß bei der uns heutzutage vorexerzierten beliebig-offenen, von jeder Richtschnur, jeglichem Grundsatz, ethisch-moralischem Fundament und sogar gesundem Menschenverstand abgekoppelten Denk- und Betrachtungsweise dem Bürger nichts zu absurd erscheint, um nicht als tatsächlich relevanter, neuer Auswuchs verdächtigt zu werden. Satire wird zu Wirklichkeit und umgekehrt, getreu dem Reklamespruch: "Nichts ist unmöglich!"

Wilhelm Heinrich, München

 

 

Zu: "Mein Vater wollte sich nicht gemein machen", Interview mit Hermann Heidegger, JF 45/02

Schneisen im Lebensweg

Herr Dr. Heidegger wird nie verwinden können, daß ich, ausgehend von ersten kleineren Arbeiten, etliche Schneisen in den Lebensweg des Philosophen Heidegger geschlagen habe, nicht zuletzt auch die wichtigsten Erkenntnisse der frühen Sozialisation des aus kleinen Verhältnissen stammenden Meßkirchers vorgelegt habe. Er hat auch nur mit Ingrimm hinnehmen müssen, wie sehr sein Vater von der katholischen Herkunft bestimmt blieb.

Martin Heidegger war ein sehr ängstlicher Mensch, der sich zu gegebener Zeit auf die nervösen Herzbeschwerden verlassen konnte, alles andere als ein tapferer Soldat, glücklich darüber, nicht in den Schützengraben zu müssen wie einige andere junge Philosophen, die ihr Leben verloren haben, sondern auf der Freiburger Postüberwachungsstelle überwintern zu können. Zu diesem Job hat ihm übrigens der theologische Freund Engelbert Krebs verholfen, der seine vielfältigen Beziehungen spielen ließ. Um so ironischer die Kommentare von Freiburger Professoren, die im Weltkrieg als Ofiiziere an der Front gestanden hatten, als der Rektor Heidegger sich 1933 plötzlich als militärischer Heros genierte und nicht müde wurde, die Sturm-Metaphorik zu zelebrieren.

Prof. Dr. Hugo Ott, Merzhausen


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