© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    51/02 13. Dezember 2002


Kein Abschiedsschmerz
von Volker Kempf

Auf dem Grünen-Parteitag rollten am Wochenende die Köpfe der Doppelspitze Claudia Roth und Fritz Kuhn. Denn eine Ausnah-megenehmigung, Amt und Mandat zugleich ausüben zu dürfen, scheiterte knapp. Damit sind die Zeiten vorbei, in denen es einem passieren konnte, daß im Radio plötzlich ein O-Ton von Roth eingespielt wurde, in dem die Dame einen ihrer antifaschistischen Anfälle bekam, als stünde Deutschland mit den Unionsparteien die Machtergreifung Hitlers bevor. Schlimmer kann es mit Reinhard Bütikofer, der kommunistische Dogmatik studiert hat, nicht werden.

Zwar hängt auch er dem antifaschistischen Mythos an, strahlt in unserer Medienwelt aber etwas mehr Gemütlichkeit aus. Die neue Spitzenfrau Angelika Beer, Wehrexpertin der Partei, dürfte der Koalition in Berlin keine Schwierigkeiten machen, auch wenn Fritz Kuhn noch mehr ein Mann war, auf den sich Joseph Fischer immer blind verlassen konnte. Der Mann mit dem größten ökologischen Sachverstand bei den Grünen, ihr umweltpolitischer Sprecher im Bundestag, Reinhard Loske, landete bei den Vorstandswahlen mit 71,2 Prozent im Mittelfeld. Umweltminister Jürgen Trittin, der in Unionspolitikern auch schon Skinheads zu erblicken glaubte, wurde hingegen mit einem Ergebnis von 86,8 Prozent in die Vorstandsriege gewählt. Eine gute Mischung aus Paranoia und laut verkündetem Umweltschutz ist wohl das beste Erfolgsrezept, um bei den Grünen etwas zu werden. Ob aus Deutschland damit etwas wird, ist eine andere Frage.


 
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