© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    51/02 13. Dezember 2002


Treue Vasallen
von Carl Gustaf Ströhm

Anläßlich der Debatte um die deutsche Haltung zu einem möglichen Irak-Krieg und zum Israel-Palästina-Konflikt sind sich die Unionsparteien in einem Punkt treu geblieben: Sie kultivieren die fast bedingungslose "Treue" zum US-Verbündeten und definieren deutsche Außenpolitik in erster Linie aus der "historischen Belastung" Deutschlands - also aus deutscher Schuld.

CSU-Landesgruppenchef Michael Glos argumentierte so bei seiner Rede letzte Woche im Bundestag und bewies damit einen gewissen Mangel an historischem Sinn. Noch Konrad Adenauer und Franz Josef Strauß haben unter ungleich schwierigeren Bedingungen (Besatzung, Kalter Krieg und deutsche Teilung) viel souveräner argumentiert. Adenauer sprach von "unserem deutschen Volk" und Strauß prägte den Begriff des "Sühnedeutschen", der sich dauernd an die Brust klopfe. Beide wußten, daß das ständige Insistieren auf Schuldgefühle nichts bringt außer charakterlichen Verbiegungen. Dabei unterhielten beide trotzdem ausgezeichnete Beziehungen zu Israel.

Es ist unbegreiflich, daß die C-Parteien den Patriotismus nun den Linksparteien, in gewisser Weise sogar den antinationalen Grünen, überlassen. Führende Unionspolitiker sprechen nur noch von Steuern, Krankenkassen, Defiziten und von der "Gesellschaft". Worte wie "Vaterland", "Nation", "Heimat" oder "Christentum" kommen nicht mehr über ihre Lippen. Indem sie diese positiven Emotionen brachliegen läßt, könnte sich die Union auch noch um ihren nächsten Wahlsieg bringen. Ist das etwa die Absicht?


 
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