© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    51/02 13. Dezember 2002

 
Schill tanzt auf allen Hochzeiten
Schill-Partei: Auf ihrem Landesparteitag wurde der Bundesvorsitzende und stellvertretende Hamburger Bürgermeister auch als Landesvorsitzender bestätigt
Peter Freitag

Der Landesparteitag der Hamburger Partei Rechtsstaatlicher Offensive bestätigte den Parteigründer, Hamburgs Innensenator und Zweiten Bürgermeister Ronald Schill, in seinem Amt an der Spitze des Vorstands. Mit 180 von 189 Stimmen wählten ihn am vergangenen Sonntag die Delegierten zum Landesvorsitzenden, wobei er damit bis zum Bundesparteitag am 23. Februar 2003 zugleich auch an der Spitze der Bundespartei steht.

Wiedergewählt wurden auch die beiden Stellvertreter Schills, der Hamburger Bausenator Mario Mettbach und Dirk Nockemann. Neu im Vorstand sind als Schriftführerin Jeannine Schupp, die sich in der Abstimmung gegen die bisherige Amtsinhaberin Katrin Freund durchsetzte und der Bürgerschaftsabgeordnete Christian Brandes, der Norbert Frühauf im Amt des Schatzmeisters folgt. Die Kandidatur Mario Mettbachs für den Bundesvorsitz der Partei erhielt die Unterstützung der Landespartei, allerdings spiegelte sich der Streit um seine Rolle im Landesverband (JF berichtete) im Ergebnis bei seiner Wahl in den Vorstand wider, da 25 Delegierte nicht für Mettbach votierten.

Mit Blick auf zum Teil in die Öffentlichkeit getragene parteiinterne Auseinandersetzungen übte Schill in seiner Rede harsche Kritik an "einzelnen Querulanten und Profilneurotikern, die versuchen, sich auf Kosten der Partei und der mitarbeitenden Mitglieder in der Presse zu profilieren".

Schill verteidigte seine Überlegungen zum Einsatz von Narkosegas bei möglichen terroristischen Geiselnahmen wie im Moskauer Musical-Theater. Es sei wichtig, Gefahren zu antizipieren und alle Möglichkeiten des Schutzes unschuldiger Opfer zu erwägen. Er nannte die Kritik an seinen Vorschlägen durch die Opposition "schlicht überzogen und durchsichtig, aber inhaltlich haltlos". Schill hatte während eines Kamingesprächs auf der Bremer Innenministerkonferenz im vertraulichen Kreis angeregt, den Einsatz von Narkosemitteln bei gleichzeitiger Forschung an Gegenmitteln zu überdenken. Hessens Innenminister Volker Bouffier (CDU) wies die darob entstandene Entrüstung zurück, indem er bestätigte, daß dies in vertraulicher Runde und von Schill "in Frageform" vorgetragen worden sei.

Tatsächlich wird auch hierzulande Tränen- oder Reizgas von der Polizei und Spezialeinheiten (wie die GSG 9) eingesetzt . Auch Hamburgs Regierungschef Ole von Beust stellte sich hinter Schill: Es sei die Pflicht jedes politisch Verantwortlichen, sich über den Schutz vor Gefahren solcher Terroranschläge Gedanken zu machen. Schill selbst wies solche "Denkverbote" zurück und forderte seine Kritiker auf, ihm zu beantworten, "wie in Moskau hätte vorgegangen werden können, um noch mehr Tote zu verhindern".

Schills Parteikollege und Hamburger Gesundheitssenator Peter Rehaag wies die Pauschalkritik als "Zeichen der Hilflosigkeit" und weiteren "Versuch, Schill zu demontieren" zurück. Zweifel am Vorschlag des Innensenators äußerte dagegen der Vorsitzende der Schill-Partei Mecklenburg-Vorpommern, Helmut Schmidt. Gegenüber dem Norddeutschen Rundfunk meinte der Arzt Schmidt, angesichts der anstehenden Landtagswahlen in Hessen und Niedersachsen schade dieser Vorschlag Schills der Partei mehr als er nütze.


 
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