© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    52/02 20. Dezember 2002 / 01/03 27. Dezember 2002


Ärztestreik
von Bernd-Thomas Ramb

Der Streit zwischen den Kassenärzten und der Politik wirkt sich nun direkt auf die Patienten aus. Sie müssen damit rechnen, daß ihre Hausärzte verschiebbare Behandlungen in den Januar verlegen oder kurzfristig die Praxis ganz schließen. Dazu hatte die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) geraten. Der Aufruf zum "Dienst nach Vorschrift" ist das vorerst schärfste Mittel, um auf den Notstand hinzuweisen, den die von Bundesgesundheitsministerin Schmidt verordnete "Deckelung" der Leistungen verursacht. Die Zeiten sind vorbei, in denen es die Ärzte bei plakativen Warnungen in ihren Praxen beließen. Die KBV kündigt sogar ein "Lahmlegen des Gesundheitswesens" an, wenn die Politiker keine sachgerechte Lösung des Kostenproblems präsentieren. Natürlich können und dürfen Ärzte auf Grund ihres hippokratischen Eides nicht in einen Streik treten, der eine Hilfe bei Kranken verhindert.

Insofern ist ein "Ärztestreik" ein Widerspruch in sich. Andererseits gibt es eine breite Grauzone - nicht zuletzt wegen der Totalbehandlungsmaxime der Gesetzlichen Krankenversicherung mit dem Ergebnis einer Vollkaskomentalität, nach der jedes Wehwehchen Anspruch auf Spezialistenbehandlung hat, ohne daß der Versicherte deswegen finanziell zusätzlich belästigt wird. Da hinein begibt sich die Ärzteschaft - mit der gefährlichen Aussicht, damit Patienten zu verlieren. Andererseits geht selbst der hippokratische Eid nicht so weit, daß der Arzt damit auch seine wirtschaftliche Existenz aufs Spiel setzt.


 
Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen