© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    03/03 10. Januar 2003

 
Frisch gepresst

Hereros. Eines der schwärzesten Kapitel deutscher Kolonialgeschichte dürfte der Krieg von 1904 gegen die Herero im damaligen Deutsch-Südwestafrika darstellen. Dabei mußte dieser afrikanische Stamm durch Kampfhandlungen gegen die unter dem Befehl von Lothar v.Trotha kämpfende deutsche Schutztruppe und der darauf folgenden Abdrängung in die wasserlose Kalahari so viele Opfer beklagen, daß sich sogar die demographische Struktur der Herero veränderte. Im Jahre 2001 reichten im US-District of Columbia Washington Herero-Vertreter eine Sammelklage auf Wiedergutmachung von zwei Milliarden Dollar gegen die Rechtsnachfolger damaliger Unternehmen in der größten deutschen Kolonie und die Bundesregierung in Rechtsvertretung des Deutschen Reiches ein. Der Wuppertaler Kolonialhistoriker August Wilhelm Steffan bietet in seinen "Befunden und Berichten zur deutschen Kolonialgeschichte" erstmals die komplette Klageschrift mit Übersetzung an. Auch die rechtlichen Reflexionen einer Schadensersatzklage nach vier Generationen sowie die Beleuchtung historischer Aspekte in der Klagebegründung reichern das Heft 4 der Schriftenreihe zu einer profunden, komprimierten Übersicht an (Klage wegen Völkermordes gegen die Bundesrepublik. AW Steffan, Postfach 23 01 04, 42391 Wuppertal, 110 Seiten, 15 Euro).

Naturkonservativ. Bereits zum dritten Mal gibt die Herbert-Gruhl-Gesellschaft ihre Schriftenreihe heraus, deren Jahrbuch 2003 mit den gewohnten Schwerpunktthemen nun vorliegt. Neben aktuellen Aufsätzen über naturpolitische Themen wie die Schlüsse aus dem "Jahrhundert-Hochwasser" oder den gefährlichen Atomprojekten im Osten Europas finden auch "typisch konservative" Positionen wie Lebensschutz ihren ausreichenden Platz. Hervorzuheben sind die Beiträge über die Ressourcenverknappung, die in direktem Zusammenhang mit der geopolitischen Gegenwart, insbesondere den Konflikten um die Öl- und Gasvorkommen um das Kaspische Meer und dem Krieg in Afghanistan stehen (Volker Kempf, Heinz-Siegfried Strelow (Hrsg.): Naturkonservativ heute. Verlag Die blaue Eule, Essen 2003, 172 Seiten, 22 Euro).

Irrweg Globalisierung. Entgegen vieler larmoyanter Zeitgenossen, die die Globalisierung wegen ihrer vielen negativen Begleiterscheinungen beklagen, aber für unsere heutige Welt der Mobilität, der Vernetzung und zerbrechenden Strukturen keinen Gegenentwurf (außer einer Tobin-Steuer) präsentieren, werden von Manfred Julius Müller zumindest einige zukunftsweisende Gedanken angeregt. Seine Kapitalismuskritik erinnert jedoch teilweise an die sozialistische Mottenkiste (Anti-Globalisierung. Zurück zur Vernunft. Books on demand, Norderstedt 2002, 96 Seiten, 8,90 Euro).


 
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