© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    06/03 31. Januar 2003

 
Die Rebe trägt überall Früchte
Dokumentation: Auszüge aus der Note Joseph Kardinal Ratzingers, Chef der Kongregation für die Glaubenslehre, über Katholiken im politischen Leben

Der Einsatz des Christen in der Welt hat in der 2000jährigen Geschichte verschiedene Ausdrucksweisen und Wege gefunden. Einer davon ist die aktive Teilnahme in der Politik. (...)

Die gegenwärtigen demokratischen Gesellschaften, in denen lobenswerterweise alle an der Gestaltung des Gemeinwesens in einem Klima wahrer Freiheit teilhaben, fordern neue und weitgehendere Formen der Beteiligung der Bürger - Christen wie Nichtchristen - am öffentlichen Leben. In der Tat können alle durch ihre Stimme zur Wahl der Gesetzgeber und der Regierung und, auch auf andere Weisen, zur Bildung der politischen Einstellungen und der gesetzlichen Entscheidungen beitragen, die ihrer Ansicht nach am besten dem Gemeinwohl dienen. Das Leben in einem demokratischen System könnte sich nicht gut entfalten ohne die aktive, verantwortliche und großzügige Beteiligung aller, "wenn auch in verschiedenartigen, komplementären Formen, Ebenen, Aufgaben und Verantwortungen".

Indem die gläubigen Laien - "geführt vom christlichen Gewissen" und im Einklang mit den damit übereinstimmenden Werten - die allgemeinen politischen Pflichten erfüllen, üben sie auch die ihnen eigene Aufgabe aus, die zeitliche Ordnung christlich zu beseelen. Dabei haben sie das Wesen und die legitime Autonomie der zeitlichen Ordnung zu respektieren und mit den anderen Bürgern gemäß ihrer spezifischen Kompetenz und in eigener Verantwortung zusammenzuarbeiten.

In Folge dieser grundlegenden Lehre des Zweiten Vatikanischen Konzils "können die Laien nicht darauf verzichten, sich in die 'Politik' einzuschalten, das heißt in die vielfältigen und verschiedenen Initiativen auf wirtschaftlicher, sozialer, gesetzgebender, verwaltungsmäßiger und kultureller Ebene, die der organischen und institutionellen Förderung des Gemeinwohls dienen". Dies beinhaltet die Förderung und Verteidigung von Gütern wie öffentliche Ordnung und Frieden, Freiheit und Gleichheit, Achtung des menschlichen Lebens und der Umwelt, Gerechtigkeit, Solidarität, usw.

Die vorliegende Note beansprucht nicht, die gesamte Lehre der Kirche zu diesem Thema vorzulegen, die in ihren wesentlichen Linien im Katechismus der Katholischen Kirche zusammengefaßt ist. Sie möchte nur einige dem christlichen Gewissen eigene Prinzipien in Erinnerung rufen, die den sozialen und politischen Einsatz der Katholiken in den demokratischen Gesellschaften inspirieren. Bei den sich oft überstürzenden Ereignissen der letzten Zeit traten nämlich zweideutige Auffassungen und bedenkliche Positionen zutage, so daß eine Klärung wichtiger Aspekte und Dimensionen dieses Themas angebracht erscheint.

Verfall und Auflösung des natürlichen Sittengesetzes

2. (...) Heute kann man einen gewissen kulturellen Pluralismus feststellen, der mit der Theorie und Verteidigung des ethischen Pluralismus deutliche Zeichen an sich trägt, die den Verfall und die Auflösung der Vernunft und der Prinzipien des natürlichen Sittengesetzes anzeigen. Infolge dieser Tendenz ist es leider nicht unüblich, daß in öffentlichen Erklärungen behauptet wird, der ethische Pluralismus sei die Bedingung für die Demokratie. So kommt es, daß die Bürger einerseits für ihre eigenen moralischen Entscheidungen die totale Autonomie einfordern und die Gesetzgeber andererseits meinen, diese Entscheidungsfreiheit zu respektieren, wenn sie Gesetze beschließen, die von den Prinzipien der natürlichen Ethik absehen und kulturellen oder moralischen Einstellungen nachgeben, die mehr oder weniger in Mode sind, als ob alle möglichen Auffassungen über das Leben den gleichen Wert hätten.

Zugleich wird mit irrtümlicher Berufung auf den Wert der Toleranz von einem guten Teil der Bürger - auch von den Katholiken - gefordert, darauf zu verzichten, am sozialen und politischen Leben der eigenen Länder gemäß der Auffassung über die Person und das Gemeinwohl mitzuwirken, die sie als menschlich wahr und gerecht ansehen und die sie durch die legitimen Mittel umsetzen möchten, welche die demokratische Rechtsordnung allen Mitgliedern der politischen Gemeinschaft in gleicher Weise zur Verfügung stellt. Die Geschichte des 20. Jahrhunderts zeigt hinreichend, daß jene Bürger Recht haben, die die relativistische These für vollkommen falsch halten, nach der es keine moralische Norm gibt, die in der Natur des Menschseins selbst wurzelt und der jede Auffassung vom Menschen, vom Gemeinwohl und vom Staat zu unterwerfen ist.

3. Diese relativistische Auffassung des Pluralismus hat nichts gemein mit der legitimen Freiheit der katholischen Bürger, unter den politischen Meinungen, die mit dem Glauben und dem natürlichen Sittengesetz vereinbar sind, jene auszuwählen, die gemäß dem eigenen Urteil den Erfordernissen des Gemeinwohls besser gerecht wird. Die politische Freiheit gründet mitnichten in der relativistischen Idee, gemäß der alle Auffassungen über das Wohl des Menschen dieselbe Wahrheit und denselben Wert besitzen, sondern in dem Umstand, daß die politischen Aktivitäten von Fall zu Fall auf die ganz konkrete Verwirklichung des menschlichen und sozialen Wohles hinzielen, und zwar in einem genau umschriebenen geschichtlichen, geographischen, ökonomischen, technologischen und kulturellen Zusammenhang.

Von der konkreten Verwirklichung und den verschiedenen Umständen hängen im allgemeinen die unterschiedlichen Einstellungen und Lösungen ab, die allerdings moralisch annehmbar sein müssen. Es ist nicht Aufgabe der Kirche, konkrete Lösungen - oder gar ausschließliche Lösungen - für zeitliche Fragen zu entwickeln, die Gott dem freien und verantwortlichen Urteil eines jeden überlassen hat. Es ist freilich Recht und Pflicht der Kirche, moralische Urteile über zeitliche Angelegenheiten zu fällen, wenn dies vom Glauben und vom Sittengesetz gefordert ist. Der Christ ist gehalten, "berechtigte Meinungsverschiedenheiten in Fragen der Ordnung irdischer Dinge" anzuerkennen. Zugleich ist er gerufen, sich von einer Auffassung des Pluralismus im Sinn eines moralischen Relativismus zu distanzieren, die für das demokratische Leben selbst schädlich ist. Dieses braucht wahre und solide Fundamente, das heißt ethische Prinzipien, die aufgrund ihrer Natur und ihrer Rolle als Grundlage des sozialen Lebens nicht "verhandelbar" sind.

Auf der Ebene der konkreten politischen Auseinandersetzung muß man beachten, daß einige Entscheidungen in sozialen Fragen kontingenten Charakter haben, daß moralisch oft unterschiedliche konkrete Strategien möglich sind, um denselben Grundwert zu verwirklichen oder zu garantieren, daß einige politische Grundprinzipien auf verschiedene Weise interpretiert werden können und daß ein guter Teil der politischen Fragestellungen komplexer Natur sind. Dies erklärt, weshalb es im allgemeinen mehrere Parteien gibt, in denen die Katholiken aktiv mitarbeiten können, um - insbesondere durch die parlamentarische Vertretung - ihr Recht und ihre Pflicht beim Aufbau der Gesellschaft ihres Landes auszuüben.

Achtung und Schutz des Menschenrechts auf Leben

Diese offenkundige Feststellung darf allerdings nicht verwechselt werden mit einem unterschiedslosen Pluralismus in der Wahl der moralischen Prinzipien und Grundwerte, auf die Bezug genommen wird. Die legitime Vielfalt der zeitlichen Optionen läßt den Mutterboden unversehrt, aus dem der Einsatz der Katholiken in der Politik kommt, und dieser bezieht sich direkt auf die christliche Moral- und Soziallehre. Mit dieser Lehre müssen sich die katholischen Laien immer auseinandersetzen, um Sicherheit darüber zu haben, daß ihre eigene Mitwirkung am politischen Leben von einer kohärenten Verantwortung für die zeitlichen Dinge geprägt ist.

Die Kirche ist sich bewußt, daß der Weg der Demokratie einerseits die direkte Mitwirkung der Bürger an den politischen Entscheidungen am besten zum Ausdruck bringt, andererseits aber nur in dem Maß möglich ist, in dem er ein richtiges Verständnis über die Person zur Grundlage hat. Der Einsatz der Katholiken kann bezüglich dieses Prinzips keinem Kompromiß nachgeben, denn sonst würden das Zeugnis des christlichen Glaubens in der Welt und die innere Einheit und Kohärenz der Gläubigen selbst aufgegeben. Die demokratische Struktur, auf die sich der moderne Staat aufbaut, wäre ziemlich schwach, wenn sie nicht die zentrale Bedeutung der Person zu ihrem Fundament machen würde. Es ist in der Tat die Achtung vor der Person, die die demokratische Teilnahme ermöglicht. Das Zweite Vatikanische Konzil lehrt, daß "der Schutz der Personenrechte die notwendige Bedingung dafür ist, daß die Bürger einzeln oder im Verbund am Leben und an der Leitung des Staates tätig Anteil nehmen können".

4. Davon ausgehend gibt es ein komplexes Netz von aktuellen Problemen, die nicht mit den Fragestellungen vergangener Jahrhunderte verglichen werden können. Wissenschaftliche Errungenschaften haben es nämlich ermöglicht, Ziele zu erreichen, die das Gewissen der Menschen erschüttern und die Lösungen verlangen, welche die ethischen Prinzipien in kohärenter und vollständiger Weise respektieren. Ohne die Folgen für das Leben und die Zukunft der Völker in der Formung der Kultur und der sozialen Verhaltensweisen zu beachten, gibt es in der Gesetzgebung Versuche, die Unantastbarkeit des menschlichen Lebens zu verletzen.

In dieser schwierigen Lage haben die Katholiken das Recht und die Pflicht einzugreifen, um den tiefsten Sinn des Lebens und die Verantwortung, die alle dafür besitzen, in Erinnerung zu rufen. In Kontinuität der beständigen Lehre der Kirche hat Johannes Paul II. mehrmals unterstrichen, daß jene, die direkt in den gesetzgebenden Versammlungen tätig sind, die "klare Verpflichtung" haben, sich jedem Gesetz zu widersetzen, das ein Angriff auf das menschliche Leben ist. Für sie, wie für jeden Katholiken, ist es nicht erlaubt, sich an einer Meinungskampagne für solche Gesetze zu beteiligen oder sie mit der eigenen Stimme zu unterstützen. Das hindert nicht daran - wie Johannes Paul II. in der Enzyklika Evangelium vitae für den Fall lehrte, in dem eine vollständige Abwendung oder Aufhebung eines bereits geltenden oder zur Abstimmung gestellten Abtreibungsgesetzes nicht möglich wäre -, "daß es einem Abgeordneten, dessen persönlicher absoluter Widerstand gegen die Abtreibung klargestellt und allen bekannt wäre, gestattet sein könnte, Gesetzesvorschläge zu unterstützen, die die Schadensbegrenzung eines solchen Gesetzes zum Ziel haben und die negativen Auswirkungen auf das Gebiet der Kultur und der öffentlichen Moral vermindern".

In diesem Zusammenhang muß hinzugefügt werden, daß das gut gebildete christliche Gewissen niemandem gestattet, mit der eigenen Stimme die Umsetzung eines politischen Programms zu unterstützen, in dem die grundlegenden Inhalte des Glaubens und der Moral durch alternative oder diesen Inhalten widersprechende Vorschläge umgestoßen werden. Weil der Glaube eine untrennbare Einheit bildet, ist es nicht möglich, auch nur einen seiner Inhalte herauszulösen, ohne der ganzen katholischen Lehre zu schaden. Der politische Einsatz für einen isolierten Aspekt der Soziallehre der Kirche würde der Verantwortung für das Gemeinwohl nicht gerecht. Auch darf der Katholik nicht meinen, anderen die christliche Verpflichtung überlassen zu können, die ihm durch das Evangelium Jesu Christi zukommt, damit die Wahrheit über den Menschen und die Welt verkündet und verwirklicht werde.

Wenn die politische Tätigkeit mit moralischen Prinzipien konfrontiert wird, die keine Abweichungen, Ausnahmen oder Kompromisse irgendwelcher Art zulassen, dann ist der Einsatz der Katholiken deutlicher sichtbar und mit größerer Verantwortung verbunden. Geht es um diese grundlegenden, unaufgebbaren ethischen Forderungen, müssen die Gläubigen wissen, daß der Kern der moralischen Ordnung auf dem Spiel steht, der das Gesamtwohl der Person betrifft. Dies ist der Fall bei den zivilen Gesetzen im Bereich der Abtreibung und der Euthanasie (nicht zu verwechseln mit dem Verzicht auf therapeutischen Übereifer, der - auch moralisch - erlaubt ist), die das vorrangige Recht des Menschen auf Leben von seiner Empfängnis bis zu seinem natürlichen Ende schützen müssen. In gleicher Weise ist an die Pflicht zu erinnern, die Rechte des menschlichen Embryos zu achten und zu verteidigen.

In analoger Weise muß der Schutz und die Förderung der Familie gewährleistet werden, die auf der mongamen Ehe zwischen Personen verschiedenen Geschlechts gründet und die in ihrer Einheit und Stabilität gegenüber den modernen Gesetzen über die Ehescheidung zu schützen ist.

Die Freiheit der Erziehung ist ein unaufgebbares Recht

Andere Formen des Zusammenlebens können der Familie in keiner Weise rechtlich gleichgestellt werden noch als solche eine gesetzliche Anerkennung erhalten. Auch die Freiheit der Eltern in der Erziehung ihrer eigenen Kinder ist ein unaufgebbares Recht, das zudem von den internationalen Erklärungen der Menschenrechte anerkannt ist. In gleicher Weise muß an den sozialen Schutz der Minderjährigen und an die Befreiung der Opfer von den modernen Formen der Sklaverei (zum Beispiel der Droge oder der Ausnützung durch die Prostitution) gedacht werden.

Nicht fehlen darf in dieser Aufzählung das Recht auf Religionsfreiheit sowie die Entwicklung einer Wirtschaftsordnung, die im Dienst der Person und des Gemeinwohls steht und die soziale Gerechtigkeit und die Prinzipien der menschlichen Solidarität und der Subsidiarität beachtet, gemäß denen "die Rechte aller Personen, Familien und gesellschaftlichen Gruppen und deren Ausübung anerkannt werden sollen".

Schließlich ist unter diesen Beispielen das große Thema des Friedens zu nennen. Eine irenische und ideologische Sichtweise neigt manchmal dazu, den Wert des Friedens zu säkularisieren, während man sich in anderen Fällen mit einem zusammenfassenden ethischen Urteil begnügt und die Komplexität der in Frage stehenden Ursachen vergißt. Der Friede ist immer "das Werk der Gerechtigkeit und die Wirkung der Liebe". Er verlangt, daß Gewalt und Terrorismus radikal und absolut zurückgewiesen werden. Er fordert den beständigen und wachsamen Einsatz jener, die in der Politik Verantwortung tragen.

5. In Anbetracht dieser Problemkreise kann man zwar mit Recht daran denken, unterschiedliche Vorgangsweisen anzuwenden, die verschiedene Sensibilitäten und Kulturen widerspiegeln. Es ist jedoch keinem Gläubigen gestattet, sich auf das Prinzip des Pluralismus und der Autonomie der Laien in der Politik zu berufen, um Lösungen zu begünstigen, die den Schutz der grundlegenden ethischen Forderungen für das Gemeinwohl der Gesellschaft kompromittieren oder schwächen. Es handelt sich dabei nicht um "konfessionelle Werte", denn diese ethischen Forderungen wurzeln im menschlichen Wesen und gehören zum natürlichen Sittengesetz. (...)

Ohne Wahrheit kann es keine Freiheit geben

Mit seinen Verlautbarungen in diesem Bereich will das Lehramt der Kirche weder politische Macht ausüben noch die freie Meinungsäußerung der Katholiken über kontingente Fragen einschränken. Es beabsichtigt jedoch - entsprechend der ihm eigenen Aufgabe -, das Gewissen der Gläubigen zu unterweisen und zu erleuchten, und zwar vor allem jener, die sich im politischen Leben einsetzen, damit ihr Handeln immer der umfassenden Förderung der Person und des Gemeinwohls dient.

Die Soziallehre der Kirche stellt keine Einmischung in die Regierung der einzelnen Länder dar. Aber sie beinhaltet für die gläubigen Laien gewiß eine moralische Verpflichtung zu einem kohärenten Leben, die ihrem Gewissen innewohnt, welches einzig und unteilbar ist. "Sie können keine Parallelexistenz führen: auf der einen Seite das 'spirituelle' Leben mit seinen Werten und Forderungen und auf der anderen Seite das 'welthafte' Leben, das heißt das Familienleben, das Leben in der Arbeit, in den sozialen Beziehungen, im politischen Engagement und in der Kultur. Die Rebe, die im Weinstock Christi verwurzelt ist, trägt in allen Bereichen ihres Wirkens und Lebens Früchte. Alle Lebensbereiche der Laien sind im Plan Gottes inbegriffen. Er will, daß sie der geschichtliche Ort der Offenbarung und Verwirklichung der Liebe Jesu Christi zur Ehre des Vaters und im Dienst der Brüder und Schwestern werden. Jedes Tun, jede Situation, jede konkrete Verpflichtung - wie zum Beispiel die Kompetenz und die Solidarität in der Arbeit, die Liebe und Hingabe in der Familie und in der Erziehung der Kinder, der soziale und politische Dienst, das Künden der Wahrheit auf dem Gebiet der Kultur - bieten hervorragende Gelegenheiten für einen ständigen Vollzug von Glaube, Hoffnung und Liebe". (...)

7. In jüngerer Zeit ist es gelegentlich vorgekommen, daß - auch innerhalb einiger Vereinigungen und Organisationen katholischer Prägung - Positionen zugunsten politischer Kräfte und Bewegungen vertreten wurden, die in grundlegenden ethischen Fragen von der Moral- und Soziallehre der Kirche abweichen. Solche Einstellungen und Verhaltensweisen widersprechen grundlegenden Prinzipien des christlichen Gewissens und sind nicht mit der Zugehörigkeit zu Vereinigungen und Organisationen vereinbar, die sich katholisch nennen. (...) Der Glaube an Jesus Christus, der sich selbst "der Weg und die Wahrheit und das Leben" (Joh 14,6) genannt hat, verlangt von den Christen, daß sie mit vermehrtem Einsatz den Aufbau einer Kultur vorantreiben, die, ausgerichtet am Evangelium, den Reichtum der Werte und Inhalte der katholischen Tradition neu darlegt. Die Frucht des geistlichen, intellektuellen und moralischen Erbes des Katholizismus in modernen kulturellen Ausdrucksweisen vorzutragen, ist heute notwendig und drängend und darf nicht aufgeschoben werden, auch um die Gefahr einer kulturellen Diaspora der Katholiken zu vermeiden. (...)

Zugleich lehrt die Kirche, daß es ohne die Wahrheit keine wahre Freiheit gibt. "Wahrheit und Freiheit verbinden sich entweder miteinander oder sie gehen gemeinsam elend zugrunde", hat Johannes Paul II. geschrieben. In einer Gesellschaft, in der man die Wahrheit nicht verkündet und nicht danach strebt, sie zu erlangen, wird auch jede Form echter Freiheitsausübung beseitigt und der Weg zu einem Libertinismus und Individualismus eröffnet, der dem Wohl der Person und der ganzen Gesellschaft schadet. (...)

Foto: Joseph Kardinal Ratziger: Es braucht ethische Prinzipien, die aufgrund ihrer Natur nicht verhandelbar sind

Der vollständige Text dieser Note wurde am 16. Januar 2003 in Rom veröffentlicht. Er ist im Internet unter www.vatican.va  abrufbar.


 
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