© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    07/03 07. Februar 2003

 
Meldungen

Provenienzforschung: Auf der Spur der Bilder

WIEN. Mit der Klage, daß "populäre Publikationen" und nicht seriöse wissenschaftliche Forschung die Diskussion über den "NS-Kunstraub" in Österreich beherrschen, beginnt Robert Holzbauer, Mitarbeiter im Archiv des Wiener Bundesdenkmalamtes, seinen Überblick zum Thema (Österreich in Geschichte und Literatur, 3/02). Trotzdem kann auch Holzbauer in seinem nüchternen Referat über Methoden, Organisationen und "Täter" des "NS-Kunstraubs" nicht der Versuchung widerstehen, populäre Vorurteile zu bedienen. So bindet er die nationalsozialistische Kunstpolitik in eine Ideologie der Restitution ein, mit der man etwa 1940 die Rückführung der napoleonischen Kriegsbeute gerechtfertigt habe. Dies sei keine "genuine" NS-Politik gewesen, sondern weise auf schlimme preußische Vorläufer. Holzbauer scheint dabei ganz zu übersehen, daß auf preußisch-deutscher Seite nur zurückgefordert werden konnte, was zuvor geraubt worden war. Dies anzusprechen, hätte freilich die Kunstpolitik im Dritten Reich in einen europäischen Kontext gestellt und moralisch "relativiert". Das kann nicht Holzbauers Interesse sein, der sich deswegen auf die Enteignungspraxis in der "Ostmark" konzentriert, um abschließend zu beklagen, daß die österreichische "Kommission für Provenienzforschung", die die "Spur der Bilder" verfolgen soll, personell und sachlich zu schlecht ausgestattet sei. Erst 600 bis 700 Objekte seien daher zurückgegeben worden.

 

EU-Verfassung: Weg in die Krise

TÜBINGEN. Hinter den Kulissen des gegenwärtig so stark beachteten Schauspiels um die "Europäische Verfassung" gehe der Prozeß der "Entdemokratisie-rung", Entparlamentarisierung und der stillschweigenden Auflösung der nationalen Ver-fassungs- und Rechtsstaatlichkeit durch ein sich unaufhörlich ausbreitendes europäisches Büro-kratieregime" ungehindert weiter. In dieser bei deutschen Staatsrechtlern nur noch selten zu hörenden klaren Sprache beschreibt Heinrich Rupp (Johannes Gutenberg-Universität Mainz) die Kehrseite der auch bei seinen Kollegen grassierenden "EU-Euphorie" (Juristen-Zeitung, 1/03). Der demokratisch nicht legitimierte Brüsseler Zentralismus habe seine Kompetenzen auf sechzig bis achtzig Prozent der nationalen Rechtsmaterie erweitert und maße sich vor allem durch "Überdehnung" der Harmonisierungsklausel des EG-Vertrages zahlreiche Befugnisse an. Mit Widerstand brauche Brüssel vor allem in Deutschland nicht zu rechnen, wo die demokratische Potenz des Na-tionalstaates aufgrund des "herrschenden Affekts gegen alles Nationale" und der Illusion über die "das Nationale irgendwie erset-zende(n) multikulturelle(n) und multiethische(n) europäische(n) Bürgergesellschaft" verkannt werde. Überdies werde die demokratische und rechtsstaatliche Substanz, aus der sich Widerstand gegen Brüssel nähren könnte, durch die in Deutschland zu beobachtende Entwicklung zur Par-teienoligarchie geschwächt. Institutionelle Korrekturen des Brüsseler Expansionismus seien daher gefragt und nicht das Abenteuer, ohne ein "europäisches Volk" eine "Europäische Verfassung" zu eta-blieren, die nur "Krisen und Konflikte" auslöse.

 

Erste Sätze

Gegen Ende des Dreißigjährigen Krieges, im August 1645, wurde ein Segler, der, von Norden kommend, Kurs auf Lübeck genommen hatte, vom Sturme abgetrieben und an die pommersche Küste geworfen.

Reinhold Schneider: Der Friede der Welt, Frankfurt am Main 1956


 
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