© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    13/03 21. März 2003

 
Meldungen

Gesamtedition von Klemperers Tagebüchern

BERLIN. Die erfolgreichsten Tagebücher der neunziger Jahre sollen neu erscheinen, doch diesmal möglichst vollständig. Dabei brachten es die Aufzeichnungen des Dresdner Romanisten Victor Klemperer (1881-1960) schon in ihrer vierbändigen, von 1918 bis 1945 reichenden Fassung auf einige tausend Seiten. Jetzt werden weitere 5.000 Seiten aus dem Nachlaß vom Institut für Romanistik an der Freien Universität Berlin zur Edition vorbereitet (FU-Nachrichten, 1-2/03). Für die Realisierung des auf drei Jahre veranschlagten Projekts hat die Robert-Bosch-Stiftung eine einjährige Anschubfinanzierung übernommen. Die Deutsche Forschungsgesellschaft wird das Unternehmen bis zum Abschluß Ende 2004 unterstützen. Um nicht weitere Regalmeter freiräumen zu müssen, wird hartnäckigen Klemperer-Lesern dann das Mammutwerk auf einer DVD zur Verfügung stehen.

 

Nehrus Sicht auf den Nationalsozialismus

HAMBURG. Wenn man einmal nach langer Entwöhnung den sozialwissenschaftlichen SED-Ton genießen möchte, lese man Diethelm Weidemanns Aufsatz über "Jawaharal Nehru und der Machtantritt der Nationalsozialisten in Deutschland (1933-1935)" (asien afrika lateinamerika, 5/02). Das wichtige Thema, wie sich antikolonialistische Bewegungen zur ebenfalls mit Befreiungsrhetorik ins Werk gesetzten "nationalen Erhebung" verhielten, kleidet der Indienexperte der Berliner Humboldt-Universität in den Jargon der Honecker-Ära. Hinter dieser Suada verbirgt sich die Einsicht, daß allein Nehru bereits 1933 eine Analyse des "Faschismus" geliefert habe, die alten DDR-Erwartungen entspricht. Nehru habe den "Klassencharakter" der NS-Herrschaft erkannt und sein "Indian National Congress" sei eine der wenigen nationalen Bewegungen in Asien gewesen, die eine "klare", ablehnende Haltung zu Mussolini und Hitler eingenommen hätten.

 

Rückkehr ewiger Werte läßt auf sich warten

FREIBURG. Unter "Historismus" versteht man jene Entwicklung in den Geisteswissenschaften, die gegen Ende des 19. Jahrhunderts damit begann, die allgemeine Vergeschichtlichung menschlicher Erfahrung theoretisch zu fixieren. Da alles nur noch "geschichtlich" zu verstehen war, konnten Religion und Moral davon nicht verschont bleiben. Der Strom der Geschichte unterspülte vermeintlich "ewige Werte". Seither werden Theologen und Philosophen nicht müde, den gefährlich "relativistischen", neuerdings "postmodern" auftretenden Historismus "überwinden" zu wollen. Den jüngsten Vorschlag dazu unterbreitet Gunnar Hindrichs (Philosophisches Jahrbuch, 2/02), der glaubt, den historistischen Kontingenzzusammenhang "aufgebrochen" zu haben. Tatsächlich besteht dieses Aufbrechen in der naiven Unterstellung eines logischen Widerspruchs zwischen dem Grundprinzip des Historismus und seiner Folge. Damit "überwindet" Hindrichs die Erfahrung der Zeitlichkeit wohl kaum, so daß die Wiedergewinnung der "Ewigkeit" der Werte weiter auf sich warten läßt.

 

Erste Sätze

Wenn China Seide und andere Nationalprodukte nach dem Westen versandte, so mußten die chinesischen Frächter vor vielen Jahrhunderten an die Beherrscher der beiden Karawanenwege, die von Nordosten und Südosten im Tarimbecken zusammenliefen, in den Pässen des Pamir hohe Zölle und Abgaben entrichten.

Iwan Kirchner: Der Nahe Osten. Der Kampf um Vorderasien und Ägypten vom Mittelalter bis zur Gegenwart. Brünn/München/Wien1944


 
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