© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    13/03 21. März 2003

 
Frisch gepresst

Wissenschaft im Kriegsdienst. Der Freiburger Romanist Frank-Rutger Hausmann, soeben zum 60. Geburtstag in der FAZ für seinen Bienenfleiß gelobt, legt seine materialreiche Dokumentation über die deutschen Wissenschaftler im Dienst der NS-Regierung in zweiter, durchgesehener und erfreulich preiswerter Auflage vor. Umfangreiches Archivmaterial erschließend, stellt Hausmann die kulturpolitischen Aktivitäten jener sechzehn Deutschen Wissenschaftlichen Institute (DWI) vor, die ab 1940 in besetzten oder verbündeten europäischen Staaten gegründet und die dort, soweit es die "Feindlage" zuließ, bis in die letzten Kriegswochen hinein offen gehalten wurden. Hausmann folgt in seiner Konzeption einer steilen politisch-pädagogischen Prämisse, wonach diese Einrichtungen "unter dem Deckmantel der Wissenschaft konkrete Absichten" und "präzise Aufgaben" verfolgt hätten. Nämlich die "expansionistischen außenpolitischen Ziele Nazideutschlands zu befördern" und die "Exploration der Nachbarländer" vorzubereiten. Und die sich zu diesem Zweck auch so praxisrelevanten Aufgaben wie "Raumforschung mit dem Ziel der Umvolkung" gewidmet hätten ("Auch im Krieg schweigen die Musen nicht". Die Deutschen Wissenschaftlichen Institute im Zweiten Weltkrieg. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2003, 400 Seiten, 29,90 Euro).

Geisteswissenschaften 1933-1945. Frank-Rutger Hausmann ist ein fleißiger Mann und flankiert seine DWI-Dokumentation mit einem Sammelband von Beiträgen zur Rolle der Geisteswissenschaften im Dritten Reich, der aus einem von ihm veranstalteten Colloquium am Münchener Historischen Kolleg hervorgegangen ist. Dabei werden die einzelnen Fächer der Philosophischen Fakultät sehr ungleichgewichtig beachtet, ein Manko, das freilich dem Forschungsstand geschuldet ist. Aber auch die berücksichtigten Disziplinen spiegeln nicht immer das wider, was als gesichertes Wissen gelten muß. Hans-Joachim Dahms bleibt hier mit seinem Aufsatz über die Philosophie am weitesten zurück, Joachim Lerchenmüller und Mitchell G. Ash wärmen noch einmal auf, was sie vor Jahren bereits monographisch über die Keltologen bzw. die Psychologen in "braunen Jahren" herausgefunden haben. Auch Holger Dainat, ein Matador auf dem Gebiet der Geschichte der Germanistik, faßt, wie er vorwarnend selbst einräumt, mehr zusammen, als daß er sich auf Neuland vorwagt. Insoweit hätte Hausmann sich sogar legitimiert fühlen können, die Resultate seiner voluminösen und das Thema wohl abschließenden Monographie zur Geschichte der Romanistik hier als Kurzfassung zu präsentieren. Um Differenzierungen bemüht, gerade im Vergleich mit Karen Schönwälders marxistischem Schnellschuß gegen "Nazi-Historiker" von 1992, ist Jürgen Elverts Studie zur Geschichtswissenschaft (Die Rolle der Geisteswissenschaften im Dritten Reich 1933-1945. Oldenbourg Verlag, München 2002, 373 Seiten, 64,80 Euro).


 
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