© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    14/03 28. März 2003


Kriegsgefangen
von Josef Schüßlburner

Die Behandlung der al-Quaida und Taliban-Kämpfer aufgrund eines Status, der weder den eines Kriegsgefangenen noch eines Strafgefangenen darstellt, zeigt nicht gerade eine verläßliche Haltung der USA zum Völkerrecht. Insofern kann man ein gewisses Verständnis für die irakische Maßnahme haben, amerikanische Kriegsgefangene im staatlich kontrollierten Fernsehen als sicher nicht ganz freiwillige Interviewpartner zu präsentieren. Dies kann man noch als Appell an die USA verstehen, irakische Kämpfer nicht wie die afghanischen Kriegsgegner zu behandeln.

Völkerrecht basiert in der Tat auf der Gegenseitigkeit, auch wenn diese aus humanitären Gründen zugunsten der Kriegsgefangenen an sich außer Kraft gesetzt ist, weil sie nicht zum Gegenstand von Repressalien gemacht werden dürfen. Ein Kriegsgefangener darf auch nicht wegen Teilnahme an einem für unrechtmäßig angesehenen Krieg - und nicht nur Iraker sehen die Intervention der US-dominierten "Koalition der Willigen" als rechtswidrig an - etwa wegen Mordes zur Verantwortung gezogen werden.

Dieser Grundsatz ist aber durch die insbesondere von den Angelsachsen seit dem Versailler Vertrag betriebene Ächtung des Krieges gefährdet, weil es an sich naheliegend ist, einem gefangenen Soldaten Beihilfe zum Verbrechen eines Angriffskrieges vorzuwerfen. Die jetzt sichtbar werdende neue Weltordnung droht das Völkerrecht historisch weit zurückzuwerfen.


 
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