© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    14/03 28. März 2003

 
Klare Fronten
Naher Osten: Bushs Irak-Krieg ist im Interesse Israels
Friedrich Romig

Wir können es einfach nicht zulassen", so Präsident G. W. Bush in einer seiner letzten State of Union-Botschaften, "daß der Irak den Nahen Osten dominiert." In der Strategie der Amerikaner ist das die Aufgabe Israels, des USA-Vorpostens in dieser hochsensiblen Region. Dank der Milliardenhilfe und den Rüstungslieferungen aus den USA und Europa verfügt Israel über die viertstärkste Armee der Welt, überlegene Luftstreitkräfte, Atombomben sowie alle biologischen und chemischen Massenvernichtungswaffen, mit denen andere Staaten in Schach gehalten, diszipliniert oder durch empfindliche Militärschläge "bestraft" werden können.

Mit Ariel Sharon steht ein echter "Warrior", General und Haudegen an der Spitze Israels, der seine Ziele allem Friedens-, Humanitäts-, und Menschenrechtsgefasel zum Trotz rücksichtslos durchsetzt. Und diese Ziele decken sich mit jenen der USA: Israel soll und will eine Großmacht im Nahen Osten werden. Sein Gebiet hat sich vom Jordan bis zum Mittelmeer, im Süden bis zum Suezkanal und im Norden über die Golanhöhen hinaus zu erstrecken. Hauptstadt Israels hat das ungeteilte Jerusalem zu werden. Den Palästinensern ist der Aufenthalt in diesem Gebiet solange zu verleiden, bis sie "abwandern". Als Palästinenserstaat mit eingeschränkter Autonomie ist Jordanien zu dulden. Dort nicht unterkommene Palästinenser sind von den übrigen arabischen Staaten aufzunehmen, ihre Ansiedlung durch die USA und die EU finanziell zu unterstützen.

Der Krieg gegen den Irak ist das Schutzschild, hinter und unter dem die Pläne für Großisrael sich zügig verwirklichen lassen. Die Ablösung des "verbrecherischen Regimes" von Saddam Hussein durch eine Militärdiktatur von Amerikas Gnaden, wird zu einer engen Zusammenarbeit von Israel und dem Irak, ähnlich wie heute schon zwischen Israel und der Türkei führen. Durch diese Verbindung kann in Zukunft jede Regung islamistischer, "terroristischer" Kräfte in Saudi-Arabien, in Syrien, Ägypten oder Nordafrika niedergehalten oder mit brutalen Vergeltungsmaßnahmen beantwortet werden, die die Lust an solchen Regungen austreiben. Die Erfahrungen, welche die Israelis mit der Anwendung solcher Maßnahmen in den Palästinensergebieten seit Jahrzehnten oder durch die gelegentlichen Bombardierungen von Einrichtungen in anderen Ländern gesammelt haben, kommen ihnen dabei zu Hilfe.

Die Kontrolle über den gesamten Nahen Osten durch die US-israelische Konnexion wird den Zugriff auf die für die Energieversorgung der westlichen Welt unverzichtbaren Erdöl- und Ergasvorräte sichern. Kissinger hatte zur Zeit der Nixon-Ära mit der Bemerkung, man könne doch die Erdölversorgung der hochentwickelten Industrieländer nicht von den unzuverlässigen Arabern abhängig machen und solle sie selbst in die Hand nehmen, wohl nur ausgesprochen, was in den maßgebenden politischen Zirkeln längst gedacht und geplant wurde. Es hat bis heute seine Gültigkeit nicht verloren.

Nach der endgültigen Niederwerfung des Irak und der Festigung Groß-Israels wird die Beherrschung des Nahen Ostens es alsbald gestatten, auch das Regime der Mullahs im Iran durch eine amerika- und israelfreundliche Regierung, wie sie einst unter Schah Reza Pahlevi existierte, zu ersetzen. Mit der bereits bestehenden Besetzung Afghanistans sowie den Stationierungen von US-Truppen in Usbekistan, Turkmenistan, Tadschikistan, Kasachstan und Georgien wird Rußlands Einfluß im zentralasiatischen Raum begrenzt und der Zugang zu den Erdölvorräten um die kaspische See gesichert. Das wird naturgemäß auch den Einfluß auf die Politik Chinas und auf den südasiatischen Raum ganz wesentlich stärken.

So jedenfalls die weitgesteckten Ziele der Strategen im US-Verteidigungs- und Außenministeriums. Deren erfolgreiche Durchsetzung ist nicht im Interesse Europas (unter Führung von Frankreich und Deutschland), Rußlands und Chinas sowie der gesamten islamischen Welt. Die Vorspiele im Sicherheitsrat um den Krieg im Irak lassen die Frontbildung des Dritten Weltkrieges, der längst begonnen hat, deutlich erkennen. Obwohl "einzige Weltmacht", werden die USA ihn sowenig gewinnen wie die Sowjetunion einst die "Weltrevolution". Der Gott der Geschichte scheint die Dominanz einer einzigen Weltmacht nicht zu dulden.

 

Dr. Friedrich Romig lehrte politische Ökonomie in Wien. Graz und Aachen. Sein letztes Buch, Die Rechte der Nation, ist im Stocker-Verlag, Graz 2002, erschienen.


 
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