© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    17/03 18. April 2003

 
Leserbriefe

Zu: "Ich sehe keinen Frieden, der Haß gegen Amerika wächst", Interview mit Peter Scholl-Latour, JF 15/03

Verheerungen

Was sich mit Beginn des Irak-Krieges in das Bewußtsein der Bevölkerung eingeschlichen hat, ist verheerend. Der Glauben, daß die USA das Heil der Welt bedeuten würden, scheint sich endgültig zu verlieren. Kritiker gab es schon immer in dieser Richtung. Plötzlich ist alles anders geworden. Es kann nicht einhergehen mit der Bekundung, andere Staaten in ihrer Souveränität zu achten und zu respektieren, daß die USA, nach Belieben direkt oder indirekt verschleiert oder auch nicht, überall auf diesem Erdball den Gestaltungswillen ihres Menschheitsbildes anderen Ländern aufzwingen. Ich bin enttäuscht von den USA. Deutschland gab einst sein Einverständnis zur Remilitarisierung. Dies geschah unter der Voraussetzung, daß dadurch ein Angriffskrieg verhindert werden würde. Dem sowjetischen Expansionskurs mußte etwas Gleichwertiges an militärischem Potential entgegengesetzt werden. Den USA haben wir selbstverständlich für die Mithilfe an dem Zustandekommen der deutschen Einheit Dank zu zollen. Es kann aber nicht akzeptiert werden, wenn Freunde dieses Landes über die Köpfe der Völkergemeinschaft die Welt ins Unglück stürzen. 

Wilhelm Hörnicke, Eschborn/Taunus

 

Feiger Krieg

Der Haß auf die USA wächst, und das ist auch verständlich. Ein Krieg ist feige, grausam und hat ganz verheerende Folgen. Unschuldige Menschen werden getötet, außerdem wird die Weltwirtschaft enorm belastet. Ob sich Präsident Bush wohl darüber im klaren war, bevor er den Befehl erteilte? Jetzt hat er sich weltweite Sympathien verscherzt, das müßte ihm bewußt sein, er sollte nun Charakter zeigen und von selbst zurücktreten.

Uta Fritzsche, Mönchengladbach

 

Barbarentum

Wenn der völkerrechtswidrige Angriff auf den Irak die Meßlatte für eine Wertemarkierung darstellt, auf der die neue Weltordnung errichtet werden soll, ist zu befürchten, daß sich ein neues Barbarentum etabliert. Denn es ist unzweifelhaft, daß der religiös und moralisch überhöhte Angriffskrieg gegen den darniederliegenden Irak alle Formen der Barbarei zeitigt, und daß es hier nicht um Befreiung und Selbstbestimmung geht, sondern um geopolitische Interessen, bei der die Zerschlagung eines im Wege stehenden souveränen Staates Vorsatz ist. Die Machtlosigkeit der UNO und die derzeit herrschende Uneinigkeit der "alten Welt" sind die idealen Voraussetzungen für eine hegemoniale Weltmachtpolitik der USA, bei der der Tod von Zivilisten durch Massenbombardierungen und die Zerstörung ihrer Lebensgrundlagen in Kauf genommen werden, weil sie zu einer Strategie gehören, die die Sicherung der Machtausübung im Nahen und Mittleren Osten zum Ziel hat. Die Verbrechen der anglo-amerikanischen Allianz wiegen um so schwerer, da sie unter dem scheinheiligen Banner der "Befreiung" und unter Vorspiegelung von Werten wie "Freiheit" und "Demokratie" begangen werden.

Konrad Zimmer, Königsberg in Unterfranken

 

Nüchterne Sprache

Ich beglückwünsche Sie zu diesem Interviewpartner. Es gibt für mich nichts Erfrischenderes, als im allgemeinen Gelaber die klare, nüchterne Sprache eines Mannes zu lesen, der wirklich eine Ahnung von der Sache hat.

Harald Dittrich, Forchheim

 

 

Zur Dokumentation von Patrick Buchanan: "Ständiger Krieg für ständigen Frieden", JF 14/03

Gefährlich und hirnrissig

Er zeigt, zu welchen gefährlichen und hirnrissigen Gedankenspielen die führende Clique neokonservativer Politiker um Präsident Bush fähig ist und dokumentiert darüber hinaus anhand von zahlreichen Zitaten aus dem neokonservativen Lager, was diese Wirrköpfe im Schilde führen. Ihre kriminellen Gedankenspiele nicht zur Kenntnis zu nehmen, dürfte gefährlich sein. Der Schlüssel für "ständigen Frieden" (so dieser überhaupt erreichbar ist) kann nicht - wie diese sogenannten Neokonservativen planen - ständige Intervention bedeuten, sondern muß das Recht auf Selbstbestimmung zum Ziel haben, das, obwohl leider nie verwirklicht, immerhin von einem amerikanischen Präsidenten proklamiert wurde. Heute geht es der Bush-Administration um "Demokratisierung", und sie versteht darunter die Einsetzung von amerikahörigen Marionettenregimen. Eine fatale Entwicklung, die - wie im Zweiten Weltkrieg - von einem regionalen Konflikt schnell zu einem Weltbrand degenerieren könnte. Geht die ideologisch begründete Naivität der Amerikaner tatsächlich so weit, daß sie diese Gefahr etwa nicht realisieren?

Henning Burgwald, Kappeln

 

Fundamentale Fundstelle

In dem Artikel Buchanans wird eine Fundstelle für das fundamentale Ziel der US-Politik zitiert, alleinige militärische Supermacht auf der Welt zu bleiben. Mit Sicherheit hat die USA auch das Ziel, alles beherrschende Wirtschaftsmacht zu bleiben. Wenn Bush in vielen persönlichen Telefonaten mit den europäischen Ministerpräsidenten vor der Türkei-Entscheidung im Dezember 2002 in Kopenhagen Druck ausgeübt hat, eine Beitrittsentscheidung zugunsten der Türkei herbeizuführen, so tat er dies meines Erachtens mit dem vorrangigen Ziel, den Wirtschaftsaufsteiger Europa möglichst zu schwächen. Denn die Türkei würde aus den verschiedensten, schon vielfältig diskutierten Gründen als Sprengsatz innerhalb der EU wirken.

Hanskarl Schumacher, Hamburg

 

 

Zu: "Flächenbrand um Bagdad" von Michael Wiesberg, JF 14/03

Kriegsschäden

Es ist unzweifelhaft eine sittliche Verpflichtung - vorrangig der Staaten, die den Krieg gegen den Irak gutheißen und militärisch führen -, über humanitäre Maßnahmen und einen zukünftigen Wiederaufbau nachzudenken und diese vorzubereiten. Es ist jedoch empörend, wenn die Veranlasser der Nöte und Zerstörungen dabei schon jetzt ihre eigenen merkantilen Interessen rücksichtslos wahrnehmen, von Dritten die Mitfinanzierung erwarten und für sich alleine die Durchführung entsprechender, wirtschaftlich interessanter Maßnahmen reklamieren.

Unsere Regierung wäre gut beraten, wenn sie sich zwar angemessen beteiligen würde, jedoch vorrangig mit Sach- und Lieferleistungen, die auch unsere Wirtschaft voll einbeziehen.

Reinhold Büttner, Nürnberg

 

Aspekte

Mit zunehmender Kriegsdauer und den damit steigenden Opferzahlen sowie den von führenden Mitgliedern der US-Administration gleichzeitig immer unverhohlener vorgetragenen hegemonialen Bestrebungen der USA müßten eigentlich die Stimmen derjenigen, die den Kritikern des Angriffskriegs gegen den Irak Antiamerikanismus vorwerfen, allmählich verstummen.

So sind den Amerikanern und der von ihnen stark beeinflußten veröffentlichten Meinung die Opferzahlen auf der Gegenseite offenbar völlig egal. Schon bei dem Angriff auf Afghanistan starben vermutlich mehr Menschen als bei den Anschlägen vom 11. September 2001, davon war aber wenig zu hören oder zu sehen. Das Gleiche gilt nun für die irakischen Opfer. Auf den Titelseiten amerikanischer Magazine sieht man derzeit jedenfalls nur kämpfende oder verwundete amerikanische Soldaten. Darüber braucht man sich aber eigentlich nicht zu wundern, wenn ein Land wie die USA bis heute die Auslöschung zweier kompletter Großstädte mittels des Abwurfs von Atombomben als eine gerechtfertigte Reaktion auf den Angriff auf Pearl Harbor betrachtet.

Ein weiterer innenpolitischer Aspekt drängt sich auf: Während im Rahmen des unsäglichen "Kampfes gegen Rechts" staatlich alimentiert alle Personen, Parteien, Zeitungen und Institutionen wie Schwerverbrecher bekämpft werden, haben die Träger dieses Kampfes keine Probleme, Regierungen, die direkt verantwortlich sind für den Tod von tausenden Menschen als neue oder alte Freunde zu hofieren. 

Peter Schwabenthan, München

 

 

Zu: "Nach allen Seiten offen" von Alexander Barti, JF 14/03

Anmerkungen

Ich möchte noch anmerken, daß die katholische Kirche sich immer als eine göttliche und darum von der zeitlichen Macht unabhängige Institution verstanden hat. Jeder weltlichen Gewalt wurden bei Verfassung, Eigentum und Ordnung Schranken gesetzt. Hierfür gingen Tausende und Abertausende von Nero bis Stalin und Hitler in den Tod.

Unserer Zeit blieb es vorbehalten, durch Appeasement das Dogma von der göttlichen Stiftung aufzuweichen. Die daraus entstandene Krise ist eine Krise der Hirten. Es wäre interessant, eine ehrliche Antwort auf die Frage zu erhalten, ob die Hirten noch glauben, nur Gott allein Rechenschaft schuldig zu sein. Ein Kardinal von Galen konnte die Frage noch bejahen. Beim heutigen Episkopat kommen einem starke Zweifel, und zwar weltweit.

Hermann Kerkenbusch, Oberhausen

 

 

Zu: "Wir stehen an der Zeitenwende" von Johann Braun, JF 14/03

Menschliche Verhausschweinung

Daß mal jemand menschliches Dasein im global existierenden Mammonismus als de facto funktionales Verbrauchertum erklärt, läßt sich nachvollziehen. Es deckt sich mit dem Begriff Konrad Lorenz' von der zunehmenden Verhausschweinung des Menschen. Zweifel sind aber bei einem Satz wie diesem angebracht: "Noch ahnt man nicht, daß mit dem physischen Kollabieren eines Volkes auch die letzten Reste eines Wertesystems zusammenbrechen, das ihm einmal zur Grundlage gedient hat. " Hier wird doch offensichtlich die Welt auf den Kopf gestellt. Weil das Wertesystem zusammengebrochen, kaputtgemacht worden ist, kollabiert die Reproduktionsrate, geht das Volk den Bach hinunter. Konrad Lorenz weist darauf hin, daß am Anfang des Verfalls die Ethik, die moralischen Wertvorstellungen eines Volkes eingeschmolzen werden. Im nächsten Stadium folgen die sozialen Überlieferungen, unsere kulturellen Traditionen. Danach geht es dann ans Eingemachte, nämlich die in Jahrtausenden erworbenen und immer wieder vererbten sozialen Instinkte. Anläßlich des hundertsten Geburtstags des Philosophen Gadamer griff Pankraz in der JF dessen Bedauern über den Verlust der Mütterlichkeit in einer brillanten Kolumne auf. Beide, Pankraz wie Gadamer trieb offensichtlich die Sorge um, daß da, wo die "westliche Wertegemeinschaft" tobt, das Leitbild besagter Mütterlichkeit zu den Attributen einer Art Barbiepuppe verludert. Kein Wunder, daß unter solchen Voraussetzungen alle von Statistikern, Juristen, soziologischen, ökonomischen und politologischen Schlaumeiern ins Spiel gebrachten Programme zur Hebung der Reproduktionsrate unseres (Rest)-Volks verpuffen.

Otto Foedtke, Aschaffenburg

 

 

Zu: "Der Harem und sein Guru", Interview mit Rainer Langhans, JF 14/03

Uninteressant

Als ich das las, versuchte ich herauszubekommen, wieviele Kinder diese fünf Frauen denn hätten. Elf Kinder bei fünf Frauen wären dabei nicht viel, sondern nur das volkserhaltende Minimum.

Im Langhanschen Harem ist aber von Kindern keine Rede. Diese Ideen werden also mit diesen Personen wieder von der Bildfläche verschwinden, und das von ganz allein. Was also soll daran interessant sein? 

Volkmar Weiss, Leipzig 

 

 

Zu: "Einer, der niemals aufgibt" von Ronald Gläser, JF 13/03

Kein Vorreiter

Es ist nie so gewesen, daß Jürgen W. Möllemann als ein Vertreter oder gar als der Vorreiter der freiheitlichen Strömung, wahrgenommen wurde.

Die freiheitlichen Kräfte in der FDP haben stets eine kritische Distanz zu Möllemann gehalten. Seine letzten Aktionen um das Projekt 18, die Emanzipation von der "Klientelpartei" FDP und dem berechtigten Brechen von "politisch korrekten" Tabus, wurden Möllemann sicherlich hoch angeschrieben. Ich finde zu Recht. Der Austritt Möllemanns aus der FDP ist daher ein großer Verlust. Die jüngsten Versuche Westerwelles in das Medieninteresse zu kommen, sind schwer zu ertragen. Die FDP verkommt derzeit zur Lachnummer. Langfristig wird sich dies negativ auf die Entwicklung und die Wahlergebnisse der FDP auswirken.

Eine neue Möllemann-Partei ist keine Lösung. Eine Abspaltung von der FDP ist nie erfolgreich gewesen. Der ehrenwerte Versuch des BFB (Bund Freier Bürger) belegt dies.

Daniel Hallerbach, Niederkassel

 

 

Zu: "Mit Gebrüll auf die Kleinen" von Andreas Wild, JF 13/03

Deutliche Plutokratie

In zwei Punkten bringt der französische Historiker Todd nichts Neues. Den Niedergang der USA hatte vor ihm schon der US-Politiker John Kenneth Galbraith in seinem Buch "The Affluent Society" (1985) vorausgesehen. Auch die Verwandlung der US-Demokratie in eine "Herrschaft finanz- und medienträchtiger Cliquen" hatte unter anderen schon der Abgeordnete und Präsidentschaftskandidat Bob La Follette erkannt und mutig bekämpft, was ihm lebenslange Diskriminierung und Mordanschläge einbrachte. Das Zweiparteiensystem war eine Farce angesichts des Fehlens echter Unterschiede zwischen den beiden machtvollen Parteien, so daß die USA in Wirklichkeit eine Einparteiendiktatur waren unter der Herrschaft der korrupten Finanz- und Wirtschaftsmacht, die die Wahlkämpfe von Präsidenten finanziert und sie somit abhängig macht.

Besonders deutlich wurde die Herrschaft der Plutokratie im Ersten Weltkrieg, als das amerikanische Kapital- vor allem Rockefeller und Morgan, trotz angeblicher US-Neutralität den Feldzug der Alliierten finanzierte und schließlich gegen den Volkswillen zum Kriegseintritt drängte, um den Verlust der Investitionen im Falle eines deutschen Sieges oder Pattfriedens zu retten.

Friedrich Karl Pohl, Lüneburg

 

 

Zu: "Die Rechte der Völker" von Martin Pfeiffer, JF 13/03

Vorteil Bomberwaffe

Ich kann mir nicht vorstellen, daß der Völkerrechtler de Zayas, mit dem ich schon in zwei Büchern zusammengewirkt habe, wirklich das gesagt hat, was Pfeiffer über ihn schreibt. Möglicherweise hat Herr Pfeiffer das über den taktischen Luftkrieg von Herrn Zayas Gesagte mit dem über den strategischen verwechselt. Nur für den taktischen Luftkrieg, daß heißt für die Unterstützung der Erdtruppen innerhalb der Gefechtszone eingesetzten Luftstreitkräften gilt die Haager Landkriegsordnung von 1907, aber auch nur soweit sie für Luftoperationen von den einzelnen Ländern anerkannt ist. Noch 1958 wird im britischen "Manual of Military Law" betont, daß die Regeln der Landkriegführung für Luftstreitkräfte nur dann gelten, wenn diese in der Landkriegführung eingesetzt sind. Für den strategischen Luftkrieg, um den es in dem Artikel offenbar geht, gelten diese Regeln nicht ohne weiteres. Trotz vielversprechender Ansätze in der Festlegung von Regeln für diese Variante des Bombenkrieges (zum Beispiel Juristenkonferenz 1922/23), kam es in der Zwischenkriegszeit zu keinen vertraglichen Vereinbarungen hierfür, nicht zuletzt wegen der Schwierigkeit, militärisch relevante Ziele in einer arbeitsteiligen hochindustrialisierten Gesellschaft zu definieren und aus der Luft bei Tag und Nacht und jedem Wetter von zivilen Bereichen zu unterscheiden, was aber keine Luftmacht veranlaßte, ihre Bomberwaffen abzuschaffen, denn sie stellten einen militärischen Vorteil dar. Natürlich galten die Regeln des humanitären Gewohnheitsvölkerrechtes, aber ihnen standen taktisch-technische Sachzwänge gegenüber. Ein unterschiedsloses Bombardement von Stadtzentren erlaubten sie deswegen nicht.

Dr. Horst Boog, Stegen


 
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