© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    19/03 02. Mai 2003

 
Meldungen

Atlantikdrift: Europa nur politisches Federgewicht

BERLIN. Zwischen US-Amerikanern und Europäern werde sich das Verhältnis zukünftig gestalten wie zwischen "Sheriff und Saloonkeeper". Davon geht die an der TU Chemnitz über internationale Beziehungen lehrende Politikwissenschaftlerin Beate Neuss in der jüngsten Ausgabe der Zeitschrift der Konrad-Adenauer-Stiftung aus (Die politische Meinung, 4/03). Schon seit dem ersten Golfkrieg sei diese weltpolitische Arbeitsteilung erkennbar gewesen, als man vor allem in Deutschland noch der Illusion einer nach europäischem Muster befriedeten Welt anhing und nicht bereit gewesen sei, sich auch "mental" auf eine im Vergleich zum Kalten Krieg "noch bedrohlichere Realität" einzustellen. Als Folge dieser Realitätsverweigerung hätte sich seit 1991 eine Diskrepanz in den militärischen Potentialen aufgetan, die Europa heute aus US-Sicht auch als politisches Federgewicht erscheinen lasse.

 

Im Vertrauen auf Enigma Atlantikschlacht verloren

POTSDAM. Der Einbruch in den Funkschlüssel deutscher U-Boote während der "Atlantikschlacht" gehört zu den aufregendsten Kapiteln des Zweiten Weltkrieges. Obwohl man heute weiß, wie es ausging, kann daher selbst eine Miszelle, wie sie zu diesem Thema der Marinehistoriker Werner Rahn für die Militärgeschichtlichen Mitteilungen verfaßt hat (Band 61/02), noch die Spannung einer Geschichte mit offenem Ausgang erzeugen. Obwohl es permanent Hinweise gab, den Alliierten könnte es gelungen sein, das deutsche Schlüsselsystem zu knacken, war sich der Marine- nachrichtendienst der Berliner Seekriegsleitung (Skl) sicher, daß die als Wunderwaffe gepriesene Verschlüsselungsmaschine ("Enigma") die Geheimnisse der U-Boot-Führung bewahren würde. Bis 1944 schien es unvorstellbar, daß die Alliierten über Rechnerkapazitäten verfügten, die eine Dechiffrierung ermöglichten. Auch als die Abwehr Mitte 1943 von US-Informanten erfuhr, daß "alle Befehle" der Skl mitgelesen würden, erschütterte dies nicht ihr Vertrauen in "Enigma".

 

Allmonatliche Tips für Bushs Geostrategen

NEW YORK. In der Zeitschrift mit der "Winzigstauflage", die man in der FAZ für die einflußreichste der USA hält, Commentary, liest sich die jüngste Ausgabe (3/03) wie ein geostrategisches Planspiel für weitere Taten der "Koalition der (Kriegs-)Willigen". Alex Alexiev hat das politische System in Pakistan im Visier, das im "Kampf gegen den Terror" als "Zeitbombe" einzustufen sei. Ohne einen Vorschlag zu unterbreiten, wie Washington sie entschärfen könnte, stuft er die Machthaber in Islamabad als Hauptunterstützer des islamistischen Fundamentalismus ein, der weitaus gefährlicher sei als der gerade eliminierte Saddam Hussein. Daß mit Nordkorea etwas geschehen müsse, ja, daß man den Mut habe müsse, das "Undenkbare", einen Atomkrieg, zu denken, lanciert Joshua Muravchik. Und in Afghanistan, so Frederick W. Kagan, müsse auch nachgebessert werden, weil man es versäumt habe, dort auf die "massive Präsenz" von Bodentruppen zu setzen, die die aktuelle Instabilität verhindert hätten.

 

Erste Sätze

Wladimir Iljitsch Uljanow hatte kaum einen Monat das Gymnasium von Simbirsk mit allen zum Universitätsstudium unentbehrlichen papiernen Wissensbeweisen verlassen, als sein Bruder Alexander vom Gericht des "allrussischen Kaisers und Autokraten, Zaren von Polen, Großfürsten von Finnland usw. usw." zum Tode durch den Strang verurteilt wurde.

Valeriu Marcu: Lenin. 30 Jahre Rußland, Leipzig 1927.


 
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