© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    27/03 27. Juni 2003

 
Ein schöner Traum
von Carl Gustaf Ströhm

Die Selbstzufriedenheit der EU-Spitze und die geradezu atemberaubende Unbekümmertheit, mit der rund um den EU-Gipfel im griechischen Porto Karras nichtssagende Sprechblasen produziert wurden, läßt wenig Gutes erhoffen. EU-Kommissionschef Romano Prodi wartete mit der Platitüde auf: "Das Kosovo muß im Balkan verankert werden und der Balkan in Europa". Ja, aber wo denn sonst?

Mit naiver Freude kündigte EU-Erweiterungskommissar Günter Verheugen an, daß demnächst auch Bulgarien und Rumänien in die EU aufgenommen werden. Was das bedeutet, wurde von der Wirklichkeit bereits vorweggenommen: In Wien, jener EU-Hauptstadt, die den Osterweiterungsländern am nächsten ist, stellt man neuerdings eine massive Verschlechterung der Sicherheitslage fest, seit der Visumszwang für Rumänien und Bulgarien im Vorgriff auf die künftige EU-Mitgliedschaft aufgehoben wurde. Hinzu kommt die Angst vor dem massiven Verlust von Arbeitsplätzen, weil Betriebe in den billigeren Osten abwandern werden. Die hohen deutschen Nettozahlungen und der britische Beitragsrabatt bleiben hingegen bestehen.

Und für die kleineren EU-Nettozahler kommt es noch ärger: "Die können reden, was sie wollen - man wird ihnen nicht einmal zuhören", meinte ein höherer EU-Bürokrat. Der österreichische Bundeskanzler Wolfgang Schüssel hatte gehofft, in der Frage des dramatisch zunehmenden Alpentransits oder des grenznahen tschechischen AKW Temelín Verständnis zu finden. Doch nichts dergleichen. Europa ist ein schöner Traum - aber eine oft unschöne Wirklichkeit.


 
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