© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    27/03 27. Juni 2003

 
Leserbriefe

Zum Leserbrief "Kleine Verbesserungen" von Maria Schmidt, JF 26/03

Jetzt reichts aber wirklich!

Der in der jüngsten Ausgabe unter dem Titel "Kleine Verbesserungen" veröffentlichte Leserbrief von Maria Schmidt zu Hellmut Diwald sollte nicht das letzte Wort sein. Die Verfasserin, die wohl als Maria Gruettner die ansonsten durchaus verdienstvolle Internetseite www.hellmut-diwald.de  betreibt, hat schon seit Diwalds Tod den Fimmel, er sei nicht 1924, sondern erst 1929 geboren. Von Hellmut Diwald, mit dem ich bis zu seinem Tod persönlich befreundet war, weiß ich, daß die unterschiedlichen Geburtsdaten nicht "von einem Schreibfehler" herrühren, sondern auf den Rat eines deutschen Verlegers, der gerne ein Schlaumeier war. Er empfahl, Diwald solle für die Verlags-PR "jünger" gemacht werden, damit man ihn, den "nationalen" Historiker, nicht mit "Deutschlands finsterster Zeit" in Beziehung bringen und auf die übliche Weise "erledigen" könne. Diwald hat das Spiel mitgespielt, ein wenig amüsiert.

Über ein solches Detailwissen muß man (und kann man vielleicht) gar nicht verfügen, wenn man der JF einen Leserbrief schreibt. Aber die einfachen Grundrechenarten darf man schon anwenden: Wie bitte kann jemand, der 1929 geboren sein soll, 1947, als 18jähriger, sein Ingenieurexamen bestehen, wahrscheinlich schon im Kindergarten das Abitur gemacht haben, dann ein zweites Vollstudium absolvieren und 1952, als dann 23jähriger promovieren?

Dr. Günther deschner, Bonn

 

 

Zu: "Gefallen für wen?" von Michael Waldherr, JF 25/03

Regierung trägt Hauptschuld

Vier tote deutsche Soldaten und dreißig Verletzte sind zu beklagen. Wer ist schuld? Natürlich die al-Qaida. Aber auch Rot-Grün in Berlin. Das Schröder-Kabinett will weltweit mitmischen, überall Hilfssheriff spielen. Diese Wichtigtuerei hat ihren Preis. Etwa drei Milliarden Euro jährlich und einen Blutzoll, den unsere Soldaten entrichten. Sie sind Opfer globaler Allmachtsphantasien, gestorben im Dienste fremder Mächte! Auf ihren Grabsteinen sollte daher stehen: "Für Amerikas neue Weltordnung ermordet".

"Deutschlands Freiheit wird am Hindukusch verteidigt", hat uns Minister Struck (SPD) mit Bush-Pathos belehrt. Das Gegenteil stimmt. Deutschland wird zunehmend in fremde Konflikte verstrickt und dadurch finanziell immer stärker belastet und abhängiger. So verlieren wir Freiheit. Angesichts gigantischer Schuldenberge und schmerzhafter Sparmaßnahmen im Inland sind die kostspieligen Auslandseinsätze nicht zu verantworten. Es wäre vernünftiger, sich auf eine "abgespeckte" Landesverteidigung zu beschränken, statt weltweit militärisch für die Verbreitung sogenannter "westlicher Werte" zu intervenieren. 

Herbert Rauter, Karlsruhe

 

Geteilte Meinung

Seit bald fünf Jahrzehnten garantiert die Jugend unseres Volkes im Rahmen einer allgemeinen Wehrpflicht den Schutz unseres Landes vor äußerer Bedrohung. Wenn dies nun nicht mehr erforderlich sein soll, so entfällt folglich auch die Wehrpflicht der jungen Menschen. Denn über den Sinn weltweiter "Friedenseinsätze" kann man geteilter Ansicht sein. Nicht alle Staaten beteiligen sich daran, und auch nicht jede unter Unrecht, Gewalt und Krieg leidende Region kommt in den Genuß solcher internationalen Friedenseinsätze.

Eines jedoch war bislang in allen souveränen Staaten unumstritten: Die Unterhaltung einer eigenen Armee zur Verteidigung des eigenen Landes. Der Verteidigungsminister hat diesen Grundsatz als erster und bisher einziger aufgegeben und bezieht damit eine gänzlich andere Position als beispielsweise die Schweiz oder Schweden, die eine viel längere Friedensperiode hinter sich haben als Deutschland und dennoch große Armeen unterhalten. Nach dem gewaltsamen Tod von vier Bundeswehrsoldaten, die am Hindukusch durch ein Bombenattentat starben, wird der Sinn militärischen Dienens neu diskutiert werden. Aber eines ist jetzt schon sicher: Die Aussage: "Soldaten sind Mörder" trifft auf diese vier Soldaten nicht zu, denn diese bedauernswerten jungen Männer waren keine Mörder, sondern sie sind Ermordete! 

Peter Lauer, Hannover

 

Kanonenbootpolitik

Natürlich wird Deutschland nicht am Hindukusch verteidigt. Möglicherweise übte Bush Druck aus, mit Deutschland diesen Job macht. Viel bringen wird es, so ist zu befürchten, Afghanistan nicht, wenngleich es auch hin und wieder erfolgreiche Missionen gibt, zum Beispiel Ost-Timor.

Hauptmotiv ist meines Erachtens jedoch der internationale Einfluß. Beteiligt man sich an dieser modernen Kanonenbootpolitik nicht, darf man bei internationalen Tagungen nur am Katzentisch sitzen. Soldaten sind Zahlungsmittel für Weltrang. Warum sonst drängen Spanien und Polen so in den Irak? Spanien hatte jüngst durch ein defektes ukrainischen Flugzeug noch mehr Tote zu beklagen. Ihre Soldaten wie unsere ließen ihr Leben für Weltgeltung. Bei der Trauerfeier wird dann plötzlich auf Tradition gemacht: "Ich hatt' einen Kameraden, ..."

Jens Geissler, Berlin-Karow

 

Deutsches Militär im Ausland

Um erst gar keine Mißverständnisse aufkommen zu lassen: Ich bin ein entschiedener Gegner der in Mode gekommenen "Auslandseinsätze" der Bundeswehr. Vornehmste Aufgabe des Soldaten ist noch immer die Verteidigung seines Vaterlandes. Dies gilt auch (und vor allem!) für die beiden deutschen Armeen Bundeswehr und Bundesheer.

Überflüssig zu erwähnen, daß moderne Kriegführung nach differenzierten Waffensystemen verlangt. Um nur die wichtigsten Systeme zu nennen: Langstrecken-Transportflugzeuge (um die Peinlichkeit vergessen zu machen, daß die Angehörigen des KSK quasi "per Anhalter" nach Afghanistan reisen mußten), viele Hubschrauber und Jabos, Raketen, Panzer und Artillerie; ferner eine erheblich größere Marine. Auf die generelle Notwendigkeit, Atomwaffen herzustellen, hat Peter Scholl-Latour schon mehrfach hingewiesen.

Bleibt abzuwarten, welche Entscheidungen die politische Klasse treffen wird. Man benötigt jedoch keine hellseherischen Fähigkeiten, um vorauszusagen, daß gute und sinnvolle Vorschläge - wie bei uns schon Tradition - echolos im Raum verklingen werden.

Roland Hanswolf Pregler, Fürth

 

 

Zu: "Herausforderung", von Rolf Stolz, JF 25/03

Angst vor dem Islam?

Rolf Stolz' Angst vor der Unterwanderung Europas durch den Islam dürfte dem geneigten Leser bekannt sein. Sein Hang zum christlichen Fundamentalismus ist in dieser öffentlichen Form eher neu, überraschen sollte es aber kaum jemanden. Aber dieser Aufruf zum Kulturimperialismus ist schon erschreckend zu lesen, gerade in einer Zeitung, die einstmals auch nationale Positionen in progressiver Form darbot.

Diese Verklärung der Missionierung ist mehr als irritierend. Religion ist etwas Unfaßbares, Glaube ein inneres Ahnen von Schöpfung und Allumfassendheit. Dieses Gefühl ist global, die Lehren weltweit unterschiedlich. Stolz' Tiraden gegen eine Begegnung der Weltreligionen zeugen von Islamfeindschaft. Das ist Chauvinismus des Glaubens. Eine solche Kirche, wie Stolz sie einfordert, wird diese Welt nicht bessern. Ihr ist der Begriff des Dialoges fremd. Die Verteufelung des Fremden ist nichts als ein Zeichen der Angst. 

Torben Lüth, per E-Post

 

 

Zu: "Alteuropäisch und das mit Stolz" von Ellen Kositza, JF 25/03

Verworren

Der Artikel gehört zu den verworrensten Berichten, die ich je gelesen habe. Zusammenhanglos springt die Autorin zwischen Veranstaltungsorten, Künstlern und Sinnlosigkeiten. Für mich als langjährigen Wave-Gotik-Treffen-Besucher und auch JF-Leser ist es unverständlich, einen Artikel gefüllt mit für Außenstehende unlustigen Seitenhieben abzudrucken, die bestimmt nicht gedacht sind Toleranz, für unsere Szene aufzubauen. Das dazugehörige Interview schafft es ebenfalls gekonnt, fast ohne Aussage eine Viertelseite zu verschwenden.

Stefan Seebach, per E-Post

 

 

Zur Beilage "Ein deutscher Aufstand" zum 50. Jahrestag des 17. Juni 1953, JF 25/03

Demokratischer Grotewohl

In einem der anerkennenswerten Beiträge zum 17. Juni, die dessen Bedeutung für die Geschichte der Freiheit in Deutschland endlich gerecht werden, ist DDR-Ministerpräsident Grotewohl als "kommunistischer Politiker" bezeichnet worden. Grotewohl repräsentiert aber den sozialdemokratischen Anteil an der DDR-Diktatur, den es unabhängig von der Tatsache sozialdemokratischer Opposition als solchen zu bewerten gilt. Liest man nämlich die "Sozialdemokratischen Zukunftsbilder" des liberalen Reichstagsabgeordneten Eugen Richter von 1891 über die Folgen eines Wahlerfolges der Bebel-SPD, dann wird einem gewahr, wie genau die Mechanismen, die zum 17. Juni führen sollten, aus der Logik sozialdemokratischer Programmatik vorausgesagt worden sind.

Damit wird deutlich, daß die DDR im historischen Kontext doch eine sozialdemokratische Möglichkeit darstellte, zumal sich der Kommunismus aus der Bebel-SPD abzweigte. Dies erklärt, warum die SPD Schwierigkeiten mit dem 17. Juni hat. 

Josef Schüßlburner, Bonn

 

 

Zu: "Lauter Lügen" von Alexander Griesbach, JF 24/03

Warm anziehen, Tony

Die Akteure in Washington, die die Lügen der Bush-Regierung zum Irak-Krieg entlarven, auch die in London werden sorgen, daß Tony Blair sich gar nicht so warm anziehen kann, um aus diesen Lügenskandal mit warmer Haut herauszukommen, er bekommt jetzt schon kalte Füße. Blair hat wahrscheinlich nicht geahnt, daß der amerikanische Präsident ihn in eine so mißliche Lage bringen würde, er seinen Sieg schon jetzt teuer bezahlen muß und nicht das eintrat, was vielleicht erhofft wurde, daß im Volk eine Woge der Euphorie aufkommen würde. Die eiserne Lady hatte dabei mehr Glück, als sie den Operettenkrieg auf den Falklandinseln inszenierte und die alten Piratenherzen wieder höher schlagen ließ, sie gewann damit die Wahlen. Es ist nicht das einzige Beispiel, daß auch Demokratien versuchten, mit Kriegen Punkte zu machen. Nun haben wir das aufschlußreiche Schauspiel, daß der Lügenskandal im beiderseitigen dialektischen Aufklärungsprozeß auf Augenhöhe und Sichtweite gebracht wird, die beiden Kriegshelden entzaubern sich selbst.

Wilhelm Lehbrink, Vogt

 

 

Zu: "Ökumenisches Verstehen" von Pater Lothar Groppe SJ, JF 24/03

Hardcore-Mönch

Ist das preußischer Geist, der mich da aus der JUNGEN FREIHEIT anweht? Oder heißt es nicht doch: Konservativ um jeden Preis, egal was dahintersteckt? Ich möchte Sie doch recht herzlich bitten, in ökumenischen Fragen, wenn schon nicht unparteiische Stimmen wie den Dalai Lama, so doch wenigstens ernsthaft Interessierte zu bemühen.

Die im protestantischen Kult gepflegte Priesterordination ist nicht ein "Nur" gegenüber der Weihe eines weltenthobenen katholischen Hardcore-Mönchs. Lediglich die regelwidrige Praxis, priesterliche Handlungen durch Hilfskräfte ausführen zu lassen, ist bedauerlich. Aber dann muß man sich beim Abendmahl eben auf der richtigen Seite anstellen. Wenn allenthalben gegen Regeln verstoßen wird, so heißt dies nicht, daß es die Regeln nicht gäbe. Das wird bewiesen durch die Exkommunizierung katholischer Geistlicher, die echte Ökumene leben und vor denen ich mich verneige.

Florian Wolfrum, Göttingen

 

 

Zu: "Das Buch vom Markt drängen", Interview mit Udo Ulfkotte, JF 23/03

Ein Held

Udo Ulfkotte ist einer der wenigen offenen Helden und Kämpfer für die Freiheit in Deutschland. Man liest, daß er "täglich neue Klagen, Anträge auf einstweilige Verfügung oder Begehren auf Unterlassungserklärung" empfängt. Seine Gesundheit sei sogar angegriffen - und kein Wunder. Sammeln wir doch für ihn mit Hilfe einer "Überweisungskampagne". Kennt jemand nicht Juristen, die ihm aus Idealismus helfen würden?

Héléne Hartmann, Eschborn

 

 

Zum Tod von Jürgen W. Möllemann

Merkwürdige Wendung

Guido Westerwelles plötzliche Wendung ist schon merkwürdig, zumal er doch von Möllemanns genialer Idee, aus der FDP eine "freiheitliche Volkspartei" zu machen, mehr als begeistert war. Das "Projekt 18" wurde von einer breiten Mehrheit der Partei freudig aufgenommen. Möllemann verstand es wie kein anderer FDP-Politiker, die Sorgen und Nöte der "kleinen Leute" aufzugreifen. Die FDP war somit auf bestem Wege, sich vom Makel einer kaltherzigen Wirtschaftspartei zu befreien. Diese politische Erneuerung hatte zum Ziel, die Partei für die breite Masse aller Leistungswilligen in Deutschland attraktiv zu machen.

Unverzichtbar dafür war und ist eine enttabuisierte Politik jenseits rechter und linker Denkschablonen, ohne falsche Rücksichtnahme auf die Befindlichkeiten der einflußreichen Interessenverbände in Deutschland.

Torsten Ilg, Köln-Mitte

 

Nicht für dumm verkaufen

Ein politischer Freidenker, ein freier Liberaler, der sich nie verbiegen ließ, ist auf äußerst tragische Weise aus dem Leben geschieden. Noch wenige Wochen zuvor hat er in seinem Buch "Klartext - Für Deutschland" den Politikern aller Parteien folgendes ins Gewissen geschrieben: "Haltet euch raus aus unserem Leben und nehmt die Finger aus unseren Taschen. Dann sorgen wir für uns selbst - in der Familie, unter Freunden und Nachbarn, im Viertel und in der Gemeinde: in unseren eigenen, freiwilligen Zusammenschlüssen. Wagt nicht, uns vorzuschreiben, was wir denken und sagen dürfen. Wir sind das Volk." Wie recht er doch hatte - dieses Vermächtnis von Jürgen W. Möllemann wird weiterleben und ich glaube auch alsbald aktiv aufleben, vor allem wenn uns unsere Politiker ein weiteres, gezieltes Abkassieren der Bürger als Reformpolitik verkaufen wollen. Verkaufen dürfen sie ja, was sie wollen. Nur für dumm verkaufen können sie uns nicht mehr.

Friedhelm Biegel, Bendor

 

Verkommenheit

"Bananenrepublik" ist für Deutschland bereits zu einem Lob mutiert. Die Verkommenheit der Politik in unserem Land läßt offensichtlich nichts mehr zu wünschen übrig. Der Tod Möllemanns und die Umstände, wie es dazu kam, haben mich unmittelbar nach Bekanntwerden an den Fall Uwe Barschel erinnert. Hier wurden, wie auch jetzt wieder, Indizien, die eindeutig gegen einen Selbstmord sprechen, unter den Tisch gekehrt und nur diejenigen berücksichtigt, die eventuell unter Umständen dafür sprechen. Damit werden medial automatisch Unfall oder gar Mordmöglichkeiten ausgeblendet. Die schamlose Heuchelei hat durch den Fall Möllemann wieder Hochkonjunktur bekommen. Es ist einfach unerträglich, wie sich die "Treiber" und "Jäger" aus der FDP versuchen, an Heuchelei über die Verdienste des ehemaligen Parteimitgliedes zu übertreffen. Aber hier stehen sich ganz offensichtlich die Spitzenpolitiker aller Parteien, bis hinein in die Regierungsspitzen, in nichts nach.

Werner Thiele, Diespeck


 
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