© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    28/03 04. Juli 2003

 
Grüner Subventionsabbau
Finanzpolitik: Der "Umweltbezug" bei der Beseitigung staatlicher Beihilfen ist zum Großteil ideologisch gefärbt
Bernd-Thomas Ramb

Subventionsabbau und Subventionskürzung heißen die Zauberwörter zur Verringerung des Haushaltsde-fizits. Sie geistern bei sämtlichen Bundestagsparteien herum. Bei allem grundsätzlichen Einvernehmen bestehen jedoch gravierende Unterschiede über das Welche und das Wie.

Die Unionsparteien neigen eher zu der "Rasenmähermethode", nach der jede Subvention um einen bestimmten Prozentsatz verringert werden soll. Vorteil dieses Verfahrens ist der gleichmäßige Aufschrei der Betroffenen. Keine Subvention wird gegenüber den anderen positiv oder negativ hervorgehoben und vor allem nicht in ihrer grundsätzlichen Existenzberechtigung in Frage gestellt. Erfahrungsgemäß lassen sich einzelne Subvention - ähnlich wie Steuern - wesentlich leichter ins Leben rufen als abschaffen. Zu groß, genauer zu spektakulär ist der Widerstand der Interessengruppen. Die Rasenmähermethode birgt wegen der Gleichbehandlung das geringste Protestpotential.

Anders sehen es die rot-grünen Regierungsparteien, die den selektiven Subventionsabbau im Visier haben. Eine parteipolitisch motivierte Auswahl ist dann zwangsläufig. So haben die Grünen ihre Subventionsabbaupläne folgerichtig auf ökologische Argumente abgestellt - allerdings auf eine Betrachtung der Umwelt nach ihrer Ideologie. Zur wissenschaftlichen Verbrämung der grünen Subventionsbeseitigungspläne hat das Berliner Umweltministerium Gutachten beim Institut für Wirtschaftsforschung (ifo) aus München und dem Wuppertal-Institut für Klima, Umwelt, Energie in Auftrag gegeben. Die institutionellen Berater haben sich allerdings auf zwei Bereiche der Subventionspolitik beschränkt, die Wohnungswirtschaft und den Agrarsektor.

Drei Fragenkomplexe wurden in dieser Studie untersucht:

l Welche umweltschädlichen Subventionen gibt es und wie können diese sozial- und wirtschaftsverträglich abgebaut werden?

l Inwieweit ist innerhalb des betreffenden Sektors eine Umschichtung von Subventionen - auch zugunsten des Umweltschutzes - sinnvoll und erforderlich?

l Welche Möglichkeiten bestehen, Umweltschutzaspekte in nicht-umweltbezogene Subventionen zu integrieren?

Aus der zweiten Frage geht hervor, daß eine vollständige Beseitigung des Subventionsvolumens nicht unbedingt die Zielsetzung des grünen Subventionsabbaus ist. Der dritte Untersuchungsaspekt beinhaltet eine indirekte Subventionskürzung. Staatliche Beihilfen dürfen und sollen zwar fließen, werden aber mit zusätzlichen, ökologisch begründeten Auflagen überzogen. Wirtschaftlich bedeuten Auflagen stets eine Aufblähung des Kostenfaktors, die in der Regel zu einer Verringerung der Produktionsmenge führt. Im Endeffekt wollen die Grünen daher mit dieser Ideologie weniger Projekte mit einem geringeren Nettosubventionsbetrag fördern.

Im Bereich der Wohnungswirtschaft fällt der kritisch-grüne Blick naturgemäß vor allem auf den Komplex der Landschaftszersiedelung. Dementsprechend lautet die Empfehlung bei der Eigenheimförderung: Senkung und Ökologisierung der Grundzulage im Neubau. Die Konsequenz, eine Miniaturisierung der Grundstückflächen bei eingeengten Wohnräumen neben "naturbelassenen" Brachflächen, wird vom grünen Lebensqualitätsverständnis offensichtlich als akzeptabel eingeschätzt. Abgebaut werden soll auch die Förderung von Niedrigenergiehäusern. Die Ökozulage soll nur noch sogenannten "Passivhäusern" zufließen. Frei nach dem Motto "staatlich unterstütztes Frieren für eine gesunde Umwelt". Zusätzlich werden neue Subventionen gefordert, etwa für den Abriß alter Wohnhäuser. Dieses Zuschußvolumen bleibt allerdings in der prognostizierten Subventionseinsparung von ein bis 1,5 Milliarden Euro unberücksichtigt.

Im sozialen Wohnungsbau schließen sich die Grünen der Idee an, den staatlich organisierten Neubau von Sozialwohnungen rapide zurückzufahren. Die Gelder sollen eher in die ökologische Renovierung des Bestands fließen. Dieser Auflageneffekt führt bekanntermaßen zu weniger Volumen bei teurerer Produktion.

Deshalb wird der weitere Vorschlag entwickelt, statt der Direktförderung von Wohnfläche oder gar Wohneigentum das Wohngeld zu erhöhen. Die Begründung der beratenden Institute ist allerdings sehr verwunderlich: "Anders als beim sozialen Wohnungsbau besteht beim Wohngeld aus umweltpolitischer Sicht kein Anlaß für Reformen. Bei diesem Instrument geht es nicht um die Ausweitung des Wohnungsangebotes, sondern um die soziale Absicherung des Wohnens für bedürftige Haushalte." Als ob eine erhöhte Kaufkraft nicht zu einer Ausweitung des Angebots führen würde. Offensichtlich trauen die Institute aber der privaten Wohnungsbauwirtschaft eine größere Umweltkompetenz zu als den staatlichen Wohnungsbaubürokraten. Zumindest bestätigen die Wissenschaftler: "Das Wohngeld weist außerdem in Bezug auf diese sozialpolitische Zielsetzung eine weitaus höhere Treffsicherheit auf als der soziale Wohnungsbau."

Bezüglich der Agrarsubventionen lautet das oberste Ergebnis der wissenschaftlich schlichten Analyse: Weg mit allen Steuervergünstigungen wie geringere Dieselsteuer, geringere Kfz-Steuer, Branntweinsteuererlaß bei Kleinbrennereien und Gewerbe- und Körperschaftssteuerbefreiung bei landwirtschaftlichen Genossenschaften. Natürlich ist durch die Europäisierung der Agrarpolitik der Bereich der nationalen Förderung von Fischerei, Landwirtschaft und Forsten erheblich eingeengt. Etwas mehr als solche Empfehlungen, etwa die Förderung des Wegebaus in Wäldern einzuschränken, hätte die Studie dennoch bieten können.

Ihr grundsätzliches Problem haben die von den Grünen beauftragten Wissenschaftler jedoch bereits ihrer Analyse vorangeschickt: "Nachhaltigkeitskriterien fanden in den vergangenen Jahren teilweise bereits Eingang in die landwirtschaftliche Subventionspolitik. Daher stimmen die Empfehlungen der Studie für die einzelnen Subventionen vielfach mit dem aktuellen Kurs der Landwirtschaftspolitik auf nationaler Ebene überein."

Damit ist die Gesamtbeurteilung der grün-wissenschaftlichen Vorschläge zum Subventionsabbau vorgezeichnet. Bestehende, von den Grünen etablierte Subventionen sind gut und daher nicht anzutasten, Subventionen der Vorgängerregierungen dagegen Freiwild. Ein Tabu bilden insbesondere die vorgeblich umweltschonenden Subventionen, allen voran die für alternative Energiegewinnung. Selbstkritische Überprüfungen, ob diese noch zeitgemäß sind, vor allem aber dem ökologischen Anliegen tatsächlich gerecht werden, fehlen gänzlich.

So bleiben die grünen Subventionsabbauempfehlungen letztlich nichts anderes als Verteidigungsscharmützel einer einseitig orientierten Subventionslobby auf Nebenschauplätzen.


 
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