© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    29/03 11. Juli 2003

 
Zeitschriftenkritik: Bumerang
Todesstöße
Werner Olles

Die im 9. Jahrgang zweimal jährlich erscheinende Zeitschrift Bumerang (Untertitel: "Naturvölker heute") wird vom "Bund für Naturvölker e.V." herausgegeben. Die Organisation leistet Öffentlichkeitsarbeit und Hilfe für traditionelle Kulturen und Lebensweisen und will mit ihrer "Zeitschrift für gefährdete Kulturen" auf den Umgang der "Zivilisation" mit den indigenen Waldvölkern Amazoniens und Perus, den Buschleuten in der Kalahari in Botswana, den Ureinwohnern Borneos und West-Papuas, den Indigenen der Tundra und Paraguays und den Indianervölkern der Bergregenwälder aufmerksam machen.

So berichtet Bumerang über den Kampf der altmalaiischen Ureinwohnervölker Borneos gegen den zentralstaatlich organisierten Landraub. Der Regenwald ist das Herz ihrer Gesellschaft und Kultur und damit ein elementarer Bestandteil ihrer Identität. Sie bebauen ihn, ernten wilde Pflanzen als Nahrung und Medizin und jagen dort. Doch im Laufe der letzten Jahrzehnte wurden Tausende der Dayak durch den mächtigen Zustrom neuer Nutzer aus ihrem angestammten Land verdrängt. Internationale Holzkonzerne griffen massiv in ihren Lebensraum ein, holzten riesige Waldareale ab, um dort Ölpalmen-Plantagen anzulegen. Während gleichzeitig Zehntausende von Migranten aus anderen dicht bevölkerten Gebieten Indonesiens einströmten, legten die Behörden im Zuge der Umsiedlungsprojekte die Grenzen der Naturreservate willkürlich fest, so daß die Ureinwohner heute nicht mehr auf dem Grund und Boden leben dürfen, der seit Ewigkeiten ihr Zuhause war. Dieser Zustand schürt ethnische und religiöse Spannungen, die von der indonesischen Regierung jedoch ignoriert werden.

Den Todesstoß erleiden zur Zeit auch die Buschleute aus dem "Zentralen Kalahari-Wildpark". Zwar liegt ihre Zahl noch bei rund 60.000, aber diese älteste Kulturform der Menschheit wird durch den zunehmenden Luxusjagdtourismus vor allem aus den USA, England und Deutschland inzwischen gewaltsam aus ihrem Jagd- und Sammelgebiet vertrieben. Für Botswanas Präsidenten sind sie nur "primitive Steinzeitkreaturen", die im dollarträchtigen Wildreservat nichts zu suchen haben. Heute fristen bereits die meisten von ihnen in über sechzig sogenannten Umsiedlerdörfern - von den Buschleuten als "Lager des Todes" bezeichnet - ein trostloses Dasein in Armut, Alkoholismus, Krankheiten und stiller Verzweiflung. Kaum jemand nahm von diesem Ethnozid an den letzten traditionell lebenden Indigenen im südlichen Afrika Notiz. Eine uralte Jägerkultur, die den Wildbestand jedoch nie gefährdet hat, wurde praktisch ausgelöscht.

Auch die Yali, die Ureinwohner West-Neuguineas, die in wenigen abgeschiedenen Tälern ihres Siedlungsgebietes noch heute in ihrer traditionellen Kultur als steinzeitliche Pflanzer und Teil der Wälder ihrer Ahnen leben, befinden sich bereits auf dem Weg in eine andere Zeit. Hat die Moderne Einzug gehalten, werden auch sie von den Traditionen und Wertvorstellungen ihrer Ahnen unwiderruflich abgeschnitten sein.

Bund für Naturvölker, Dorfstr. 44, 16230 Brodowin. Das Einzelheft kostet 2,30 Euro, das Jahresabo 6 Euro.


 
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