© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    29/03 11. Juli 2003

 
Frisch gepresst

Richard Wagner. Kaum hat der katholische Theologe Peter Hofmann ein Werk über die "politische Theologie" des Bayreuther Meisters vorgelegt (JF 12/03), folgt ihm der Orchestermusiker Ulrich Drüner mit einer opulenten Studie über die weltanschaulichen Dispositionen Richard Wagners auf dem Fuße. Drüner wollte ursprünglich antreten, um den Schöpfer des musikdramatischen Gesamtkunstwerks gegen Ankläger wie Robert Gutman und Hartmut Zielinsky zu verteidigen, die in Wagner einen Wegbereiter Hitlers sehen wollten. Folglich mußte Drüner sich, anders als Hofmann, stark auf das Thema "Wagner und die Juden" konzentrieren, um gegen Ende vieler ideenhistorisch höchst gelungener Interpretationen zu dem dann doch fragwürdigen Resultat zu gelangen, daß Ankläger wie Gutman "nicht in allem, aber in sehr vielem recht hatten" (Schöpfer und Zerstörer. Richard Wagner als Künstler. Böhlau Verlag, Köln-Weimar-Wien 2003, 361 Seiten, Abbildungen, 34,90 Euro)

Berliner Bauten. Historisch interessierten Flaneuren, gleich ob Einheimische, Zugezogene oder Touristen, käme ein architekturgeschichtlich ausgerichteter Baedeker gerade zupaß. Als Denkmalpfleger bringt Uwe Kieling ganz passable Voraussetzungen mit, um dieses Bedürfnis zu befriedigen. Und abgesehen von einigen kräftigen ideologischen Ausschlägen, die sich Kieling als gelernter DDR- "Antifaschist" leistet, informiert sein Handbuch über "Berlin. Bauten und Baumeister" (Berlin Edition, Berlin 2003, 384 Seiten, durchgehend bebildert, 28 Euro) in umfassender Weise über die versteinerte Geschichte der Hauptstadt. Wenig glücklich ist die chronologische statt der alphabetischen Einteilung des Baumeisterlexikons. Nicht klar ist, warum die Architektur der "Außenbezirke" kaum berücksichtigt ist. Man suche etwa einmal die "Villa Minoux", das heutige "Haus der Wannseekonferenz" oder das Reichsmarineamt, wo heute der Bundesverteidigungsminister residiert. Überhaupt ist die Präsentation der Bauten innerhalb des jeweiligen Bezirkskapitels geradezu verwirrend.

Oswald Metzger. Der ehemalige haushaltspolitische Sprecher von Bündnis 90/ Die Grünen im Bundestag, Oswald Metzger, dem im Vorfeld der Bundestagswahl 2002 durch eine ungünstige Listenplazierung von seinen Parteifreunden die Wiederwahl verleidet worden war, äußert sich seitdem außerparlamentarisch über die wirtschaftspolitischen Bocksprünge der im Bundestag Zurückgebliebenen. Von der Enge des Fraktionszwanges befreit, fordert der "Realo" Metzger massive Strukturveränderungen, die vor keiner gesellschaftlichen Gruppierung haltmachen. So klammert er seine politische Kaste nicht aus, deren wirtschaftspolitische Kompetenz daran meßbar ist, daß sie - wie in seinem Falle - mit medialer Schützenhilfe aus einem Politneuling binnen kürzester Frist einen "Haushaltsexperte" macht, nur weil er einem Ausschuß angehört. Metzgers Rezepte gegen den prognostizierten Staatsbankrott sind allesamt radikal - und durchaus nachvollziehbar. Seine "neoliberale" Handschrift offenbart aber auch, wie nahe sich FDP und Grüne wirtschaftspolitisch kommen können (Einspruch! Wider den organisierten Staatsbankrott. Riemann Verlag, München 2003, 253 Seiten, 19 Euro).


 
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