© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    36/03 29. August 2003

 
Rentenillusion
von Jörg Fischer

Im Bundestagswahlkampf 1998 versprach Gerhard Schröder "mehr soziale Gerechtigkeit" und "Kohls Fehler" bei den Renten zu korrigieren. Gemeint war damit vor allem der "demographische Faktor", der eine Rentenkürzung bedeutet hätte. Die zaghaften Reformansätze von CDU-Minister Blüm wurden vom Wähler nicht honoriert, die SPD gewann die Wahl. Doch nun unterbreitet die von Rot-Grün eingesetzte Rürup-Kommission Vorschläge, die weit über das hinausgehen, was Blüm wollte. Aber auch diese Pläne gehen von zu optimistischen Annahmen aus. Etwa das Renteneintrittsalter generell auf 67 anzuheben ist Illusion: Eine Bibliothekarin bis 70 arbeiten zu lassen, mag gehen, ein Maurer ist häufig Mitte 50 erwerbsunfähig.

Schon heute gelten Arbeitslose ab 40 als "schwer vermittelbar". Die Zahl der Vollzeitstellen geht jährlich um Hunderttausende zurück - "Ich-AGs" oder "Mini-Jobs" tragen kaum zur Entlastung der Rentenkasse bei. Im Gegenteil, Steuergelder sind nötig, um diese Einkommen über den Sozialhilfesatz zu heben. Hinzu kommt, daß viele neue "Jobs" netto unter dem derzeitigen Rentenniveau liegen. Eins bleibt völlig außen vor: Die künftigen Pensionsansprüche summieren sich auf 600 bis 700 Milliarden Euro. Beamtenpensionen sind Staatsschulden - doch diese Verpflichtungen tauchen bislang nicht in den Etats auf. An Kürzungen aller Altersbezüge führt leider kein Weg vorbei, weil immer weniger Vollerwerbstätige immer mehr Rentner, Pensionäre und andere Transfereinkommensbezieher alimentieren müssen.


 
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