© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    36/03 29. August 2003

 
Leserbriefe

Zu: "Nicht völlig ahnungslos" von Michael Wiesberg, JF 35/03

Blutzoll inklusive

Die US-Regierung setzte sich über alle Einwände gegen einen Irak-Krieg hinweg und wollte nur allein mit einer "Koalition der Willigen" agieren. Heute erkennen die USA, daß man den Krieg zwar mit Leichtigkeit gewonnen hat; daß es danach aber doch erst so richtig problematisch wird. Nato, Uno und die "alten Europäer" wurden als bedeutungslos abqualifiziert, heute verlangen die USA von den Bedeutungslosen eine Konfliktnachsorge - inklusive Blutzoll und Finanzbeitrag. Europa ist nicht die Reparaturabteilung der US-Politik, die sich im Rausche der Allmacht befindet. Wer sollte die USA daran hindern, die nächsten Kriege in Angriff zu nehmen? Es sei daran erinnert, daß die Achse des Bösen noch nicht abgearbeitet ist, die dicksten Brocken Iran und Nordkorea fehlen noch! Die Umwandlung des Nahen Ostens hat man mit dem Irak-Krieg gerade erst begonnen. Die US-Politik ist grundfalsch, und Europa sollte dieser Politik nicht aus würdelosem Opportunismus folgen.

Reinhard Wick, Bielefeld

 

Volksverdummung

Den Mindestpreis, den Kanzler Schröder zahlen muß mit seiner Ausweitung des Afghanistan-Einsatzes der Bundeswehr, um wieder in Washington von Bush empfangen zu werden, plus Einsatz im Irak und/oder finanzielle Beteiligung an dem von der US-Regierung angezettelten Irrsinn, wird als Rechnung die deutschen Bevölkerung begleichen müssen. Man kann schon gespannt sein, was für Propagandakonstrukte der zum Medienzuschauer degenerierten und versklavten Bevölkerung präsentiert werden, um das alles zu begründen. Die Flucht in weitere außenpolitische und militärische Abenteuer muß wahrscheinlich eine vielleicht ausbleibende Flutkatastrophe ersetzen, und teure Wüsten-Sandkastenspiele bieten sich zum vermeintlich erhofften Machterhalt prima an, um die Flucht aus der innenpolitischen Realität anzutreten, der man nicht Herr werden kann. Es bleibt abzuwarten, wie lange diese Volksverdummung noch funktioniert.

Bernd Volkhardt, Berlin

 

 

Zu: "Der Kuchen wird kleiner" von Alexander Griesbach, JF 34/03

Euro vergessen

Wenn in dem erwähnten Aufsatz von Griesbach die derzeitige Kalamität auf politischem und wirtschaftlichem Gebiet schlicht auf die Dummheit der Verantwortlichen zurückgeführt wird, so dürfte der Verfasser durchaus recht haben. In der Aufzählung der Dummheiten hat er das für uns Entscheidende nicht erwähnt, und das ist die Einführung des Euro! Damit hat man das europäische Pferd von hinten aufgezäumt und stellt inzwischen fest, daß die Diskrepanzen auf den Gebieten des Steuer- und Sozialwesens den europäischen Träumen kaum dienlich sind.

Dr. Hans Doerner, Bad Kissingen

 

 

Zu: "FDP-Nachwuchs auf Abwegen" von Michael Waldherr, JF 34/03

Perspektiven

Ich teile Ihre Ansicht nicht, daß Tim Lucas seine gesamte Partei blamiert habe. - Es ergeben sich doch ganz andere politische und moralische Perspektiven, wenn man Lucas als Westerwelles Ziehsohn betrachtet!

Hans Martin Kretschmer, Engen

 

 

Zu: "Das Rückgrat brechen", Interview mit Heinz Nawratil, JF 34/03

Ungarndeutsche fehlen

In seinem "Schwarzbuch der Vertreibung" hat Heinz Nawratil vor zwei Jahren die von 1945 bis 1948 an Deutschen begangenen Verbrechen dokumentiert. Nur die an den Ungarndeutschen begangenen nicht. Oder werden die gar nicht zu den Deutschen gezählt?

Franz Wesner, Dortmund

 

 

Zu: "Ohne Stil" von Thomas Paulwitz, JF 34/03

Rügen

Ich habe 1998 an einem hannoverschen Gymnasium das Abitur abgelegt, und in den Oberstufenjahren hat uns das Thema Rechtschreibreform alle verunsichert. Ich erinnere mich besonders an zwei Lehrer: meinen Geschichtslehrer, der sich nicht entblödet hat, die Reform zum frühestmöglichen Zeitpunkt in den Unterricht einzuführen, um sie, nachdem andernorts ein entsprechendes Gerichtsurteil ergangen war, auf allerhöchste Anweisung wieder zurückzunehmen und sie am Ende, ebenfalls auf allerhöchste Anweisung, wieder einzuführen. Und an meine Deutschlehrerin, die, auf ihre Nichtbeachtung der Reform angesprochen, ganz nüchtern sagte: "Man läßt sich eben rügen ..."

Florian Wolfrum, Göttingen

 

 

Zu: "Salzburger Erz-Nockerln" von Richard Stoltz, JF 34/03

Mozarts Stolz

Am 29. Mai 1778 schrieb Mozart an seinen Vater: "Was mich am meisten aufrichtet und guten Muts erhält, ist, daß ich ein ehrlicher Deutscher bin."

In einem weiteren Brief an seinen Vater schrieb Mozart 1782: "Teutschland, mein geliebtes vatterland, worauf ich, wie Sie wissen, stolz bin."

Karin Khemlyani-Albrecht, Bendestorf

 

 

Zu: "Geistiger Krüppel" von Kurt Zach, JF 33/03

Weg vom Schalter!

Wie Herr Mißfelder und Frau Reiche ("Die Generation der Älteren konsumiert tatsächlich auf unsere Kosten") müssen auch andere Jungunionisten wie der Heilbronner Kreisvorsitzende Fedor Zeyer ("Es ist nun mal eine Tatsache, daß man Jahre lang über die Verhältnisse gelebt hat und Ansprüche generierte ...") und noch viel an Lebenserfahrung lernen, und hoffentlich hält der Wähler, solche Leute noch lange von den politischen Schalthebeln fern bzw. entfernt sie so schnell wie möglich davon wieder.

Abgesehen davon, daß es eine Beleidigung für die ältere Generation ist, der diese Yuppies es zu verdanken haben, daß sie heute überhaupt solche Ansichten öffentlich vertreten können, kennen sie sich in den Zusammenhängen nicht einmal aus.

Es ist auch nicht Herr Mißfelder, der die Diskussion um die tatsächlich vorhandenen sozialen Mißstände in unserem Land in Gang gebracht hat, sondern es waren seine Parteifreunde Hohmann und Steinbach, die über den Bundestag nachgefragt haben. Mißfelder und seine unerfahrene Kollegin sollten besser einmal nachfragen, wo denn das Geld geblieben ist, das in die Rentenkassen eingezahlt wurde und von dem der Durchschnittsdeutsche nicht einmal mehr 50 Prozent in Form der Rente zurückerhält.

Alfred Dagenbach, Heilbronn

 

 

Zu: "Zu deutsch für Deutschland", Interview mit Christoph Wylezol, JF 33/03

Törichte Aussage

Den Ausführungen von Herrn Wylezol kann ich in wesentlichen Punkten nur zustimmen. Stutzig macht allerdings die vom Interviewer genannte Zahl von 100.000 heimatverbliebenen Deutschen. Nach allen bisherigen Informationen dürfte diese Zahl eher aus polnischer Quelle stammen. Im Laufe des Interviews entdeckt Herr Wylezol den polnischen Schlesier. Diese Gattung gibt es nicht, lediglich polnische Einwohner Schlesiens. Und wenn Herrn Wylezol klar ist, "daß Schlesien politisch nie wieder deutsch wird", so ist dies aus dem Munde des Vorsitzenden der Schlesischen Jugend eine absolut törichte Aussage. Man soll in der Politik nie "nie" sagen, wurden doch noch bis kurz vor der deutschen Teilvereinigung alle, die daran festhielten, ausgelacht. Auch das Festhalten am deutschen Osten ist eine Frage des politischen Wollens, und es wäre kurzsichtig und schädlich für unser Land, in einer Phase nationaler Ohnmacht die völkerrechtswidrige Annektion des jahrhundertealten Siedlungsbodens der vertriebenen ostdeutschen Stämme als unumkehrbare Tatsache hinzunehmen.

Gerd Kresse, Schwülper

 

 

Zu: "Ein absurdes Spektakel" von Manuel Ochsenreiter, JF 33/03

Im Marxismus angekommen

Nicht nur vor 1989, sondern auch nach der Wende hat Butterwegge seine Sympathie für das kommunistische Zwangssystem offen bekundet. Er trat regelmäßig als wissenschaftlicher Berater für die umbenannte SED/PDS auf. Auf dem "Europäischen Antirassismuskongreß" des Bundesvorstands und der PDS/Linke Liste in Berlin vertrat But­terwegge 1992 in einem Referat die These: "Für immer über­winden" ließen sich "Rassismus und Nationalismus nur in einer neuen Weltordnung, die nicht mehr auf wirtschaftlicher Konkurrenz, Ausbeutung und Unterdrückung" basiere. Damit war er wieder bei seinen marxistisch-leninistischen Grundmustern angekommen.

Weder die Vergangenheit des Autors Butterwegge noch seine offen dargestellte Sympathie für die PDS schien Verteidigungsminister Rühe zu stören. Für die staatsbürgerliche Bildung seiner Soldaten ließ der Verteidigungsminister den PDS- und DKP-nahen Hochschullehrer Christoph Butterwegge bereits 1995 in "Reader Sicherheitspolitik - Die Bundes­wehr vor neuen Herausforderungen" ei­nen Beitrag schreiben mit dem Titel "Nationalismus, Rassismus und Rechtsextremismus" (Ergänzungslieferung 6 u. 7/95 Teil 1). Als Auftraggeber Butterwegges trat die Informations- und Medienzentrale der Bundeswehr im Streitkräfteamt in Sankt Augustin auf.

Im selben Jahr, in dem er den Beitrag für die Bundeswehr schrieb, lieferte er auch dem PDS-nahen Theorieorgan Utopie kreativ ein Essay. Dar­in machte er "die gemäßigte Rechte" für den "gefährlichen Höhenflug der extremen Rechten" verantwortlich. Gleichzeitig attestierte er der Bundes­regierung "Großmachtambitionen" und eine "Militarisierung der Außenpolitik". Gegen solche Entwicklungen sei­en nur radikale "Gesellschaftsveränderungen" wirksam.

Ulla Lang, Bruchköbel

 

 

Zu: "Wem die Stunde schlägt" von Doris Neujahr, JF 33/03

Lieber nicht!

Frau Neujahr findet, Richard Schröder sei der geeignetste Mann. Die ihm zugeschriebenen Vorzüge sind beachtlich, das würde fast zu einem zweiten Theodor Heuss reichen und sogar noch zu Blücher. Aber evangelischer Theologe und SPD-Mitglied? Zweifel angebracht. Keine gute Mischung. Das haben wir in Rau zu Genüge. Er war zwar nicht Theologieprofessor, doch als "Bruder Johannes" evangelischer Sonntagsschullehrer.

Evangelische Kirche wie SPD waren und sind Verfechter der ewigen deutschen Schuld und der sich daraus ergebenden Sühneleistungen; sie versuchen, dabei einander zu überbieten - qualifizierter Theologieprofessor und SPD-Mitglied paßt insofern gut zusammen. Nicht so, wenn man die Leistung der SPD als Regierungspartei ansieht. Da fehlt es am folgerichtigen Denken.

Der gelobte Richard Schröder schweigt. Als Theologe und Parteimitglied. Er deckt damit die Politik seines Namensvettern. Der Franzose Guyau sagte einmal: "Wer nicht handelt, wie er denkt, denkt unvollständig." Mit dem Denken des Theologieprofessors scheint es nicht weit her zu sein; mit seiner Selbständigkeit zu überparteilichem Handeln ebensowenig. Oder liegt der Grund tiefer? Dann um so schlimmer. Richard Schröder? Doch lieber nicht. Frau Neujahrs Gründe überzeugen nicht.

Paul F. Wagner, Lörrach

 

 

Zu: "Allüren wie ein Pennäler" von Elvira Seidel, JF 33/03

Dummfalsch, falschdumm

Frank Schirrmacher "schädigt zum wiederholten Mal die Reputation der FAZ", wie Elivira Seidel behauptet. Er schädigt sie überhaupt nicht. Im Gegenteil! Er "ist" die neue FAZ!

Frau Seidels Beitrag gefällt mir trotzdem, angefangen von der Überschrift bis zu Formulierungen wie "Posaunenengelgesicht", von Harpprecht übernommen, dem ich nicht allzuviel Menschenkenntnis zutraue. Frau Seidel, die Schirrmacher als "Spielnatur" aus dem Stern zitiert, zitiert Harpprecht mit der halblustig-schwäbischen Feststellung: Er hatte Schirrmacher als Hauptverantwortlichen für die desaströse Entwicklung und Bilanz der einstigen Königin der deutschen Tageszeitungen benannt. Dummfalsch, falschdumm nach bester Harpprechtscher Tradition.

Ich hoffe nur, daß viele dies anders sehen. Für mich, einen hoffnungslos Rechten, ist er ein Hoffnungsträger, der in die versunkene, übermütige linke Medienlandschaft einen Hauch von Frischluft bringt. Und sei es um den Preis, als "eiskalter, selbstverliebter, verantwortungsscheuer Karrierist" (Harpprecht) zu gelten. Kurt Schild, Frankfurt/Main

Schlüssel zur Sanierung

Man nehme eine beliebige Ausgabe der FAZ und lese das seit einiger Zeit immer umfangreicher werdende Feuiletton. So blödsinnig wie die Überschriften sind auch die meisten Inhalte: schöngeistiges Wortgeklimper, Sofa-Moralismus, Volkspädagogik und seitenlange, ermüdende Elaborate von an deutschen und ausländischen Universitäten bestallten Honorationen, deren offensichtlicher Sinn es ist, die Reputation zu mehren, Zeilenhonorar zu kassieren und jenen "Einflüsterern" zu gefallen, die Deutschlands Medien heimlich kontrollieren. An Originalität und Klartext findet sich da nichts mehr.

Kein Wunder, daß die FAZ mit Finanzproblemen kämpfen muß. Wie deprimierend muß es für jeden im politischen oder wirtschaftlichen Sektor dieser Zeitung doch sein, zu wissen, daß er mit seiner Arbeit eine ganze Heerschar nichtsnutziger Feuilletonisten durchfüttern muß, die ihre Beiträge für sich selbst oder für szenen-interne Hahnenkämpfe oder für den Papierkorb schreiben und die sich nimmermehr, würden sie nicht als Küppelprodukt zwangsweise in der Zeitung mit verbreitet, am Markt verkaufen ließen.

Hier läge auch der Schlüssel zur Sanierung der FAZ. Eine einzige Seite mit Kulturberichten, Hintergrundberichten und Kritiken würde genügen, drei Redakteure im Innendienst, sechs Korrespondenten im Außendienst an den Brennpunkten kulturellen Geschehens, alles Top-Leute, die unabhängig denken können und unabhängig schreiben dürfen, und weg mit dem alten Zopf des Feuilletons und dem vielen toten Holz auf den Gehalts- und Honorarlisten. Und für die Abonnenten und die Zeitungskäufer am Kiosk wäre da sogar noch eine Preisreduzierung drin.

Reinhard E. Schwabe, Much

 

 

Zum Pro & Contra: "Affen, Bären und Elefanten aus dem Circus verbannen", JF 31-32/03

Unfug stoppen!

Seit Jahrzehnten ist mir der Circus schon vergrault durch radfahrende Affen und Bären (mit Nasenring). Ein "Tänzchen" ist möglichst noch fürs tägliche Brot fällig. Ich hoffe sehr, daß dieser Unfug aufhört, sonst sind demnächst auch noch Hundekämpfe dran. 

Annita Maltese, Berlin

 

 

Zu: "Von den Schuhspitzen aufschauen" von Doris Neujahr, JF 31-32/03

Schlußstrich

Was wie ein hehres Ziel beschrieben wird, nämlich in Berlin ein "Zentrum der Vertreibungen" einzurichten, ist in Wirklichkeit nichts anders als die angestrebte politische Lösung. Ein mit hohen ethisch-moralischen Mauern umgebenes Museum - und damit endlich ein Schlußstrich. Keine Auseinandersetzung mehr mit dem beispiellosen Verbrechen der Vertreibung von 15 Millionen Deutschen aus ihrer Heimat, keine Diskussionen mehr um die Durchsetzung verbrieften Völkerrechts, nicht um Außerkraftsetzung der Benes-Dekrete und die Bestrafung der noch lebenden Mörder und Totschläger und schon gar nicht um Entschädigung oder gar Rückgabe geraubten Eigentums. Nein, das alles ist ja auch "politisch nicht korrekt", stört es doch nur allzusehr bei der Vergangenheitsbewältigung und dem - parlamentarisch schon abgesegneten - "Schlußstrich". Völkerrecht, Heimatrecht und Verbrechen ins Museum stehen so als eine Art "Selbstbefreiung" der "Erlebnisgeneration" von jeglicher politischer Verantwortung für Millionen noch lebender Vertriebener. 

Alfred Zips, per E-Post

 

 

Zu: "Ein Projekt weltfremder Bürokraten" von Frank Philip, JF 31-32/03

Zwang zur Dummheit

In den USA führt die Gleichmacherei der Antidiskriminierung zum Beispiel zur folgenden Situation: Der Kuppelturm des historischen Rathauses von San Francisco ist für sämtliche Besucher geschlossen, weil er für Rollstuhlfahrer nicht zugänglich gemacht werden kann. Man halte sich die unzähligen Wendeltreppen zu mittelalterlichen Kirch- und Wehrtürmen in Deutschland vor Augen. In Zukunft: "Tut uns leid, kein Zutritt!"

Wir müssen aufpassen, daß unsere Kulturlandschaft nicht nachhaltig gestört wird. Der erste Kahlschlag könnte durch solch ein fahrlässiges Gesetz erfolgen, der letzte durch das Subventionsverbot für öffentliche Kultureinrichtungen, das die USA uns aufzuzwingen drohen.

Dr. Volkmar Weiß, Berlin


 
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