© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    37/03 05. September 2003

 
Zeitschriftenkritik: Der Nordschleswiger
Stimme der Minderheit
Klaus Gröbig

Kann es eine aufwendig und gut gemachte Tageszeitung geben, wenn sie nur rund 6.000 Leser hat? Die Antwort lautet ja. In Dänemark wird - wie umgekehrt übrigens auch in Deutschland die hiesige dänischsprachige Zeitung - die deutschsprachige Zeitung für die deutsche Minderheit staatlich unterstützt, ohne daß der Staat Einfluß nimmt auf den Inhalt des Blattes. Die Redaktionsleitung des 1946 gegründeten, seit 1951 als Tageszeitung erscheinenden Nordschleswiger befindet sich in Apenrade (Aabenraa), Lokalredaktionen gibt es in Haderleben, Sonderburg, Toudern und Tingleff. Weiterhin gibt es eine Sport- und eine Wirtschaftsredaktion, die für fundierte und aktuelle Berichterstattung sorgen. Die Organisation der deutschen Minderheit in Dänemark, der Bund der Nordschleswiger, fungiert als Herausgeber. Seit dem Zweiten Weltkrieg hält diese Organisation sich aus den Angelegenheiten der dänischen Innenpolitik strikt neutral heraus, und so ist in der Zeitung keine Tendenz erkennbar, die auf eine Parteinahme zugunsten der einen oder anderen Seite der politischen Szene Dänemarks hinweist. Der Bund der Nordschleswiger verfolgt damit eine andere Politik als die dänische Minderheit in Deutschland, die zwar vordergründig neutral agiert, aber bei genauerem Hinschauen schon eine politische Präferenz für Rot-Grün erkennen läßt. Der Bund der Nordschleswiger unterhält eine große Anzahl von Schulen, die aufgrund der anspruchsvollen Ausbildung auch gern von autochthonen Dänen besucht werden, und hat einige Bibliotheken mit umfangreicher deutscher Literatur eingerichtet.

Der Nordschleswiger verfügt über eine starke Leser-Blatt-Bindung. Geschäfte und Dienstleister beiderseits der Grenze inserieren eifrig in dem Blatt. Was das Blatt auszeichnet, ist die unkommentierte sachliche Berichterstattung, die sich nicht der politischen Korrektheit unterwirft, wie das in den meisten deutschen Zeitungen heute der Fall ist. So wurde unlängst darüber debattiert, ob es an den Schulen ein Vermummungsverbot für Moslems geben soll. Die immigrationsfreundliche Sozialistenpartei schimpfte über "Populismus", die mitregierenden Nationalliberalen haben "Bedenken", und die Volkspartei findet die Idee "prima". Fast wie in Deutschland, möchte man meinen, nur daß die Liberalen in Dänemark keine Westerwelle-FDP sind und Angela Merkel hierzulande keine Volkspartei führt - aber sonst?

Für bundesdeutsche Dänemark-Urlauber liegen die Vorteile des Nordschleswiger auf der Hand: Auch ohne Kenntnisse der Landessprache kann man sich hier nicht nur über das Geschehen im Urlaubsland informieren, sondern erhält auch gute Hinweise, was an Veranstaltungen und Sehenswürdigkeiten lockt. Urlauber erhalten den Nordschleswiger zumindest in den erwähnten Städten bei Zeitschriftenhändlern oder direkt in den Redaktionen, die dort Verkaufsstände unterhalten.

Kontakt: Der Nordschleswiger, Skibbroen 4, 6200 Aabenraa. Tel. 74 62 38 80, Internet: www.nordschleswiger.dk 


 
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