© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    37/03 05. September 2003

 
Meldungen

Christoph Schlingensief gibt Entwarnung

BAYREUTH. Christoph Schlingensief ist Befürchtungen entgegengetreten, er könnte mit seiner Inszenierung von Richard Wagners "Parsifal" im kommenden Jahr die Bayreuther Festspiele entweihen. Er werde "keinen Bombentrichter" am Grünen Hügel hinterlassen, versprach der Regisseurdarsteller vorige Woche in einem Gespräch mit dem Nordbayerischen Kurier. "Ich glaube, für mich eine Türe entdeckt zu haben, diesen 'Parsifal' zu betrachten", sagte Schlingensief. "Hinter dieser Türe hat Hitler keine kleinere oder größere Bedeutung als George Bush oder andere Weltenlenker. Deswegen muß man aber nicht die Hakenkreuzflagge oder die US-Fahne auf die Bühne holen." Schlingensief, der mit zweifelhaften politischen Aktionen Schlagzeilen machte, war Anfang Juni von Festspielleiter Wolfgang Wagner als Regisseur für die Eröffnungsinszenierung der Richard-Wagner-Festspiele im kommenden Jahr berufen worden. Er befinde sich seitdem in einem "leichten Schwebezustand der Verunsicherung", erklärte Schlingensief . Zum Stück selbst verriet er nur, daß man von ihm keine Inszenierungen "nach dem Reclamheft" erwarten dürfe. Er sei sehr wohl in der Lage, eine Partitur zu lesen. Seiner Meinung nach gebe es bei Wagner aber "ziemlich viele Wartezonen", sagte der Regisseur. "Da hört man viel Verkehrslärm durch - Autolärm, Motorradlärm, ein Chaos eben. Plötzlich kommt aber alles zusammen. Da starten alle gemeinsam durch. Da bricht Glückseligkeit aus. Das schafft Wagner ganz gut."

 

Kritiker küren "Theater des Jahres"

BERLIN. Das Thalia Theater in Hamburg ist das "Theater des Jahres", das "deutschsprachige Stück des Jahres" ist Fritz Katers "zeit zu lieben, zeit zu sterben", uraufgeführt ebenfalls am Thalia Theater. Das entschieden 38 Theaterkritiker in einer Umfrage für das Jahrbuch der Zeitschrift Theater heute. Die "Inszenierung des Jahres" ist laut der Umfrage Frank Castorfs "Idiot" nach Dostojewski an der Berliner Volksbühne. Zum "Schauspieler des Jahres" wurde Martin Wuttke, zur "Schauspielerin des Jahres" Anne Tismer in Thomas Ostermeiers "Nora"-Inszenierung an der Schaubühne am Lehniner Platz gekürt. Als "Ärgernis des Jahres" empfanden 18 Kritiker die Kulturpolitik. Angesichts der Finanzkrise der Städte und Länder und der Kürzungsbestrebungen am Kulturetat erklärte Thalia-Intendant Ulrich Khuon in Theater heute: "Die Gesellschaft kann sich unser Theater mühelos leisten. Mühelos. Sie sollte aufhören, ihre Kürzungs-Symboldebatten übers Theater zu führen statt über den gesamten Öffentlichen Dienst, der in großer Sicherheit lebt."

 

US-Behörden entfernen Denkmal Zehn Gebote

MONTGOMERY. Unter dem Protest von Dutzenden Gläubigen haben US-Behörden am Mittwoch voriger Woche ein Denkmal für die Zehn Gebote aus einem Gerichtsgebäude entfernt, das ein Richter dort auf eigene Faust hatte aufstellen lassen. Arbeiter transportierten die zweieinhalb Tonnen schwere Granit-Plastik aus dem öffentlich zugänglichen Teil des Gerichts von Montgomery im US-Bundesstaat Alabama ab. Der mittlerweile suspendierte Richter Roy Moore hatte das Monument vor zwei Jahren in einer Nacht-und-Nebelaktion aufstellen lassen und sich trotz mehrfacher gerichtlicher Aufforderung geweigert, es wieder zu entfernen. Ein Bundesgericht beschloß jetzt, daß das Kunstwerk gegen die Trennung von Staat und Religion verstoße.


 
Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen