© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    38/03 12. September 2003

 
Josef Ackermann
Der Kassenwart
von Ronald Gläser

In Bankkreisen wird er als ruhiger Strippenzieher bewundert. Die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung bezeichnete Josef Ackermann sogar einmal als "Schattenmann", weil sich der Deutschschweizer nur selten in der Öffentlichkeit zeigt.

Dabei ist er als Vorstandssprecher der Deutschen Bank einer der mächtigsten Männer Deutschlands. 1977 bei der Schweizerischen Kreditanstalt ins Bankgeschäft eingestiegen, wo er sich den Spitznamen "Joe" erwarb, arbeitet er seit 1996 für Deutschlands größtes Geldinstitut. Er hat die Übernahme von Bankers Trust zu verantworten, seitdem gehört das Haus zum Spitzentrio der weltgrößten Investmentbanken.

Im Jahr 2000 ließ er die Fusion mit der Dresdner Bank scheitern. Als er im Mai 2002 die Führung der Bank übernahm, befand sich der Konzern in einer schwierigen Situation. Gleich im ersten Quartal unter Ackermanns Leitung rutschte das Unternehmen in die roten Zahlen ab. Aus 200 Millionen Euro Gewinn wurden 300 Millionen Verlust. Die Schwäche von Kapitalmarkt und Konjunktur zeigte Wirkung. Inzwischen hat sich das Blatt gewendet. 570 Millionen Gewinn spülte das zweite Quartal 2003 in die Kassen der Bank. Das operative Geschäft brummt.

Die Schwächephase war auf Wertberichtigungen nach Verkäufen von Beteiligungen (Gerling, Metallgesellschaft) zurückzuführen. Manche Aktionäre kritisierten ihn dafür. Die Marktlage sei zu schlecht für diese Verkäufe gewesen. Die Bank stünde jetzt nackt da, hieß es bei der Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz. Allerdings hat der weitere Verlauf gezeigt, daß die Aktienkurse - wie beispielsweise bei der Münchner Rück - noch weiter in Keller gesunken sind. Insofern war es richtig, diese Beteiligungen abzustoßen. Statt dessen kauft die Deutsche Bank von nun an massiv eigene Aktien zurück.

Andere Kritiker werfen Ackermann seine Rolle als "Turboglobalisierer" vor, er beklagt sich gerne über die Steuer- und Abgabenlast in Deutschland. Der 55jährige hat auch schon mit einer Verlagerung ins Ausland gedroht. Alles nur Show, sagen Bankanalysten, die Ackermann persönlich kennen, gegenüber der JF. "Er legt Wert darauf, daß es sich um eine deutsche Bank handelt", berichtet ein Deutsche-Bank-Experte. Eine Verlagerung der Zentrale nach London stehe nicht wirklich zur Debatte.

Zu Ackermanns Profil gehört aber auch seine Rolle als "Mr. Massenentlassung". 15.000 Mitarbeiter wurden in den letzten 15 Monaten vor die Tür gesetzt. Und der mit einer Finnin verheiratete Doktor der Volkswirtschaft muß sich vielleicht bald wegen Veruntreuung vor Gericht verantworten.

Er hat nämlich Anfang 2000 zusammen mit Gewerkschaftsboß Klaus Zwickel die Riesenabfindungen für die Mannesmann-Manager mitbeschlossen. Unter anderem hatte Klaus Esser damals 30 Millionen Euro abkassiert. Sollte Anklage erhoben und er verurteilt werden, wäre er an der Spitze der Bank untragbar.


 
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