© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    39/03 19. September 2003

 
Frisch gepresst

Operation Gomorra. Ende Juli 2003 jährte sich zum sechzigsten Mal der furchtbare Terrorangriff der Alliierten auf Hamburg, bei dem nach Planung Arthur "Bomber" Harris' gezielt die Zivilbevölkerung getroffen werden sollte. Wie zum Hohn wurde der Angriff 1943 auch noch nach der Stadt des gerechten biblischen Strafgerichtes "Operation Gomorra" benannt. Damals tat der junge Hans Brunswig Dienst im Stabe des Kommandeurs der Feuerschutzpolizei Hamburg, von wo er unmittelbar nach dem Angriff durch die zerstörten Stadtteile fuhr und den vorgefundenen Schrecken anhand vieler bis heute bekannter Fotos dokumentierte. Auch nach dem Krieg widmete sich der spätere Hamburger Oberbranddirektor Brunswig der Aufarbeitung des Bombenkriegs, der sowohl seine Vaterstadt wie auch ihn selbst geprägt hatte, und veröffentlichte 1978 die Geschichte der Angriffe auf Hamburg im Zweiten Weltkrieg. Nun hat der Stuttgarter Motorbuch Verlag die elfte Auflage als Spezialauflage mit einem Vorwort des betagten Autoren herausgebracht (Feuersturm über Hamburg. Die Luftangriffe auf Hamburg im Zweiten Weltkrieg und ihre Folgen. 470 Seiten, viele Fotos und Dokumente, 14,90 Euro).

Tabus in der Gegenwart. Wer in unserer Zeit eine einzuhaltende Linie allzu deutlich verläßt, läuft Gefahr, sich alsbald zumindest mit dem Problem der sozialen Isolation auseinandersetzen zu müssen, resümmiert Hans Doerner in seinen kritischen Betrachtungen "Die Tabus unserer Zeit". Die reine Bequemlichkeit, sich dieser Lage auszusetzen, verhindere naturgemäß viele Tabubrüche. Besondern im Umgang mit der belasteten deutschen Geschichte fordert Doerner, diese Bequemlichkeit zu überwinden und verweist vergleichend auf die Vergangenheitsbewältigung in Englang, Rußland oder Frankreich, wo sich den historischen Altlasten aus Kolonialismus oder Sozialismus unverkrampfter genähert wird. Hier zeige sich eine Asymmetrie zum deutschen "Schuld und Sühne"-Komplex, der eine ehrliche Aufarbeitung der eigenen Geschichte verhindere. Um das gegenwärtige Trauma in Deutschland zu überwinden, reichten die gesellschaftlichen Tabubrüche der Nach-68er-Zeit eben nicht aus (Die Tabus unserer Zeit, Doerner Verlag, Kafkastraße 5, 90471 Nürnberg, 111 Seiten, 10,12 Euro).

Krieg und Gefangenschaft. Aus der Vielzahl der Erinnungsliteratur über den Zweiten Weltkrieg hebt sich die lebhaft geschriebene "Erinnerung eines Neunzigjährigen" angenehm heraus. Nachdem der Autor an den Blitzkriegen in Polen und Frankreich teilgenommen hat, gerät er Anfang 1942 in Nordafrika in britische Kriegsgefangenschaft. Vor allem die Beschreibung des - zumindest bis zum Mai 1945 - komfortablen Lebens im kanadischen Lager Lethbrigde mit 4.000 Tageskalorien und Theatergruppe stellt einen starken Kontrast zu den oft geschilderten sibirischen Hungerlagern dar (Erlebtes und Erlittenes 1939 - 1947. Rückblicke eines Neunzigjährigen. Condo Verlag 2003, 341 Seiten, 15,30 Euro).


 
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