© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 45/03 31. Oktober 2003

NRW-Verfassungsschutz
Seriös erscheinende Leute
Dieter Stein

In der letzten Woche ist eine Frist abgelaufen. Bis dahin hätte der Chef des Landesamtes für Verfassungsschutz Nordrhein-Westfalen, Hartwig Möller, die Möglichkeit gehabt, Äußerungen richtigzustellen, die er Anfang des Monats gegenüber Medien gemacht hatte. Möller war vom Rechtsanwalt der JUNGEN FREIHEIT, Generalbundesanwalt a. D. Alexander von Stahl, deshalb angeschrieben worden.

Was hatte Möller gesagt? Anläßlich der wegen linksextremistischer Referenten in die Schlagzeilen geratenen Tagung des NRW-Verfassungsschutzes in Düsseldorf am 8. Oktober zum Thema "Neue Rechte - eine Gefahr für die Demokratie?", bei der es im wesentlichen ausschließlich um die Frage der "Beobachtung" der JUNGEN FREIHEIT durch den dortigen, SPD-geführten Verfassungsschutz ging, hatte der Spiegel ein Interview mit Möller geführt. Das Blatt wollte wissen, wer die JUNGE FREIHEIT überhaupt lese. Daraufhin Möller: "Wir wissen nicht, wie die JUNGE FREIHEIT neue Leser gewinnt. Die Stammleser kennen jedenfalls diese Codewörter, wie etwa die Hinweise auf die 'konservative Revolution'. Es ist in jedem Fall ein anspruchsvolles Publikum. Und die wissen genau Bescheid, was sie tun. Man muß sich diese Leute als seriös erscheinende, rechtsextremistische Intellektuelle vorstellen." Sie haben richtig gelesen: Der NRW-Verfassungsschutz-Chef äußert somit nicht mehr nur, es gäbe "tatsächliche Anhaltspunkte für den Verdacht auf rechtsextremistische Bestrebungen" bei der JF - nein, seit allerneuestem verkündet er lauthals, daß die Leser der jungen freiheit pauschal Rechtsextremisten sind. Er hat nicht nur einen Verdacht. Oder tatsächliche Anhaltspunkte dafür. Nein, man stellt sich "diese Leute" einfach mal so als Rechtsextremisten vor. Ist Ihnen das ab sofort bewußt, lieber Leser?

Die Tageszeitung Die Welt zitierte Möller sogar mit noch weitergehenden Erkenntnissen. In einem Bericht vom 14. Oktober ("Im Visier: Die Neue Rechte") schreibt das Blatt, Möller mache für die "Geisteshaltung der Münchner Sprengstoffattentäter" (Sie wissen schon, die verhafteten gewaltbereiten Neonazis, die einen Anschlag auf das jüdische Gemeindezentrum in München geplant haben sollen) die JUNGE FREIHEIT "mitverantwortlich"!

Ist dieser Mann von allen guten Geistern verlassen? Warum ist Hartwig Möller überhaupt noch im Amt und noch nicht von einem verantwortungsbewußten Regierungschef längst gefeuert worden?

Der Verlag der JUNGEN FREIHEIT, der bekanntlich vor dem Bundesverfassungsgericht und in einem im September neueröffneten Parallelverfahren vor dem Verwaltungsgericht Düsseldorf gegen den NRW-Verfassungsschutz prozessiert, prüft derzeit die Möglichkeit eines strafrechtlichen Vorgehens gegen den außer Rand und Band geratenen Behördenleiter. Dieter Stein

Protestieren Sie beim politisch Verantwortlichen: Ministerpräsident des Landes Nordrhein-Westfalen Peer Steinbrück, Stadttor, 40213 Düsseldorf, Tel.: 0211 / 837-1419, Fax: 0211 / 837-1150, E-Post: poststelle@stk.nrw.de 


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