© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 51/03 12. Dezember 2003

Nach eigener Façon
von Carl Gustaf Ströhm

Nach der Duma-Wahl überkam jene westlichen Besserwisser - die sich zuvor mit Verbeugungen vor Putins Rußland geradezu überschlugen - Panik: Da hatten es doch diese Russen gewagt, ganz anders zu wählen, als der Westen es vorgesagt hatte! Das sei äußerst bedenklich und müsse 2004 bei der Präsidenten-Neuwahl ausgebessert werden! Doch in Wirklichkeit hat sich nur bestätigt, was man auch im Westen vorher ahnen konnte: Die einzigen pro-westlichen, Parteien flogen aus dem Parlament - die Putin-Partei Einiges Rußland kam (einschließlich Direktmandate) auf etwa die Hälfte der Sitze. Gemeinsam mit "putintreuen" kleineren Parteien dürfte es für den amtierenden Präsidenten eine Zweidrittelmehrheit geben, mit welcher er die Verfassung ändern und seine bis jetzt auf zwei Perioden begrenzte Amtszeit verlängern kann. Aus der Regierung Putin könnte so ein "Regime Putin" entstehen. Was aber ist daran so verwunderlich? Die Niederlage der pro-westlichen (und von "Oligarchen" finanzierten) Liberalen bestätigt nur, daß Rußland nicht zum Westen gehören will.

Die Menschen, die jenseits der glamourösen Fassaden von Moskau und Petersburg vegetieren, suchen nach einem "starken Zaren", der Ordnung schafft und wieder Ruhm an Rußlands Fahnen heftet. Für das Gackern westlicher Wahlbeobachter hat der Ex-KGB-Mann Putin allenfalls Verachtung übrig. Warum muß Rußland "verwestlicht" werden? Schon Peter der Große ist an dieser Aufgabe gescheitert. Und warum sollten die Russen nicht nach eigener Façon leben dürfen?


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