© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 51/03 12. Dezember 2003

Blick in die Medien
Der Glubsch
Ronald Gläser

Das ZDF-Morgenmagazin berichtet darüber, wir Deutsche seien die "Zahlmeister" in Europa. Trotzdem seien wir unterrepräsentiert. Polen und Spanien hätten mit knapp 70 Millionen Einwohnern fast doppelt so viele Mitglieder im Europarat wie wir. Haben glühende Nationalisten das ZDF besetzt? Nein, natürlich nicht. Die Moderatorin verweist uns gleich darauf, daß dies natürlich eine "sehr einseitige Sichtweise" sei. Ach so, jetzt kommen also Experten zu Wort. Sachverständige werden sicher gleich ein austariertes Bild von der Wirklichkeit vermitteln. Als nächstes erscheint Günter Verheugen auf dem Bildschirm, den das Satiremagazin Titanic vor knapp zehn Jahren mal in einer Comicserie als "Der Glubsch" tituliert hat. Aber ist der SPD-Politiker nicht EU-Kommissar für die Erweiterung? Ja, das ist er. Er ist Vertreter genau jener Organisation, um die es geht. Er vertritt also nicht die suggerierte Expertenmeinung, sondern knallharte Interessen derjenigen, die das Geld aus Deutschland heraustragen. Entsprechend fällt das Urteil des "Experten" aus. Wir Deutsche profitierten viel mehr von der EU, als daß uns der Verlust der 15.000.000.000 Euro (in Worten: fünfzehn Milliarden) schmerzen könnte. "Sie finden keinen Experten in Deutschland, der nicht sagen würde, die EU sei ein Segen für Deutschland", behauptet Verheugen. Er sollte mal die Handwerksmeister in Frankfurt/Oder fragen, die nach der EU-Osterweiterung reihenweise glubsch - das heißt pleite - gehen werden. Aber die sind ja in Brandenburg und nicht in Brüssel.


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