© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 03/04 09. Januar 2004

Im Kreuzfeuer
CDU II: Vera Lengsfeld erntet auf ihr Interview mit der JUNGEN FREIHEIT Kritik von Medien und Fraktion / Ex-FDJ-Blatt diffamiert DDR-Bürgerrechtler
Manuel Ochsenreiter

Für erheblichen Wirbel hat das Interview der CDU-Abgeordneten Vera Lengsfeld mit der JUNGEN FREIHEIT gesorgt (JF 52/03-01/04). Bereits am Erscheinungstag zitierte die Thüringer Landeszeitung den Erfurter SPD-Bundestagsabgeordneten Carsten Schneider, der sagte, Lengsfeld habe "in einer Volkspartei nichts zu suchen".

Vor allem an Lengsfelds Kritik am Umgang mit dem aus der Fraktion ausgeschlossenen CDU-Bundestagsabgeordneten Martin Hohmann erhitzten sich die Gemüter. Im linksliberalen Berliner Tagesspiegel griff Frank Jansen, der bereits für sein "unbeirrbares Engagement gegen Rassismus und Neonazismus" mit der Carl-von-Ossietzky-Medaille der Internationalen Liga für Menschenrechte ausgezeichnet wurde, Lengsfeld an. So unkt er am 21. Dezember gemeinsam mit Matthias Meisner über eine "neue Debatte über mangelnde Distanz zum Rechtsextremismus", die der Union drohe - eine Debatte, die entgegen Jansens Vorhersage freilich nicht mehr stattfand.

Der stellvertretende CDU-Fraktionsvorsitzende Wolfgang Bosbach, der schon im Fall Hohmann dessen Sympathisanten eine "klare Kante" zeigen wollte, griff im Tagesspiegel-Artikel bereitwillig seine Kollegin Lengsfeld an und kündigte an, sie "nach ihrem Motiv zu diesem Interview zu fragen". Die JF sei schließlich ein Blatt, das sich in der Grauzone zwischen Konservativen und Rechtsextremisten befinde, da ist sich Bosbach mit dem nordrhein-westfälischen Verfassungsschutz prinzipiell einig. Lengsfeld wies Bosbachs Kritik als "Doppelmoral" zurück und erklärte, sie verbitte sich "solche Kommentare".

Auch Spiegel-online nutzte das JF-Interview zu einer Abrechnung mit der Weimarer CDU-Frau: "Wie weit Lengsfeld unsteter politischer Weg sie vom gesellschaftlichen Konsens abgebracht hat, wird deutlich, wenn sie im Interview beschreibt, daß die Gefahr für die deutsche Demokratie gerade auch von ihren obersten Hütern ausgehe". Fast klingt es so, als wäre Lengsfeld nicht ganz bei Trost.

Die linksextremistische Junge Welt nutzte das JF-Interview gar zur Diffamierung bürgerrechtlichen Engagements in der DDR. Auch hier scheinen alte Rechnungen offen: "Die Evolution der DDR-Bürgerrechtler nähert sich ihrem Höhepunkt: Mit der 'Freiheit der Andersdenkenden' war schon 1989 die von Martin Hohmann gemeint." "Martin Hohmann" steht hier allerdings für das ehemalige FDJ-Zentralorgan als Synonym für Antisemitismus, Rechtsextremismus und Rassismus.

Bereits vor dem JF-Interview sorgte Lengsfeld für Aufregung in der CDU-Fraktion. Während der sehr emotional geführten Debatte um den Ausschluß Hohmanns wegen dessen Rede zum 3. Oktober erinnerte sie an den heutigen bayerischen Ministerpräsidenten und CDU-Vorsitzenden Edmund Stoiber, der Anfang 1992 von einer "durchrassten und durchmischten Gesellschaft" sprach. Stoiber habe deshalb nicht zurücktreten müssen, so Lengsfeld. Eine Bemerkung, die den CSU-Landesgruppenchef Michael Glos auf die Palme brachte.

Wie Recherchen der JUNGEN FREIHEIT ergaben, erntete Vera Lengsfeld allerdings nicht nur Kritik, sondern auch Zustimmung für ihre Aussagen in dem JF-Interview. So haben ihr etliche Kollegen aus der Bundestagsfraktion zu ihren Ausführungen gratuliert.


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