© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 04/04 16. Januar 2004

Silvesterfeuerwerk
Hochschulen: Die Diskussion um Elite-Universitäten lenkt von den eigentlichen Aufgaben ab
Volkmar Koenigs

Der Vorschlag einer mit den Elite-Hochschulen Großbritanniens und der USA vergleichbaren Elite-Universität von Bundeskanzler Schröder ist zutreffend nur als Leuchtrakete beim Silvesterfeuerwerk zu kennzeichnen - für sehr kurze Zeit Erbauung der Zuschauer, tiefe Dunkelheit vorher und nachher.

Es wäre ein großer Fortschritt, wenn die SPD in ihre Bildungspolitik ihre Ideologie des Gleichmachens und der Ablehnung von Leistung und Elite mit der daraus folgenden Ungleichheit aufgeben würde. Mit dieser Politik hat sie insbesondere die Schulen und Universitäten in ihrer Leistungsfähigkeit schwer gemindert.

Das Schaffen einer mehr oder weniger mit renommierten Hochschulen in Großbritannien und den USA vergleichbaren Elite-Universität durch eine Entscheidung der Bundesregierung ist weder möglich noch der richtige Weg.

Die Elite-Universitäten in Großbritannien und den USA verfügen über das Zehn- bis Zwanzigfache der jährlichen Mittel einer deutschen Universität, haben aber 65 bis 75 Prozent weniger Studenten und können sich ihre Studenten nach strengen Kriterien aussuchen.

In Deutschland ist nur möglich, aber auch dringend erforderlich, wieder Bedingungen für Spitzenleistungen in der Forschung zu schaffen. Das setzt eine ausreichend qualifizierte Basis in Schulen und Universitäten voraus. Schon der Zugang zu den Gymnasien muß von ausreichender Begabung abhängen. Bereits dort muß die Förderung überdurchschnittlich Begabter beginnen und in den Universitäten fortgesetzt werden.

Welche Universitäten und Forschungseinrichtungen Spitzenleistungen erbringen und daher zu fördern sind, kann nur im ständigen Wettbewerb entschieden werden, nicht durch eine einmalige Auswahlentscheidung der Bundesregierung und auch nicht für eine Universität als Ganzes, sondern nur für bestimmte Institute oder Fakultäten.

Die Universitäten müssen die Möglichkeit bekommen, sich ihre Studenten selbst auszusuchen, Studiengebühren zu erheben, und sie müssen größere Freiheit für Entscheidungen über ihre Struktur, Berufung und Vergütung der Professoren und Verwendung ihrer Mittel erhalten. Die entgegenstehenden für die Leistungsfähigkeit der Universitäten verhängnisvollen Gesetze des Bundes der letzten Jahre sind aufzuheben.

Statt wie gegenwärtig die Mittel des Bundes für die Förderung der Forschung zu kürzen, sind diese Mittel wesentlich zu erhöhen, ebenso die Mittel der Länder für die Universitäten, um die gegenwärtige Unterfinanzierung der Hochschulen mit ihren schwerwiegenden Folgen für Forschung und Studium zu beenden.

Besonders wichtig ist es, der Abwanderung hochqualifizierten wissenschaftlichen Nachwuchses insbesondere in die USA entgegenzuwirken. Erforderlich sind dazu zeitlich befristete Stellen mit ausreichenden Arbeitsmöglichkeiten ohne Lehrverpflichtungen. Zur Entlastung der Universitäten sind theoretisch weniger Begabte auf Fachschulen und andere Ausbildungswege zu verweisen.

 

Prof. em. Dr. Folkmar Koenigs lehrte Handels- und Wirtschaftsrecht sowie Europarecht an der Technischen Universität Berlin.


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