© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 04/04 16. Januar 2004

Leserbriefe

 

Zu: "Die vereinte Entfesselung" von Stefan Scheil, JF 3/04

Wesen der Wissenschaft

Es ist das Wesen und die Aufgabe der Geschichtswissenschaft, daß sie die Geschichte immer wieder umschreiben muß. Im Falle des Zweiten Weltkrieges allerdings lag der Schatten der Sieger nun schon zu lange auf den etablierten deutschen Historikern. Stefan Scheil beteiligt sich da an dieser in Deutschland brachliegenden Aufgabe in lobenswerter Weise und bringt die bisher scheinbar (und bei einigen immer noch) gelöste Frage nach den Ursachen des Zweiten Weltkrieges auf den Punkt: Die vereinte Entfesselung! Das wird nun zu heftigen Protesten der "Zunft" führen, wie ja auch schon der Bundeswehrgeneral a.D. Gerd Schultze-Rhonhof ("Der Krieg, der viele Väter hatte") erfahren mußte. Dennoch: beide sind auf dem "richtigen" Weg, und ich empfehle daher dringend das Werk des britischen Historikers R. J. Overy (Universität London), "The Origins of the Second World War" (Seminar Studies in History), der zum gleichen Ergebnis kommt.

Overy kommt zu dem Schluß, daß Frankreich und Großbritannien letztlich um ihre Imperien bangten und keinen Konkurrenten zulassen wollten. Das Schicksal Polens hat dabei für sie keine Rolle gespielt.

Prof. Dr. Karl-Heinz Kuhlmann, Bohmte

 

 

Zu: "Bruder Lau" von Christian Vollrath, JF 3/04

Rau muß weg

Was fällt denn diesem Herrn Rau da eigentlich ein! Es gibt überhaupt keinen Grund, der es rechtfertigen würde, das Kruzifix in öffentlichen Gebäuden in unserem Land zu entfernen. Das Kreuz als wesentliches Symbol des Christentums, weltweit ein Zeichen für Toleranz und Versöhnung, beleidigt niemanden und muß in unserer mehrheitlich christlich geprägten Gesellschaft immer Mittelpunkt bleiben. Geradezu wie Hohn klingt es, wenn Rau sich weiter "praktizierender Christ" nennt.

Es wird höchste Zeit, daß er von der politischen Bühne verschwindet. Seiner moralisierenden Sprüche ist man schon längst überdrüssig. Er sollte sich damit besser zurückhalten, denn nicht vergessen ist seine Verwicklung in die SPD-Affären in NRW, vor allem in die Flugaffäre.

Herbert Gaiser, per E-Post

 

 

Zu: "Die Situation ist ernst", Interview mit Gottfried Kiesow, JF 2/04

Schwerer Stand

Wenn Historiker heute versuchen, das Wesen vergangener Kulturen zu verstehen, können sie oft nur auf die ausgegrabenen Reste ihrer Architektur zurückgreifen. Vor diesem Hintergrund ist es geradezu erschreckend, sich vorzustellen, was die Geschichtsforschung der Zukunft über die Deutschen des 20. Jahrhunderts herausfinden wird.

Mit dem Zerfall von Baudenkmälern verfallen auch in Jahrhunderten entstandene Werte in der Architektur. An ihre Stelle tritt der Zeitgeist als neues Schreckgespenst. Das optische Empfinden der Masse zieht mittlerweile gesichtslose Fassaden aus Stahl und Glas jeden Baudenkmal vor. Das Wort "modern" ist so sehr zum Synonym für "schön" geworden, wie das Wort "Denkmal" ein Synonym für "rückwärtsgewandt" zu sein scheint. Und so hat der Denkmalschutz heute einen ähnlich schweren Stand wie in seinen Anfängen in der Nachkriegszeit - aus denselben Gründen.

Das Dramatische an dieser Entwicklung ist, daß sie sich heimlich, still und leise vollzieht. Gottfried Kiesow formuliert es endlich laut: Millionenprojekte wie die Rekonstruktion der Frauenkirche - und haben sie auch noch so großen Symbolcharakter für die Erhaltung des Vergangenen - dürfen uns nicht in trügerischer Sicherheit wiegen. Denn der allmähliche Verlust unserer Baukultur passiert in den Kleinstädten und Dörfern. Unter Ausschluß der Öffentlichkeit.

Hans Mayer, Berlin

 

 

Zu: "Spaltung mit Hindernissen" von Peter Freitag, JF 2/04

Reformbedürftig

Daß man Herrn Schill nun die Bezüge aberkennen will und die neue Schill-Fraktion in Hamburg den Steuerzahler zusätzliche Bezüge kostet, offenbart wieder einmal auf eklatante Weise, in welch erbärmlichem Zustand sich unser veraltetes und dringend refombedürftiges Polit- und Parteiensystem befindet. (Wo bleibt zum Beispiel der Kontrollrat für den Bundestag?)

Daß man natürlich Herrn Schill als Judas brandmarken will, liegt in der Natur der Sache und ist bezeichnend für die im Grundgesetz verankerte vielgepriesene Meinungsfreiheit und das Demokratieverständnis unserer honorigen Politiker in diesem Land.

Hätte Herr Schill einer linkslastigen Partei angehört, wäre das Thema unter dem Mantel des Schweigens verschwunden, so aber tritt die political correctness das "sünderhafte Verhalten" - welches vom System selber vorgegeben und tagtäglich von Politikern aller Colour benutzt wird - schön genüßlich in der Öffentlichkeit breit, um gleichzeitig die konservative Schill-Politik mit anzuklagen.

Sven Hauke Ericksen, Ganderkesee

 

 

Zu: "Wer ist 'Wir', Herr Thierse?" von Dieter Stein, JF 52/03-1/04

Blockflöten-Konzert

Dank gebührt unseren anständigen Abgeordneten, einstimmig haben sie der Resolution gegen den Antisemitismus zugestimmt! Ein déjà-vu-Erlebnis für unsere ostdeutschen Mitbürger, wurde doch damit neben dem Grünen Pfeil eine weitere sozialistische Errungenschaft vom Westen übernommen: der Kampf aller Parteien in einer Front gegen die Unbelehrbaren, Rassisten, Faschisten, Antisemiten, Revisionisten und Reaktionäre (heute Fundamentalisten). Ein Schelm, wer dabei an ein Blockflöten-Konzert denkt!

Auch die Art und Weise, wie einvernehmlich die Rede Hohmanns von den Massenmedien bewertet wird, wird manchen an frühere Zeiten erinnern. Vor Eröffnung des öffentlichen Tribunals stand bereits alles fest, daher war der Nachweis des Antisemitismus auch nicht notwendig. Es reichte vollkommen aus, daß alle Diskursteilnehmer die Rede als antisemitisch, unsäglich und abstrus bezeichneten.

Hat in Deutschland jemand den Mut, auf diese Vorverurteilung hinzuweisen? Jeder Sexualstraftäter hingegen hat Anspruch auf ein ordentliches Gerichtsverfahren. Die nach dem Zweiten Weltkrieg aus den USA importierte Zivilcourage können wir nun getrost mit bestem Dank zurückgeben.

Heinrich Wehner, Wiesbaden

 

 

Zu: "Das Wunder von Dresden" von Paul Leonhard, JF 52/03-1/04

Die Toten nicht vergessen

In einem Land - unserem Deutschland -, in dem man sich mühsam ein Kulturreplikat nach dem anderen aufzubauen versucht, sollte nicht vergessen werden, wer unsere Kulturschätze ganz bewußt in Schutt und Asche legte und wie viele Menschen, meist Zivilisten, bei all den tausendfachen Terrorangriffen ums Leben kamen.

In dem "Werbeprospekt" für Spenden-Interessenten für die Dresdner Frauenkirche wäre es auch angebracht gewesen, die Zahl der Toten, die am 13. und 14. Februar 1945 getöteten Zivilisten wahrheitsgemäß und nicht nur mit 30.000 anzugeben. 

Hans-Dieter Koch, Wenningstedt/Sylt

 

 

Zu: "Die Union muß der Einengung der Meinungsvielfalt entgegenwirken", Interview mit Vera Lengsfeld, JF 52/03-1/04

Relativierte Erinnerung

Glückwunsch für das außerordentlich gelungene letzte Heft der Jahres 2003! Wo findet man in unseren Wochenzeitungen noch so unkonventionell-nachdenkliche Beiträge wie den von Bernd Rabehl oder ein Interview wie das mit Vera Lengsfeld, das ganze Jahrgänge von Spiegel-Gesprächen aufwiegt? Hier wie in anderen Artikeln wird ein Maß an intellektueller Freiheit geboten, das anderenorts längst verkümmert ist. Schlimmes Beispiel dafür ist Die Zeit: früher einmal intelligente Liberalität, heute Zentralorgan dumpfer politischer Korrektheit, das immer mehr an die Denk- und Meinungsverbote des Vormärz im 19. Jahrhundert erinnert.

Unser Deutschland ist nunmehr tatsächlich ein "Land der unbegrenzten Zumutbarkeit" (so früher der linksliberale Publizist Ulrich Sonnemann) geworden: mit einem Bundespräsidenten, der dem islamistischen Kopftuch denselben Wert zusprechen will wie dem christlichen Kreuz, dem Symbol abendländischer Kultur, und damit unsere Kultur untertänig-beflissen zur Disposition stellt; mit einem Bundestagspräsidenten, für den das eigene Volk offenbar nur noch als "Tätervolk" denkbar ist, dessen millionenfache Opfer nicht nur verhöhnt werden dürfen, sondern die Erinnerung an sie wird auch relativiert oder gar verboten.

Dr. Werner Soest, Bonn

 

Wohlklingende Formulierungen

Frau Lengsfeld produziert Kaskaden wohlklingender Formulierungen, denen sicherlich jeder Wertkonservative unentwegten Beifall zollen wird. Gleichwohl liefert sie auf manche klare Frage eine klare Antwort; "Was ist dann Antisemitismus?" beantwortet sie sinngemäß mit "Es gibt unterschiedliche Ausprägungen von Antisemitismus".

Sie muß sich ferner fragen lassen, wie sich ihr Patriotismus mit ihrer offenkundigen Negierung von Volk und Nation - diese beiden Begriffe gebraucht sie so gut wie gar nicht - verträgt. Diese Grundhaltung tritt zutage bei "Der Staat ist eine Schicksalsgemeinschaft", welche nicht nur für mich immer noch das Volk ist. Und wenn sie beklagt, die demokratische Rechte in Deutschland sei ohne Anziehungskraft und intellektuelle Ausstrahlung, so sollte sie auch nicht unerwähnt lassen, daß die deutsche Rechte seit jeher durch das politische Establishment und die Medien rigoros vom öffentlichen Diskurs ausgegrenzt wird.

Bernd Sydow, Berlin

 

Begrenzung des Geistes

Die Aussage kann man nur doppelt unterstreichen. Die Einengung der Meinungsvielfalt hat auch eine Begrenzung des Geistes zur Folge. Zu geistigen Leistungen braucht man Gedanken- und Meinungsfreiheit. Nur dadurch hat der Mensch eine Entwicklung vom Faustkeil bis zum Laserstrahl genommen.

Die Einengung der Meinungsvielfalt behindert den Fortschritt und hat bisher immer zu den dunkelsten Kapiteln der Menschheitsgeschichte gehört - man denke nur an die heilige Inquisition. Begrenzungen von Meinungsvielfalt waren bisher nie von Dauer, denn sie sind dem Menschen wesensfremd. Der aufgeweckte Mensch fragt immer nach einem Warum. Dieses Verhalten gepaart mit geistiger Beweglichkeit ist der Motor des Fortschritts. Aus der Merkel-CDU kommt einem der Mief des Mittelalters entgegen.

Reinhard Wick, Bielefeld

 

Israelkult und Antizionismus

Wenn Vera Lengsfeld den früheren Linken ihren Antizionismus vorwirft, sollte sie auch den Israelkult heutiger Linksextremisten kritisieren. Aber offenbar ist so etwas nicht zu erwarten von einer Politikerin, die Hohmanns Rede verunglückt, provinziell, unpassend und überflüssig findet und den Antiamerikanismus zu den Problemen der Nation zählt.

Richard Stockmann, Dresden

 

 

Zu: "Prinzip der verbrannten Erde" von Manuel Ochsenreiter, JF 51/03

Gegen den Strom

Man sagt, daß es im Krieg in einer Massenpsychose eher zu Heldentaten kommt, als wenn jemand im Frieden gegen den Strom schwimmt. Da es aber mit Deutschland rapide bergab geht, kann man jedes Gegen-den-Strom-Schwimmen, besonders wenn es um das Bewahrende, das Konservative geht, schon im voraus als positiv betrachten. Vor allem, wenn es um konkrete Sachverhalte geht.

Und konkret waren die Gegenschwimmer schon: Johannes Dyba kämpfte für christliche Werte, Möllemann für die direkten Kontakte mit den Erdölstaaten, Hohmann gegen weitere Ausbeutung des "Tätervolkes" durch die Vergangenheitsbewältigung, und Schill sprach seinen Hamburgern aus der Seele, als er sich tatkräftig für die Verbrechensbekämpfung einsetzte, und erntete den größten Unmut des Zeitgeistes für seine Rede im Bundesrat gegen Zuwanderung.

Schill wird seine eckige, undiplomatische Direktheit und Spontanität vorgeworfen. Gefühle als primäre Geistesbefindlichkeit werden in der Politik nicht akzeptiert, wohl aber von den Bürgern, die Schill auf Anhieb 20 Prozent Wählerstimmen einbrachten. Die glatten Beusts in Übermacht (noch) haben die Medien auf ihrer Seite und gewinnen durch Miesmachung von Schill.

Der Bürger wird kritischer, er fängt an zu denken, und irgendwann wird auch die heute schlappe Jugend aktiv. In der Zukunft werden immer mehr Dybas, Hohmanns und Schills erscheinen.

Franz Harder, Leopoldshöhe

 

 

Zu: "Eltern bevorzugt" von Paul Rosen 49/03

Entwicklungshinweise

Das Umlageverfahren in unserem Rentensystem verursachte eine demographische Fehlentwicklung. Auf die darin praktizierten wirtschaftlichen, moralischen und juristischen Mängel wurde mit Geburtenstreik reagiert. So konnte sich nicht genug Humankapital bilden (gut erzogener und gut ausgebildeter Nachwuchs). Aus Familien wurden Individualisten, Singles und Selbstverwirklicher.

Experten schätzen, daß das fehlende Humankapital seit Anfang der siebziger Jahre auf eine Summe von über zwei Billionen Euro angewachsen ist. Diese ungeheure Summe fehlt im Rentensystem und an unserer Wirtschaftskraft. Nur ein schneller Umbau unseres Steuer- und Sozialsystems kann eine Katastrophe verhindern.

Zwei Wissenschaftler haben durch ihre Veröffentlichungen bewiesen, daß sie die Probleme richtig erkannt haben. Sie haben Wege beschrieben, wie die Probleme gelöst werden können: Miegel als Wirtschaftswissenschaftler und Kirchhof als Jurist und Steuerexperte.

Der Neubau: Staatliche Renten und Sozialhilfe - eine steuerfinanzierte Grundversorgung für alle. Bei der Steuer - radikale Streichungen aller Subventionen. Dadurch entsteht trotz erniedrigter Steuersätze ein viel höheres Steueraufkommen, das ausreicht zur Finanzierung der Grundversorgung, des Gesundheitswesens, der Familienförderung und zur Reform unseres Bildungs- und Ausbildungswesens. Die vorgezogene Steuerreform wird von der Opposition als "kleiner Schritt" in die richtige Richtung begrüßt; man möchte aber mit großen Schritten zügig voranschreiten in Richtung Neubau des Systems. Dabei ist das Konzept "sozialer Ausgleich über Steuern" (Merkel) einfacher, logischer und gerechter als das der CSU (Stoiber), das über "Reparatur statt Neubau" zum Ziel kommen möchte. Kirchhof wird es beweisen.

Anton Fischer, Eppingen

 

Rückgang wüschenswert

Es soll ja neben den Gebärfreudigen und den Fruchtlosen auch Frauen geben, die im gebärfähigen Alter nicht den passenden oder gar überhaupt keinen Lebenspartner hatten. Statt ihnen dankbar zu sein, daß sie als alleinerziehende Mütter nicht der Sozialhilfe jahrelang zur Last fielen, fällt man heute über sie her.

Wer weiß denn, ob die Kinder von heute die Steuern- und Rentenzahler von Morgen sind? Vielleicht leben sie - wie viele Eltern auch - von dem, was der Staat so hergibt: der Sozialhilfe.

Ein Bevölkerungsrückgang wäre nicht nur wegen der hohen Bevölkerungsdichte Deutschlands wünschenswert. An dem seit Jahren anhaltenden Arbeitsplatzrückgang wird sich auch in Zukunft nichts ändern. Im Grunde ist der Geburtenrückgang vor diesem Hintergrund ein Gottesgeschenk. Weniger Menschen bedeutet auch, daß weniger Infrastruktur vorgehalten werden muß, was sie Staatsausgaben entlastet. Es bedeutet aber auch weniger Konsum - mit ein Grund, weshalb die Industrie an mehr Zuwanderung interessiert ist, die allerdings zu großen Teilen zu Lasten des Sozialkassen stattfindet.

Wenn die Milliarden, die schon seit vielen Jahren in die Arbeitslosen- und Sozialhilfe fließen, in die Rentenversicherung geflossen wären, hätten wir keine Probleme in diesem Bereich. Auch die Probleme in der Krankenversicherung sind hausgemacht. Die überaus großzügigen Sozialabkommen auch mit nichteuropäischen Ländern (zum Beispiel Türkei) und der nicht zu stoppende "Krankentourismus" kosten ebenfalls seit vielen Jahren unsere Steuergelder.

Natürlich möchte ich nicht, daß wir Deutschen aussterben. Aus diesem Grund ist es wichtig, daß es Familienprogramme und mehr Kinder geben sollte, als finanziellen Anreiz für zahlreiche Fortpflanzung.

Johanna Salviti-Richter, Mörschied


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