© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 06/04 30. Januar 2004

Meldungen

Vom "angeborenen" Kunstsinn der Griechen

KÖLN. Die Geschichte der immer noch wirtschaftswunderlich geprägten Bundesrepublik scheint eine Binsenweisheit von Untergangspropheten zu bestätigen: Je höher der Lebensstandard, desto tiefer das Kulturniveau. Die Kunstblüte des machtpolitisch an den Rand gedrängten Spaniens im 17. Jahrhundert scheint dafür ebenso ein Beleg zu sein wie der kurzzeitige kulturelle Niedergang nach 1871, als das Kaiserreich sich dem Wohlleben der "Gründerzeit" hingab. Daß es sich so einfach nicht mit der Beziehung zwischen Kultur, Politik und Wirtschaft verhält, zeigt Irmgard Siebert an den Reflexionen des Altmeisters Jacob Burckhardt (Archiv für Kulturgeschichte, 2/03). In der griechischen Kulturgeschichte habe er aufzeigen können, daß Kunstentstehung von externen Faktoren weniger abhängig gewesen sei, als dies die Vorstellung vom "goldenen politischen Zeitalter" suggeriere. Nach der Entwicklungsphase löse sich künstlerische Produktion von ihren Voraussetzungen und existiere unabhängig von ihnen fort. Die politisch-ökonomischen Wechselfälle überdauernde Blüte griechischer Kunst müsse daher auf die "Konstanz der anthropologischen Anlagen", den "Kunstsinn" ihrer Schöpfer zurückführbar sein. Erst als sich in der Spätantike dieses "angeborene Formgefühl" veränderte, sei es zum "Verfall der Kunst" gekommen. Trotzdem weist Siebert, vielleicht um die bedenklichen rassenideologischen Affinitäten dieser Produktionsästhetik nicht diskutieren zu müssen, auf Passagen in Burckhardts Werk, die den Kontext von Religion und Kunst thematisieren: Aus der Konstanz religiöser Probleme beziehe die Kunst ihre Aufgaben und werde so zurückgebunden an historisch-materielle Voraussetzungen.

 

Bromberger Morde werden neu untersucht

BROMBERG. Die in den vergangenen Jahrzehnten innerhalb der polnischen Historikerzunft stets als berechtigter Kampf gegen volksdeutsche Diversanten dargestellten Morde an mehreren tausend deutschen Zivilisten in und um Bromberg am 3. und 4. September 1939 (Bromberger Blutsonntag) werden neuerdings hinterfragt. Bereits im letzten Jahr hatte Woldzimierz Jastrzebski an der Bromberger Akademie als einer der ersten polnischen Historiker in der überregionalen Tageszeitung Gazeta Wyborcza die aufsehenerregende Theorie eines polnischen Übergriffs zugestanden. Nun soll dieses in Polen immer noch heikle Thema durch eine Historikerkommission unter der Schirmherrschaft des Institutes für Nationales Gedenken (IPN) untersucht werden. Kurz nach Kriegsbeginn wurde in der seit 1919 zu Polen gehörenden Stadt, in der sowohl Deutsche wie Polen lebten, ein blutiger Pogrom polnischer Freischärler gegen die deutschen Nachbarn verübt. Von polnischer Seite wurden nach dem Krieg diese Morde damit gerechtfertigt, daß angebliche deutsche Heckenschützen auf die durch die Stadt zwischen Weichsel und Netze zurückweichenden Teile der polnischen Armee geschossen hätten.

 

Schwerpunktausgabe über Arnold Gehlen

SCHNELLRODA. Die gerade erschienene Vierteljahreszeitschrift Sezession widmet anläßlich seines hundertsten Geburtstages dem Philosophen Arnold Gehlen eine Schwerpunktausgabe. Götz Kubitschek, Reinhard Pitsch und Karlheinz Weißmann sezieren in ausführlichen Aufsätzen Leben, Werk und Rezeption des konservativen Denkers.

 

Erste Sätze

Für den ersten Weltkrieg noch zu jung, für den zweiten schon zu alt, ist mein Geburtsjahrgang 1901 militärisch unerheblich.

August Scholtis: Ein Herr aus Bolatitz. Lebenserinnerungen, München 1959


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