© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 07/04 06. Februar 2004

Unwissenschaftlich
von Josef Kraus

Schulpolitik und Schulforschung dürfen sich jetzt nicht erneut in die Tasche lügen, vor allem sollten sie nicht den Fehler machen, sich das deutsche Iglu-Ergebnis schönzureden. Deutschland hat im internationalen Vergleich bei Iglu nicht besser abgeschnitten als bei Pisa. Insgesamt sind es nur 15 Nationen, die sich zugleich an Pisa und an Iglu beteiligt haben. Nimmt man nur diese 15 Länder, dann liegt Deutschland bei Pisa auf Rang 11 und bei Iglu auf Rang 8. Auch sonst sind die jeweiligen Ränge nicht miteinander vergleichbar, denn rein nach Rangplatz stehen mehrere Pisa-Länder auf der Iglu-Skala um bis zu elf Rangplätze schlechter bzw. um bis zu 23 Rangplätze besser da.

Bei Pisa wurden ferner Fünfzehnjährige unabhängig von der besuchten Klasse getestet, bei Iglu Viertkläßler unabhängig vom Lebensalter. Da deutsche Schüler im internationalen Vergleich deutlich später eingeschult werden, hinken die bei Pisa getesteten deutschen Schüler schulisch hinterher, während die bei Iglu Getesteten älter sind als ihre Klassenkollegen in anderen Ländern. Wäre bei Pisa ebenfalls nach Klassen getestet worden, hätten die Deutschen hier besser, und wäre bei Iglu nach Alter getestet worden, hätten die Deutschen hier schlechter abgeschnitten.

Alles in allem: Aus den scheinbar unterschiedlichen deutschen Pisa- bzw. Iglu-Rängen schulpolitische Schlußfolgerungen zu ziehen, ist naiv und absolut unwissenschaftlich.


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