© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 07/04 06. Februar 2004

Frisch gepresst

Südtiroler Schicksale. Vor mehr als vierzig Jahren versuchten Südtiroler Widerstandskämpfer, sich dem seit der faschistischen Romanisierungspolitik unter Mussolini zu ertragenden Druck auf die Südtiroler zu widersetzen. Luis Amplatz, Sepp Kerschbaumer, Jörg Klotz, Alois Egger und viele andere setzten für diesen Widerstand gegen Rom und den Kampf um mehr autonome Rechte Gewalt gegen Sachen ein und sprengten 1961 Strommasten und Faschistendenkmäler. Die Jagd des italienischen Geheimdienstes brachte viele dieser "Bumser" für lange Jahre ins Gefängnis oder sogar auf den Friedhof. In der nun vorliegenden Arbeit der Bozener Journalistin Astrid Kofler kommen die Frauen der Südtiroler Aufständischen zu Wort. Die Schilderungen der Verhöre, der Ungewißheit über das Schicksal ihrer Männer und die Auswirkungen der sippenhaften Bestrafung durch die italienischen Behörden lassen authentische Eindrücke über die wenig rechtsstaatliche Unerbittlichkeit zu, mit der auf die Autonomiebestrebungen reagiert wurde. Neu sind die Bekenntnisse einiger Frauen, die nach so langer Zeit ihre eigene Täterschaft an spektakulären und bis heute unaufgeklärten Aktionen bekennen (Zersprengtes Leben. Frauen in den Südtiroler Bombenjahren. Edition Raetia, Bozen 2003, 519 Seiten, 33,50 Euro).

Schleswig-Holstein. Im Februar vor 140 Jahren begann der erste "Blitzkrieg" preußischer Truppen, der mit dem Sieg auf den Düppeler Schanzen endete und aus dem die Herzogtümer Schleswig und Holstein letztlich als preußische Provinz hervorgingen. Mit den Anfängen dieser Entwicklung, der Ausbildung eines deutschen Nationalbewußtseins vor 1848, beschäftigt sich Alexa Geisthövels Fallstudie, die als Dissertation an der Berliner Humboldt-Universität entstand. Geisthövel steigt sehr ambitioniert ein, verspricht, ihre Untersuchung an neueren Forschungskonzeptionen zur "Erfindung der Nation" auszurichten. Was herauskommt, ist eine zwar gründliche, aber doch konventionell positivistische Rekonstruktion jener Diskurskontexte, in denen der nordelbische Nationalismus "kommuniziert" wurde. Warum dieses Orientierungsmuster sich fest- und durchsetzte, darauf bleibt Geisthövel die Antwort schuldig (Eigentümlichkeit und Macht. Deutscher Nationalismus 1830-1851. Der Fall Schleswig-Holstein. Franz Steiner Verlag, Stuttgart 2003, 256 Seiten, 40 Euro).


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