© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 08/04 13. Februar 2004

Zeitschriftenkritik: Neue Politik
Alternativen entstauben
Werner Olles

Herausgegeben von Dieter Kersten erscheint der Kommentar- und Informationsbrief Neue Politik - Beiträge zur politischen Neuordnung neunmal jährlich. 1956 von Wolf Schenke gegründet, einem ehemaligen Reichsjugendführer der Hitlerjugend und China-Korrespondent des Völkischen Beobachters, der sich nach dem Krieg als freier Journalist betätigte, erschien sie bis 1973 als bedeutendste national-neutralistische Wochenzeitung, später als Monatsschrift. Als solche war sie publizistischer und organisatorischer Fokus von Sammlungsbewegungen wie der Vereinigung Deutsche Nationalversammlung e.V. (VDNV) und der Arbeitsgemeinschaft unabhängiger Deutscher (AUD), einem der Vorläufer der Grünen Partei.

Die Zeitung versuchte damals als eine Art pressure group in Sachen Annäherung der beiden deutschen Staaten zu wirken, propagierte Mitte der sechziger Jahren den Ostermarsch der Atomwaffengegner und initiierte zahlreiche national-neutralistische Aufrufe und Konzepte wie beispielsweise den Plan einer "Deutschen Konföderation", den der ehemalige "Berlin-Korrespondent" der Neuen Politik, Wolfgang Venohr, in den achtziger Jahren erneut politisch belebte.

Dieses Konzept wurde von neu-rechts bis links zum weitgehenden Konsens zahlreicher Gruppen im Umfeld der Friedensbewegung, so zum Beispiel in der Arbeitsgruppe Berlin- und Deutschlandpolitik der Alternativen Liste Berlin (1983), in der "Denkschrift zur Verwirklichung einer europäischen Friedensordnung" (Ammon/Schweisfurth, 1985) und im Rahmen des Initiativkreises Linke Deutschlanddiskussion (Rolf Stolz, 1985).

Was jedoch als Verbindungsglied zwischen "links" und "rechts" erstmals sichtbar wurde, wurde von linksextremistischer und "antifaschistischer" Seite sofort als "Verharmlosung des Gedankenguts der Neuen Rechten" gebrandmarkt. Deutschlandpolitischen Friedens- und Neuordnungsinitiativen wurden damit ebenso wie konservativen Tendenzen in der Ökologiebewegung der Garaus gemacht.

Als Lösungsmodell der "deutschen Frage" war die von der Neuen Politik und ihrem Gründer konzipierte "Deutsche Konföderation" damit zunächst vom Tisch. 1987 versuchte dann der CDU-Politiker Bernhard Friedmann noch einmal mit diesem interessanten Plan zu punkten, wurde aber von dem damaligen Bundeskanzler Helmut Kohl ("Blühender Unsinn") rüde zurückgepfiffen.

Friedens-, neutralitäts- und ökologiepolitisch agiert die Neue Politik auch heute immer noch. Manches klingt dabei angesichts der trüben realen Zustände fast ein wenig angestaubt, wenngleich die Forderungen nach "direkter Demokratie" durchaus modern und zeitgemäß sind und die Sympathie für die internationalen Friedens- und Ökologiebewegungen von echter Solidarität getragen ist.

Anschrift: Delta Pro Design und Verlag GmbH. Wilhelmsaue 31, 10713 Berlin. Das Jahresabonnement kostet 15,60 Euro.


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