© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 09/04 20. Februar 2004

Frisch gepresst

Botho Strauß. Dem Verhältnis des Schriftstellers Botho Strauß zur "Konservativen Revolution" (KR) gilt eine Studie von Nadja Thomas. Ein Blick ins Literaturverzeichnis klärt darüber auf, wen sie sich als Pfadfinder durch den Textdschungel auserkor: den Hamburger Soziologen Stefan Breuer als KR-Fachmann und den Zeit-Journalisten Richard Herzinger als Strauß-Kenner und notorischen Strauß-Hasser. Allein der Vielschreiber Herzinger ziert mit fünfzehn Titeln die Bibliographie, obwohl doch nur allzu bekannt sein dürfte: Wer eine Publikation von ihm gelesen hat, kann sich den Rest sparen. Dies ignoriert Thomas zu ihrem eigenen Schaden. Man wünscht sich nämlich, sie selbst hätte das (auf eine ihr offenbar unbekannte Begriffsprägung Hans Freyers zurückgehende) Titel-Zitat ("'Der Aufstand gegen die sekundäre Welt'") als Aufforderung verstanden, wenn schon nicht gegen die "Welt", so doch wenigstens gegen die Vorgaben sekundärer Literatur aufzustehen. Aufgrund spärlicher Kenntnis etwa der Texte eines für Strauß so wichtigen Autors wie Rudolf Borchardt bleibt sie statt dessen sklavisch abhängig von den KR-Schablonen der Firma Breuer&Herzinger ("Der Aufstand gegen die sekundäre Welt". Botho Strauß und die "Konservative Revolution". Königshausen & Neumann, Würzburg 2004, 257 Seiten, 39,80 Euro)

Vordenker Spenglers. Ein Beweis dafür, daß Oswald Spengler die Geschichtsphilosophie des 1861 in München gestorbenen Altphilologen Ernst von Lasaulx gelesen hat und daraus wesentliche Anregungen für seinen Jahr- hunderterfolg "Der Untergang des Abendlandes" (1918) bezogen habe, liegt nicht vor. Doch Spenglers Auffassung der Geschichte, seine Kreation von Kulturen, die den Gesetzen des organischen Lebens folgen, die daraus resultierende Kritik am aufgeklärten Fort-schrittsoptimismus oder die Hypothese von der Zeugungskraft der "Kulturseelen" - dies und noch mehr findet sich schon bei Lasaulx, so daß Günter Maschke als Herausgeber einer Neuauflage von dessen Hauptwerk lakonisch resümiert: All dies lasse die Rede vom "Vorläufer" berechtigt erscheinen (Neuer Versuch einer alten auf die Wahrheit der Tatsachen gegründeten Philosophie der Geschichte. Karolinger Verlag, Wien und Leipzig 2003, 141 Seiten, 19,90 Euro).

Schöner neuer Mensch. Daß Rassenhygiene und Eugenik nicht in das Korsett der Jahre 1933 bis 1945 zu zwängen sind, daß das Dritte Reich hier keine exklusiven Patentrechte besitzt, ist Zeithistorikern nicht unbekannt. Beginnend mit dem Standardwerk von Peter Weingart ("Blut, Rasse, Gene", 1988) ist in den letzten Jahren immer wieder die internationale Dimension dieser Suche nach dem "neuen Menschen" herausgearbeitet worden. Edwin Black , berühmt geworden mit einem "Ent- hüllungsbericht" über "IBM und der Holocaust", hat sich nun der heiklen Frage nach den US-amerikanischen Ursprüngen der Rassenhygiene und deren sozialpolitischer Umsetzung in einer gründlichen Studie zugewandt (War against the Weak. Eugenics and America's Cam-paign to Create the Master Race. Four Walls Eight Windows, New York/London 2003, 550 Seiten, Abbildungen, 22,68 Euro).


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