© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 12/04 12. März 2004

Bloß nicht auffallen
Köln: Seit Februar residiert in einem Museum eine Antifa-Ausstellung / Angriffe auf Lengsfeld und Hohmann / CDU-Bürgermeister findet alles ganz in Ordnung
Manuel Ochsenreiter

Wer sich momentan in Köln über "Rechtsextremismus in Deutschland" und darüber, "was, man dagegen tun kann" informieren möchte, der folgt der Wegbeschreibung auf einem der unzähligen giftgrünen Werbeplakate der Ausstellung "Rechts um und ab durch die Mitte" und landet irgendwann im städtischen "NS-Dokumentationszentrum" am Appellhofplatz 23-25.

Seit dem 26. Februar residiert dort die Ausstellung, die vom "Jugendclub Courage Köln e.V." konzipiert wurde. Wie der Titel bereits sagt, wird der Bösewicht nicht etwa im politischen Randbereich, sondern in "der Mitte" ausgemacht. Der Rechtsextremismus "ist jedoch kein reines Problem des gesellschaftlichen Randes. Dahinter steckt eine Ideologie, die in Teilen bis weit in die Mitte der Gesellschaft akzeptiert wird. In der Ausstellung werden deshalb nicht nur Organisationen und Ideologie der extremen Rechten beleuchtet", heißt es in der Beschreibung des Jugendclubs.

Ganz nach diesem Motto sind auch die Schautafeln der Ausstellung gestaltet. Die CDU-Bundestagsabgeordneten Martin Hohmann und Vera Lengsfeld bekommen pflichtschuldigst ihr Fett ab, der ehemalige ZDF-Moderator und Hohmann-Freund Fritz Schenk, der ehemalige Generalbundesanwalt und FDP-Politiker Alexander von Stahl und der Berliner CDU-Politiker Heinrich Lummer werden ziemlich phantasielos, aber für Antifa-Austellungen handelsüblich diffamiert. Selbst Jürgen Möllemann wird noch einmal posthum verunglimpft - mitsamt seinem umstrittenen Friedman-Flugblatt.

Auch der Bereich "...was man dagegen tun kann" bietet wenig Überraschungen. Klar, die linksextremistischen Publikationen Antifaschistische Nachrichten sowie Der Rechte Rand werden den Besuchern wärmstens anempfohlen.

Passend hierzu werden mit der Kampagne "Kein Mensch ist illegal" und der Anti-Lufthansa-Kampagne "deportation class" zwei weitere Vereine den Besuchern ans Herz gelegt, denen das eigene NRW-Innenministerium "halblegale Strukturen" sowie autonomes Personal nachweist. Bis zur Eröffnung wanderte die Ausstellung übrigens erst durch mehrere Schulen Kölns, wo sie Lehrern und Schülern präsentiert wurde ...

Kein Wunder auch, daß bis auf eine Ausnahme auch altbekanntes Personal aus dem linksextremistischen Milieu bei der Eröffnung das große Wort führte. So hielten die Einführungsvorträge Christoph Butterwegge sowie Gudrun Hentges. Butterwegge wurde von dem im letzten Jahr verstorbenen Kölner Soziologen und Buchautor Erwin Scheuch in der JF noch als "ehemaliger Kommunist mit eindeutig stalinistischer Ausrichtung" betitelt. Außerdem sei er "wissenschaftlich nicht ernst zu nehmen", so Scheuch. Die Politikwissenschaftlerin Hentges ist wissenschaftliche Assistentin am Seminar für Sozialwissenschaften der Uni Köln - und veröffentlichte bereits gemeinsam mit Butterwegge einige Bücher.

Vor den Beiden sprach Bürgermeister Josef Müller (CDU) ein Grußwort und gab der Ausstellung den städtischen Segen. Müllers Redetext, der der JF vorliegt, läßt allerdings den Eindruck entstehen, der Christdemokrat habe die Ausstellung selbst überhaupt nicht besichtigt. Mit keinem Wort geht er auf die Unterstellungen und Diffamierungen gegen seine Parteifreunde ein, statt dessen fabuliert er etwas über die "Veränderung des allgemeinen gesellschaftlichen Klimas", lobt die angebotenen Workshops und geißelt erwartungsgemäß die "anscheinend einfachen Lösungen der Rechten Szene". Zusätzlich schmeckt er seinen Vortrag noch mit etwas Kommunalwahlkampf-Klimbim ab - er kritisiert den von der rechten "Bürgerbewegung Pro Köln" initiierten Protest gegen den Bau einer weiteren Groß-Moschee in Köln - und erwähnt mit Stolz, "daß Menschen aus 181 Nationen bei uns leben".

Fragen drängen sich auf. Wie denkt Müller tatsächlich über die Ausstellung? War er verärgert über die Schautafeln zu Hohmann und Lengsfeld? Und dann auch noch Butterwegge, der nach ihm sprechen durfte - war das eine böse Überraschung für den Kölner Bürgermeister? Hat er sich vielleicht an das Kulturdezernat gewandt, um nachzufragen, weshalb diese linksextremistische Propagandaschau überhaupt in einer städtischen Einrichtung gastieren darf? Oder hat sich der Familienvater über den Einfluß auf die Schüler Gedanken gemacht, die bereits an ihren Schulen durch die Ausstellung geschleust wurden?

Solche Fragen lassen Müller, rheinische Frohnatur und Karnevalsaktivist, gegenüber der JUNGEN FREIHEIT schnell ernst und abweisend werden. Er habe doch nur Oberbürgermeister Fritz Schramma (ebenfalls CDU) dort vertreten. Natürlich habe der die Schautafeln gesehen, aber was hätte er - der Bürgermeister - denn schon dagegen ausrichten können? Er sei nur schnell hin und dann wieder ganz schnell weg. Protest? Aber damit würde er doch nur die Ausstellung aufwerten. Nein, er werde nichts unternehmen, um solche Veranstaltungen künftig zu verhindern.

Bürgermeister Müller, der laut Selbstdarstellung deshalb in der CDU Mitglied geworden ist, weil man "gerade hier etwas bewegen kann und am wenigsten von Ideologien eingegrenzt wird", stellt sich zumindest im Gespräch als kleines einflußloses Rädchen im riesigen Kölner Politgetriebe dar. Zumindest kann er sich so sicher sein, nicht letztendlich selbst auf einer Schautafel zu enden.

Foto: Eingangsschild: Gegen "einfache Losungen der rechten Szene"


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