© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 12/04 12. März 2004

Meldungen

Neoliberale Phantasmen in Sachen Adam Smith

WEINHEIM. Mit Hilfe weniger Bezüge zu seinem Hauptwerk über "The Wealth of Nations" (1776) reduzieren Neoliberale gern Adam Smiths Leistung auf zwei basale Ideen: daß der Mensch als Egoist geboren sei und daß diese Konzentration auf das Eigeninteresse das gesamtwirtschaftlich zentrale Antriebsmoment der Wohlstandsmehrung sei. Zuletzt, so Laurenz Volkmann (Berichte zur Wissenschaftsgeschichte, 4/03) hätte diese Vulgarisierung ihre peinlichste Ausformung in den Ideologien der Reagonomics und des Thatcherismus erfahren. Die Verfechter eines derart reduktionistischen Menschenbildes dogmatisierten und entstellten Smith in ähnlicher Weise wie Stalinisten Marx oder Nationalsozialisten Nietzsche. Schon zu Lebzeiten Smiths sei nämlich der unauflösbare Widerspruch zwischen dem moralphilosophischen Werk des schottischen Aufklärers und seiner ökonomischen Theorie zutage getreten. Im früheren Werk habe Smith eine menschliche Gemeinwohl-Orientierung verfochten, deren sozialer Wertekosmos nicht zum egoistischen "homo oeconomicus" passe, so daß sich eine einseitige neoliberale Vereinnahmung verbiete.

 

Polens Verhältnis zur jüdischen Minderheit

BERLIN. Wenn auch das Medieninteresse längst erloschen ist, beweisen Zeithistoriker doch bei der kurzzeitig so plakativ ins Rampenlicht gezerrten Problematik des "polnischen Antisemitismus" mehr Ausdauer. Der am Deutschen Historischen Institut in Warschau tätige Bogdan Musial nimmt noch einmal den "indigenen Judenhaß", der im Sommer 1941 an vielen Orten Osteuropas zum Ausbruch kam, zum Anlaß, um nach den Entstehungsvoraussetzungen zu fragen (Osteuropa, 12/03). Wie sich selbst aus Berichten jüdischer Zeitzeugen ergibt, wurden offenbar im östlichen, 1939 von der Roten Armee besetzten Polen und in den 1940 von Stalin vereinnahmten baltischen Staaten Teile der jüdischen Bevölkerung als Kollaborateure und Profiteure des bolschewistischen Systems wahrgenommen. So seien noch bis kurz vor dem Angriff der Wehrmacht Polen deportiert worden, für deren Verhaftung man allgemein jüdische Denunzianten verantwortlich machte. Wie tief die Verknüpfung von Judentum und Bolschewismus die Sichtweise auch der jüngeren polnischen Geschichtsschreibung bestimmt, weist im selben Heft Bernhard Chiari an Darstellungen über die "Heimatarmee" nach, in denen die jüdische Minderheit als "kompromittiert durch ihre Kollaboration mit der sowjetischen Besatzungsmacht" gelte.

 

Ungenügender Rückhalt für den Umweltschutz

HUSUM. Der aktuelle Spendenaufruf des Bundes für Umwelt und Naturschutz klingt optimistisch, da Projektflächen wie Goitzsche in Bitterfeld sich gut entwickelten, die Aktion gegen den Kiesabbau auf Rügen vielleicht doch erfolgreich abgeschlossen werde und der Einsatz für eine ökologische Agrarwende sich zu lohnen scheine. Eine solche Zwischenbilanz trübt sich jedoch erheblich ein, vergleicht man sie mit dem ausführlichen Bericht von Klaus Peters (Natur- und Landeskunde, 1/04), der sich mit den ökologischen Entwicklungsperspektiven nach der Anpassung des schleswig-holsteinischen Landesnaturgesetzes an EU- und Bundesrecht befaßt. Ungeachtet unbestreitbarer Erfolge sieht Peters den Umweltschutz nämlich in der Krise, da von seiten der Wirtschaft und Politik weiterhin nur "halbherzige" Unterstützung zu erwarten sei.

 

Erste Sätze

Die Straßen des Ortes, in dem mein Vater lebte, bilden ein Kreuz.

Hans Werner Richter: Blinder Alarm. Geschichten aus Bansin, Frankfurt am Main 1970


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